Kategorien
Künstler/innen Musik Videos

Tonträger des Monats Mai

AT PAVILLON: “Personal Development Deals”, LasVegas Records, VÖ 19. 5. 2023

Im Februar 2019 haben wir es bereits geahnt: “Würden die aus London kommen, wären sie schon richtig richtig groß. Aber auch so wird das eine Band, von der man noch unglaublich viel hören wird.” Nun haben wir den damals gefeierten ersten Longplayer von At Pavillon wirklich hunderte Male rauf und runter gehört, aber der viel beschworene “internationale Durchbruch” blieb doch noch eher aus. Was Bandleader Mwita Mataro vermutlich sogar ganz recht ist. Denn überzogene Erwartungshaltungen sind das Seine nicht. Der Stress, mit seiner Musik groß rauszukommen, hat ihn eine Zeitlang ziemlich niedergebügelt. Und eigentlich hat er ohnehin anderes im Sinne als eine oberflächliche Pop-Karriere. Er will unter anderem zeigen, dass Indie auch hierzulande viel diverser sein kann als es oft den Anschein hat.

Gemeinsam mit Kiddy B und Schlagzeuger Paul Ali sorgt Mwita Mataro dafür, dass At Pavillon nicht nur mitreißend klingt, sondern auch eine klar formulierte Botschaft hat. “Personal Development Deals” vereint daher Indie-Rock mit großflächig aufgetragenem Pop und Tanzbares mit politischer Message. Unser momentanes Lieblingslied “Finally free” ist eine Hymne, die man schon wieder hunderte Male hören kann. Und dann gibt es da einen Song für/über Lenny Kravitz, den ihr auch unbedingt hören müsst! Zum Beispiel live: Am 18. 5. gibt es im WERK die Release-Show dieser gleichermaßen eleganten wie euphorisierenden Platte. Und soviel sei schon verraten: Auch bei uns werdet ihr von dieser Band demnächst noch mehr hören.

***

BURNSWELL: “Populution”, VÖ 12. 5. 2023

Wir bleiben politisch. Wir bleiben in Wien. Aber wir wechseln die Gangart. Die vier von Burnswell bringen uns knallharten metallischen Rock in die gute Stube. Das Ansingen gegen Korruption und Klimawandel mit “Knüppel aus dem Sack”-Gitarren-Riffs erinnert stilistisch immer wieder an die 1990er – und das meinen wir uneingeschränkt positiv. Soll heißen: Die zwölf Songs werden dir an so manchem frischen Mai-Abend gewaltig einheizen. So etwa am 17. 5. im Chelsea in Wien bei der Release-Show. Yes!
***

MYNTH: “Four”, Assim Records, VÖ 31. 3. 2023

Die Zwillinge von Mynth, die sind ebenso wie At Pavillon in den vergangenen Jahren ganz klar unter unseren Ö-Lieblingsbands zu finden. Ihr betörender Pop lebt unter anderem von einer umwerfenden Stimme (Giovanna!) und einem untrüglichen Gefühl für den richtigen Ton zur richtigen Stimmung. Akustische Klänge sind diesmal stärker im Vordergrund, doch keine Bange: Das wird kein Folk. Neun Songs, kaum länger als eine halbe Stunde. Der Allerschönste vielleicht: “Cue of Time”, Weltklasseproduktion. Und es ist halt doch wahr: Zart schlägt hart im Elferschießen.

Foto: © Paul Vincenth Schütz

***

COMBAT BEACH: “Effortlessly Cool”, Seayou Records, VÖ 12. 5. 2023

Der frühere Punk-Bassist (oder so) Moritz Irion ist Combat Beach. Naja nicht ganz so allein, denn für Produktionen wie diese seine zweite Platte verstärkt sich Mr. Irion gerne mit Freund:innen und Gleichgesinnten. Das Ergebnis ist nicht soooo “effortlessly cool”, wirkt aber auch nie angestrengt. Sondern: Wir hören das weite Land zwischen allen Stühlen. Ein bisschen Pop. Ein bisschen Emo. Indie-Rock auch, klar. Mehr Kassette als mp3. Übrigens hasst er Instagram, singt er. Am 19. Mai spielt der Combat Beach live seine Platte vor. Und zwar im Kramladen am Wiener Gürtel. Hingehen!

Foto: © Constantin Jacobs

***

FRAGMENTS OF AN EMPIRE: “fast//asleep” Pumpkin Records, VÖ April 2023

Die Fragments sind die Hosts des sehr superen Where Swallows Fly Backwards Festivals in einer ziemlich ruralen Ecke der Südoststeiermark. So gesehen darf es nicht wundern, dass eine Nummer dieser Platte dort live aufgenommen wurde. Die anderen Songs sind auch nicht weit davon entfernt entstanden, denn die Offbeat Ranch in Wörth/Gnas ist die Farm, auf der das Festival seit 2013 über die Bühne geht.

Nun gut, die Fragments, das wissen alle Besucher:innen dieser Ranch sind bislang noch kaum einem musikalischen Experiment aus dem Weg gegangen. Das erfordert vom Publikum ein bisschen Durchhaltevermögen und Offenheit. Zahlt sich aber auch aus, denn so etwas hört man hier und heute kaum bis gar nicht (mehr). So wird es auch wenige Platten geben, die 2023 mit fünf Tracks auskommen, die wiederum aber und gerne doppelt so lange dauern wie der klassische Rocksong (also: 2 x 3 Minuten und mehr). Von Noise bis zu Anklängen an das Genre Rock-Oper mit Ausflügen in den Folk und den Jazz bietet “fast // asleep” alles – nur keine Musik, um schnell einzuschlafen.

***

DANIEL HELMER: “Heimsuchung (Smother): Original Motion Picture Soundtrack”, Swimming Pool Records / Ink Music | VÖ 7. 4.2023

Der Film “Heimsuchung”, Achmed Abdel-Salams Regiedebüt, lief im April in den heimischen Kinos an. Es ist ein waschechter Horrorfilm rund um eine trocken gelegte Alkoholikerin und ihre düstere Familiengeschichte.

Der Musiker Daniel Helmer sorgt für die bedrohlichen/beklemmenden/angsteinflößenden Sounds. Helmer hat sich in den vergangenen Jahren auf Film und andere Medien konzentriert und ist unter anderem auch für die Musik des Ösi-Sci-Fi-Films “Rubikon” verantwortlich. Nun ist ein heimischer Soundtrack abseits des Mainstream-Kinos, der auf Platte erscheint, ja wahrlich kein Routine-Ereignis. Dahinter steht Ink Music, ein Label, das ganz gezielt dieses Genre wieder fördern will. Daher wurde auch die eigene Filmmusik-Tochter “Swimming Pool Records” wieder belebt, die einst “Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott” oder Elisabeth Scharangs „Vielleicht in einem anderen Leben“ musikalisch begleitete. “Die Heimsuchung” ist ein düsteres Meisterwerk, das im Kopfkino für jede Menge Grusel sorgt. Ohne dabei aber in Hollywood-Bombast zu versinken. Eine Platte für Feinspitze!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert