“Bist du GAK oder Sturm”?
Derbytheater am Schauspielhaus Graz.
Regie: Ed. Hauswirth. Noch zu sehen am 7., 9. und 10. Oktober 2020
Vorsicht: Das wird jetzt subjektiv*. Aber fangen wir einfach mal mit der positiven Nachricht an: Den meisten rundherum im Publikum an diesem 6. Oktober scheint es gefallen zu haben. Blöderweise ist eine Theaterkritik keine Meinungsumfrage. Und auch wenn manches, etwa das Bühnenbild, wirklich gelungen war, so ist der Gesamteindruck beim Kritiker doch SEHR ambivalent. Um nicht zu sagen: Der Abend hinterließ ein Gefühl der Leere und der Nichtigkeit, vergleichbar in etwa mit der Cupniederlage gegen einen Regionalligisten.
Es geht um ein Familientreffen, Vatis Geburtstag, und fast alle am Tisch sind Sturm. Soweit so gut. Das gibt aber nicht wirklich viel her, man versteht recht schnell, dass innerfamiliäre Konflikte rund um die Vereinszugehörigkeit herrschen. Kennt man alles zur Genüge, wenn auch als Grazer eher nicht in so urig-bellendem Idiom. In den folgenden zwei Stunden dominiert diese Szenerie allerdings dann dermaßen, dass die Handlung kaum zum Wesentlichen kommt. Das wäre? Die beiden Vereine in Graz, ihre legendäre Rivalität. Man denke nur an die Derbywetten aus früheren Tagen, die die ganze Stadt erheiterten. Im Stück werden sie mit keiner Silbe erwähnt. Wie so vieles…
Deswegen ist dieser Theaterabend übrigens ideal für alle, die eher nichts mit Fußball anfangen können.
Das meinen wir gar nicht böse. Das Kulturpublikum kann sich auf die Leistungen der Amateurschauspieler*innen konzentrieren, auf die skurrilen Musikeinlagen, auf die technischen Finessen der Schauspiel-Bühne, auf die Ausstattung. Klar, die diversen Videoeinspielungen sind fast alle super, die wunderbare Tamara Semzov spielt alle an die Wand, aber leider reicht das nicht.
Das, was uns versprochen wurde, ein Stück über den Sport, seine Traditionen, die großen Emotionen wie Liebe, Trauer und Hass, all das kommt viel zu kurz – trotz beachtlicher Länge des Abends. Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten. Dieses Format wäre hier auch angemessen gewesen. Plus:
In die Tiefe spielen statt in die Breite.
Sagen wir es so: Wenn dieses Stück ein Fußballmatch gewesen wäre, so hätte man endlose Ballstaffetten an der Strafraumgrenze gesehen. Vukovic-Grimm-Vukovic-Grimm nannten manche Fans das in der Augenthaler-Ära beim GAK. Dann fliegt in der Verzweiflung der Ball hoch nach vorne, keiner kann damit etwas anfangen und postwendend landet er wieder retour bei der Verteidigung. Beispiele gefällig: Die leidige Stadion-Debatte etwa, die bestenfalls angerissen wird. Die Geschichte der Grazer Kurven, kaum thematisiert trotz umfangreicher Recherchen. Eh lieb, aber auch irgendwie seltsam, der Gastauftritt von Klaus Salmutter. Der frühere Sturm-Spieler als introvertierter Maler. Okay…
Ach ja, am Ende gab es ein kleines Match, das von der Inszenierung her überzeugte. Aber ansonsten genauso in der Luft hing wie die sonstigen 120 Minuten.
Foto: Karelly Lamprecht / Schauspielhaus Graz 2020
* Disclaimer: Der Haubentaucher war ein klein wenig in die Vorarbeiten involviert. Der Chefredakteur erschien während des Stücks auch mehrmals auf der Video-Leinwand. Besser macht es das aber auch nicht.
2 Antworten auf „Bist du Theater oder Fußball?“
Wir haben mit unserem kUlturverein K3 mal versucht, das thema fußball in ein kleines literaturfestival zu integrieren verbunden mit der hoffnung, dass da auch ein paar fussballer kommen.fehlanzeige. vielleicht sind das so erfahrungen, die dazu führen, dass dann halt fussball im theater auch nicht wirklich vorkommt weil man vermuten kann, dass das die theaterbesucher abschrecken würde?
dann sollte man vielleicht kein Fußballstück ankündigen 😉