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Bachmannbuch des Monats

Uta Degner: “Ingeborg Bachmann, Spiegelungen eines Lebens”, wbg Theiss 2023

Am 17. Oktober 1973, also vor 50 Jahren, starb die große österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann in Rom. Die Erinnerung an sie ist freilich ausgesprochen lebendig. Nicht nur wegen des Preises, der alljährlich in Klagenfurt verliehen wird. Sondern auch durch zahlreiche Veröffentlichungen rund um ihr Werk und ihr Leben. Stoff genug gibt es für alle.

So veröffentlichte Bachmanns Bruder Heinz kürzlich seine Erinnerungen, der Haubentaucher hat berichtet. Aus dem Familienarchiv stammen auch Aufnahmen aus der Kamera von Heinz, die Uta Degner für ihren wissenschaftlichen Bildband verwenden konnte. Ja, Sie lesen richtig: Wissenschaftlicher Bildband. Die “Spiegelungen” sind nämlich eine äußerst gelungene und zugleich rare Mischung. Einerseits fast so etwas wie ein kultiviertes Coffeetable-Book. Andererseits eine tief gehende kritische Analyse von Bildern und Images der Bachmann. Von Meinungen über die Autorin und von ihrer eigenen Haltung zu Leben, Schreiben, Genießen und Leiden, der Kinderlosigkeit und des Ruhms, der Freundschaft und der Enttäuschung.

Die Germanistin Uta Degner, die in Salzburg an der Uni lehrt, setzt sich unter anderem mit den medialen Inszenierungen auseinander, die mit dem und wohl auch zuweilen gegen den Willen von IB publiziert wurden. Allen voran das berühmte Spiegel-Cover aus dem August 1954, das ironischerweise ein spiegelverkehrtes Foto von Bachmann zeigt. Auch die männliche Dominanz in der Literatur, in der Verlagslandschaft und in  Medien schildert Degner eindrücklich und stets mit Verweis auf das Bildmaterial. So sitzt und steht Bachmann oft als einzige Frau (manchmal ist Ilse Aichinger dabei) in einer Menge von männlichen Kollegen. Degner spart dabei auch biographische Details nicht aus, wie die NS-Vergangenheit von Bachmanns Vater.

Von frühen Kinderfotos über die Inszenierung als glamouröse Diva bis hin zu den Fotos kurz vor ihrem Tod reicht der Reigen. Die Zeit in Rom spielt bildlich wie textlich eine große Rolle. Die Freundschaften und Liebschaften der Bachmann werden ebenso akribisch beleuchtet wie ihre Veröffentlichungen, ihre Lesungen und anderen Auftritte in der Öffentlichkeit.

Ja, das Buch hat seinen Preis. Aber vor allem hat es seinen Wert. Es ist ein Geschenk für alle, die Bachmann kennen und verehren und für alle, die sie noch genauer kennenlernen wollen. Es entführt in die Welt einer außergewöhnlichen Frau. Und bietet so eine erhellende Lektüre und zugleich beeindruckende Augenblicke.

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Foto: Buch im Spiegel. Originalfoto von Heinz Bachmann.
Inszenierung von Haubentaucher.at

 

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