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Tonträger des Monats Mai / AT

SLEEP SLEEP „The Lost Art of Questioning Everything”, 19Eightyone Records, VÖ: 15.5.

Sleep Sleep, das Projekt des Wieners Pieter Gabriel, begleitet uns nun schon seit fast sieben Jahren. Die neue Platte, deren Erscheinen man glücklicherweise nur um ein paar Tage verschoben hat, dreht sich mehr oder minder um eine vergangene Beziehung.

Zur Seite standen Gabriel dabei eine heimische Indie-All-Star-Truppe rund um Stefan Plattner-Deisenberger (früher: Naked Lunch). Des Weiteren: An den Drums  Markus Perner (Garish) sowie Sophie Lindinger (Leyya), Lukas Lauermann, Emily Stewart, Katarina Maria Trenk (früher Sex Jams), Isidora Krstić, Hanibal Scheutz (5/8erl in Ehr’n), Martin Mitterstieler (Nowhere Train) und David Schweighart (Schrecken, Voodoo Jürgens Band).

Gabriel versinkt erfreulicherweise weder allein noch in der Gruppe in Leid oder Selbstmitleid, sondern zeigt neue Energie und Kraft. Ob beim Tennis (das Sample gleich zu Beginn) oder bei unbeschwert wirkendem Pop vom Feinsten. Songs wie “1979” und “Los Angeles” zeigen da eine chillige Atmo, “Sonnet” ist eine Weltklasse-Nummer, getoppt wird aber alles vom Video zu “One for the Road”, das ihr unten schauen dürft.

Eigentlich war ein hübscher Gruppendreh geplant, doch dann kam der böse Covidl. Aber: Beim Herumspielen mit den üblichen Videokonferenz-Tools entdeckten Gabriel & Co. nicht nur die Record-Funktion, sondern auch jede Menge Effekte – und Tools aus der Vergangenheit.

Kommen wir auf den Punkt, liebe Leser und – innen: Wenn ihr diese Platte nicht kauft, macht ihr einen schweren Fehler!

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DAS TROJANISCHE PFERD: “Gunst”, SCHALLTER/monkey. VÖ: 8. MAI.2020

“Ich bin das System. Und ich werd untergehn”. Was mit diesem schrägen Reim beginnt, wird eine der originellsten Platten der letzten Zeit made in Austria. Autor und Musiker Hubert Weinheimer pfeift auf lässiges Indie-Gehabe und macht einfach Songs. Der Liedermacher trifft da auf den philosophischen Punk, der Chansonnier auf den Folk-Sänger. Die Songs von “Gunst” entwicklen dabei eine Eigendynamik, einen Drive, der in “Mephisto” einen ersten Höhepunkt erlebt. Die Produktion lief nicht immer reibungslos, das raunt uns der Pressetext zu, aber vielleicht hat die Platte deswegen so viel Substanz. Figuren aus der Klassik werden da neu gedeutet, dass es nur so eine Freude ist. Und so können sogar Sisyphus und Frankenstein ein Duett bilden.

Eine seltsame Platte, auf klassischem schwarzem Vinyl erhältlich. Prädikat: Für Feinspitze!

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JOHNNY BATARD: “What Do You Want Me To Say?”, Post Office Records, VÖ 17. 4. 2020

Der heißt ja gar nicht Johnny. Aber fast. Johann Zuschnegg aus Graz ist Johnny Batard. Man darf seine erste Solo-Platte in die Indie-Rock-Ecke einordnen. Heißt: Er kommt in der Regel mit drei Akkorden locker aus. Und auch textlich geht es bei der Platte  um die eine oder andere Repetition. Was die Songs angeht, pfeift Johnny kräftig auf den Zeitgeist. Die meisten Sachen klingen wie aus einem Probekeller, den Mitglieder von Velvet Underground, ein paar Surfer-Punks, gelangweilt drein schauende australische 70er Gitarristen und andere Heroes der Vergangenheit frequentieren.  Das ganze ist allerdings mit Ironie gewürzt, so dass das Hau-drauf-Feeling plötzlich wieder super in die Zeit passt. 8 Songs auf fettem Vinyl, Baby, was willst du eigentlich von mir hören? Fakten!

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FLOWERS IN CONCRETE / DIM PROSPECTS, Split-LP, Noise Appeal Records VÖ: 8. 5. 2020

Irgendwo im vom Alkohol und Tabakdunst reichlich angenagten Langzeitgedächtnis scheppert es da. „Flowers In Concrete“, da war doch was??? Das Hardcorepunk-Trio mit oststeirischen Wurzeln, das vor allem in den 1990ern für gehörigen Krach sorgte, ist wieder da.Und zwar in einer handlichen Kombi-Packung – eine Split-LP, wann hatten wir so was zuletzt in der Hand?

Es gab zuletzt (vor der fucking crisis) einen hübschen Auftritt in Weiz, Singles und die kultige „Aufrecht“-Platte wurde zum 20-jährigen Jubiläum auch neu aufgelegt. Jetzt dreschen Pepi, Tom und Flax wieder gehörig auf die 12.

Punk hatte sowieso schon lange nicht mehr so viel zu sagen, respektive zu schreien, wie jetzt. Und die 5 Nummern auf der Platte brettern wunderbarst mit 160 km/h durch das Wohnzimmer. Schlaglöcher inklusive, ein bissl Reggae-Streusel zum Punkrock gibt es auch.

Die übrigen fünf Nummern sind ebenfalls bretterharter Hardcorepunk und zwar aus Wien. Die „Dim Prospects“ sind sechs Herrschaften, in deren Bios legendäre Bands wie „Target Of Demand“, „Those Who Survived The Plague“, „Knallkopf“ oder „Brambilla“ zu finden sind. Wir lieben sie allein schon für folgenden Songtitel: “I Can Do A Better 600 Euro Haircut With My Asshole”. Klingen tut das ganze nach 1978er US-Punk. Rauh (noch mit H!), voller Hass auf das System. Fuck!

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DRAHTHAUS: ohne Titel, monkey. VÖ: 24. 4. 2020

Wie vielfältig die Affenbande aus Wien ist, zeigt dieses Album im Vergleich zum oben besprochenen trojanischen Pferd. Drahthaus, das ist ein Kollektiv aus Wien, das aus allerlei kreativen Menschen besteht.

Musikalischer Dreh- und Angelpunkt ist ein Quartett aus Ludwig Ascher, Valentin Martins, Simon Öggl und Hans Zoderer.

Geboten wird feinste elektronische Musik, wie sie wohl nicht nur uns an die allerbesten Zeiten von Pulsinger und Tunakan erinnert. Darüber hinaus wird offenbar an Performance- und sonstigen Konzepten gefeilt, private vs. öffentliche Räume und so. Das hier ist aber die simpel gestrickte Musikecke und nicht die  intellektuell aufgerüstete Theoriefraktion. Macht nichts, Drahthaus wirken ausgesprochen erfrischend. Treibende Rhythmen, wie wir sie in dieser Coolness schon lange nicht mehr gehört haben Ohne jetzt schon die Rieseninnovation darzustellen, die in den Presseunterlagen durchklingt. Darf man in diesem komplexen Umfeld sagen, was Sache ist? Ja?

“Heiße Scheibe!”

Und für alle Electro-Fans sicher neben Ian Chang (drüben bei den Internationalen) die Platte des Monats. Vor allem mit dem charmanten weißen Vinyl. Big Love!

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