Kategorien
Dramen, die das Leben schrieb Künstler/innen

Haubentauchers Theaterwochen: Der Rasen lebt

Theater im Bahnhof: “Zu Ende gehen. Ein Klima-Match”

Auf dem Trainingsplatz des Fußballverbands in der Herrgottwiesgasse läuft eine Frau auf und ab. Sie hat sich das große und wenig naturbelassene Stück Rasen (6.000 Quadratmeter!) gekauft und dafür ihre Wohnung, ihr Auto, ihren Job aufgegeben. Was da wohl die Kinder dazu sagen? Wir werden es an diesem Abend nicht erfahren.

Die Frau, um die 50, hat eine Krise. Die Klima-Krise. Sie will mit dem Kauf des früheren Kickplatzes die Versiegelung stoppen. Sie will einen Teich anlegen, Blumen und Getreide anpflanzen. Und sie will Hühner groß ziehen (herrlich, die Szene mit den Küken).

Die namenlose Frau erklärt nicht nur ihre Pläne, sie rückt Dimensionen zurecht. Wie viel Weizen könnte man auf diesem (Fußball-)Feld erzeugen? Wie viel Boden wird vernichtet? Wie haben sich die klimatischen Bedingungen in den vergangenen Jahrzehnten verändert? Statt nur zu reden, will sie etwas tun. Sie steckt den Platz ab, sie hält einen Mann vom Rasenmähen ab und sie tötet gar ein Huhn (nein, eh nicht in echt, liebe Leute von PETA).

Regie bei diesem Klima-Match führte Gabriela Hiti gemeinsam mit den Hierzegger-Schwestern Pia und Johanna. Hiti als Darstellerin beweist, dass sie mutterseelenallein fast 90 Minuten auf diesem großen Platz agieren kann und dabei stets für neue Einsichten sorgt. Unterstützt wird sie von Musik und allerlei seltsamen Geräuschen (Benno Hiti, Fritz Hierzegger). Das Publikum sitzt respektive steht auf der – mäßig komfortablen – Tribüne des Fußballplatzes. Über Kopfhörer kann man auch akustisch mit verfolgen, was die Frau auf dem Feld antreibt. Sie selbst wundert sich immer wieder: Was machen die Leute da?

Die Szenen sind zuweilen komisch, dann wieder tiefsinnig. Die drei Regisseurinnen gehen auch subtil auf den Ort des Geschehens ein, etwa wenn Hiti aus der Flasche trinkt, diese dann einfach auf den Boden fallen lässt und die Flüssigkeit anschließend wie ein superlässiger Profi auf den Rasen spuckt.

Am Ende geht das Flutlicht aus und viele Fragen bleiben offen. Eine allerdings kann beantwortet werden: Lohnt sich dieser ungewöhnliche Theaterbesuch? Ja!

***
Foto: Johannes Gellner

“Zu Ende gehen” noch zu sehen am: 19.06., 25.06., 26.06., 29.06., 02.07., 03.07., 08.07., 09.07., 10.07., jeweils 20:00
Verbandsplatz des Steirischen Fußballverbands,
Herrgottwiesgasse 134, 8020 Graz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert