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Cirque Noël 22/23: Out of Chaos

Gravity & Other Myths: “Out of Chaos”, zu sehen im Grazer Orpheum bis 8. 1. 2023

Als nach der Vorstellung der biegsamste und athletischste Mensch, den ich je gesehen habe, im Foyer des Orpheums mit den Gästen plaudert, komme ich nicht umhin, es ihm zu sagen: “You are a genius, man!”

Was Lachlan Binns, Emily Gare, die charmante und zugleich bärinnenstarke Lisa Goldsworthy, Dylan Phillips, Lewis Rankin, Martin Schreiber, Shani Stephens und Joshua Strachan an diesem Premierenabend auf die Bühne gezaubert haben, ist nicht nur atemberaubend und komisch zugleich, es ist: Weltklasse.

Wir sind doch allesamt hier schon ein verwöhntes Publikum, aber “Out of Chaos” stellt eine Steigerung dar einer ohnehin schon genialen Truppe, die man in Graz übrigens schon im Sommer wiedersehen wird.

Aber beginnen wir am Anfang. Bei einem Stimmengewirr unter den Artistinnen und Artisten. Jede und jeder hat etwas zu erzählen. Da man auf diese Weise nichts versteht, wird dann doch die Körpersprache eingesetzt. Es geht im Stück, so sagt man, um Geburt und Tod und Physik. Wir würden sagen, es geht um das Miteinander, um das Aufbrechen von Geschlechterrollen, die selbst im Cirque Nouveau oft noch sehr traditionell scheinen. Und es geht vor allem um die gemeinsame Überwindung der Schwerkraft. Die Gruppe aus Australien hat ihren Namen schließlich nicht aus Jux und Tollerei gewählt.

Es geht um das Licht und die Dunkelheit. Zuweilen sieht man fast gar nichts, dann wieder ist der gesamte Raum erhellt. Abgesehen von ein paar Lampen, Tischen und Reifen kommt “Gravity” so gut wie ohne Equipment aus. Es sind die Körper, die für die Show sorgen, plus die Stimmen, die Musik, die eine oder andere schräge Gesangseinlage.

Fast aus dem Stand springt da einer auf eine Menschenpyramide von zwei Kolleg*innen. In einem Handstand-Wettkampf (auf einem Arm natürlich) wird Kraft bewiesen. Mit den Reifen zeigen zwei Akteurinnen bisher nie gesehene Dynamik. Aus dem Chaos, dem Durcheinander, entsteht eine minutiöse Choreographie, die am Ende in Standing Ovations des Publikums mündet. Ein großer Abend.

Ein paar Restkarten sollte es noch geben, besonders für die Zusatzvorstellung am 7. 1. Zugleich bietet man bei La Strada einen “Early Bird Bonus” für die Vorstellung von Gravity im Juli in der Oper.

Und dann sei uns noch eine Schlussbemerkung zum Festival an sich gestattet. Wir waren vor vielen Jahren skeptisch, ob das aufgehen würde: Ein Zirkusfestival in den Weihnachtsferien. Und dann stockte man sogar noch auf: Erst eine Truppe, dann zwei und dann sogar drei. Irrsinn, haben wir gedacht, das geht sich nie aus. Hier und heute kann man konstatieren: Es geht sich sogar sehr gut aus. Das Publikum bekommt in knapp zwei Wochen drei sehr unterschiedliche Produktionen zu sehen. Graz ist diesbezüglich wirklich verwöhnt.

Nach einigen Durchgängen hat das Team rund um Werner Schrempf und Diana Brus außerdem mit dem Orpheum einen idealen Rahmen gefunden. Einziges Nadelöhr ist die Garderobe, aber vielleicht findet sich da in Hinkunft auch noch eine Lösung.

Danke an DIE ORGANISATION, die das Spektakel Jahr für Jahr in Szene setzt. Auch das darf man hier mal deutlich sagen.

Gravity & Other Myths: “Out of Chaos”
MI 4. 1., DO, FR und SA jeweils 19.00 Uhr
FR 6. 1., SA und SO 8. 1. jeweils auch um 15.00

Karten & Infos unter www.cirque-noel.at
Foto: © Cirque Noël Graz / Nikola Milatovic

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