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Tonträger des Monats Mai / Ö

ANJA OM: “Egocentric Vision” VÖ 2. 5.

Eigentlich war schon alles klar in diesem mit Musik überfüllten Mai. Wer die meiste Aufmerksamkeit bekommt, wer die beste Platte abgeliefert hat. Und dann? Kam ganz am Ende Anja Om. Und es war klar: Sie muss auf die Startseite und in der Liste an die erste Stelle. Weil? Dieses Album ist ein Wahnsinn. Ihr müsst auf der Stelle alles stehen und liegen lassen und euch die Ego-Visionen kaufen, wir meinen das sehr ernst. Die Frau hat eine Stimme, dass dir Hören und Sehen – nein, nicht vergeht – plötzlich ganz anders erscheint als gerade noch. Sie haucht und singt, sie wird begleitet von allerlei merkwürdigen Tönen und einem hinreißenden Klavier. Das ist himmlisch, drunter tun wir es nicht.

Und das Arge: Das hat ein Format, das wir an die größten Frauenstimmen der Gegenwart denken, ob England oder USA spielt da plötzlich keine Rolle mehr. Anja Obermayer, meine Damen und Herren, werden Sie sich merken müssen. Und vormerken, denn sie kommt erfreulicherweise in die Schutzengelkirche in Graz (12. 5.), nach Mariahof in die Pfarrkirchen (13. 5.) und nach Wien in den Lorelysaal am 14. 5. Und zwar gemeinsam mit Veronika Sterrer, Ricarda Oberneder, Mira Perusich und Elina Viluma-Helling als Anja Om Plus, unterstützt vom Grazer Chor „Camerata Styria“ unter der Leitung von Sebastian Meixner. Wie schön!

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BINDER & KRIEGLSTEIN: “Fast nix passiert”, Cook Records VÖ 3. 6. 2022

Der Grazer Musiker Rainer Binder-Krieglstein, der sich gerne alle paar Jahre neu erfindet, hat während der diversen Lockdowns und in den Wochen danach ein paar echte Bretter produziert. “Fast nix passiert”? Oh doch! Die Drums beschleunigen den Puls auf 180. Allerlei elektronisches Instrumentarium jault und fiept. Die Vocals passen nicht nur zu den hektischen Zeiten von heute, sondern auch zur Philosophie des Labels. Ein bisschen räudig darf es da schon zugehen, nicht nur bei den schmutzigen Radieschen. Auf die Spitze getrieben wird der Irrsinn im Song “Jugend”, der 2022 startet und mit Volldampf zurück in die DAF-Ära braust. Ein Konzeptalbum? Ja, auch. Aber vor allem lauter Fraktale, wie Clemens Setz sagen würde. Teile, die so aussehen wie ein großes Ganzes. So steht jeder Track für sich. Und in Summe ergibt das eine wilde Mischung, von der manches gepusht werden wird (Hallo, FM4), anderes in düsteren Nischen sein Zuhause finden wird. Wer beim Tanzen gern lacht, ist hier richtig. Wer Menschen manchmal nicht ausstehen kann? Detto. Und den obligaten  Radl-Song gibt es natürlich auch.

PS: Am 4. Juni gibt’s im Lesliehof in Graz ein Jubiläumsfest samt Release-Party von und mit Binder & Krieglstein!

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LOVE GOD CHAOS: “Wir leuchten im Dunkeln”, digital/CD/Vinyl/ Label Engine VÖ 29. 4. 

Die Herren John Krempl (aka Marcus Heider), Markus Kertz, Michael Mautner und Felix Kappler legen auf ihrem vierten gemeinsamen Album gleich ordentlich los. Oder sollte man sagen: Außerordentlich? Weil: Das CZECH FILM ORCHESTRA hört man auch nicht jeden Tag auf einer heimischen Produktion. Die Band mit den markanten deutschsprachigen Texten und den genauso markanten Videos hat eine kraftvolle Platte eingespielt, die klassischen Rock mit Pop-Elementen und cineastischen Sounds mischt. Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr – und wenn man da zwischendurch nahe an das Genre der Rock-Oper gerät, ist es Mr. Krempl auch nur recht. Fast schon subtil und ein echtes Highlight: Der Untergehmann. Und überhaupt: Die beste Produktion, die wir von diesem Quartett bisher in Händen hielten. Pflicht für bestehende Fans. Und eine gute Möglichkeit für alle anderen, eine der konsequentesten Bands dieses Landes endlich kennenzulernen.

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THE NEW MOURNING: “When the light fades”, Noise Appeal Records VÖ 13. 5. 2022

Thomas Pronai hat auch schon das eine oder andere erlebt und beispielsweise mit der “Beautiful Kantine Band” Gigs gespielt, von denen sich Feinschmecker*innen heute noch vorschwärmen. Mit Georg Allacher an der Gitarre, Gerald Allacher am prachtvollen Schlagzeug und Michi Rieder ebenfalls an der Gitarre baut er sich mit “The New Mourning” etwas Neues auf, das schon mit dem ersten Longplayer klarmacht, dass die Ansprüche und Möglichkeiten überregional angelegt sind. Mindestens. Denn das, was die Viererband mit Unterstützung von Andreas Spechtl (Ja, Panik) da auf Platte gepresst hat, ist düster und rockig, treibend und getrieben. Bei einer Blindverkostung hätten wir auf eine Post-Folk-US-Band getippt, aber nicht auf eine Produktion aus der Cselley Mühle in Oslip. Prädikat: Ausgesprochen spannend!

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MUSIKCAFÉ PRENNER: “Hallo Zukunft” VÖ 1. 5. 2022

Die Prenners sind irgendwie Legenden in der Steiermark. Deutschsprachiger Pop, der nicht vergessen hat, wo er herkommt, nämlich aus der durchaus übersichtlichen Punkrock-Szene von Wildon. In besseren Momenten klingt das Resultat daher auch nach hymnischem Rock, wie ihn die Toten Hosen machen.  “Alles oder Nichts”, das ist nicht nur ein Song auf der Platte, sondern könnte auch das Motto der Band sein, die in den vergangenen Jahren auf- und wieder abtauchte, deren Songs immer wieder Airplay hatten und zwar von Antenne bis Soundportal. “Auch wenn ihr uns nicht seht, sind wir immer noch hier…”, trifft es genau. Jetzt heißt es aber mal: Alles und nicht Nichts. Und daher spielen die Prenners eine Reihe von “Dachkonzerten” im Freien, bei Fans und Interessierten. “Raus aus dem Versteck”.

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TÖRLESS: “Transis”, Strizzico 2022

Ein bisschen geschreckt haben wir uns ja schon bei dem Bandnamen. Und dann bei Songtiteln wie “Dantes Tanz”. Aber: Das ist eine ausgesprochen schöne, poetisch-dunkle Platte. Und dann haben wir uns wieder erinnert: Törless war ja schon mal hier Thema. Wir waren damals angetan, etliche andere Medien übrigens auch. Und keine einzige Rezension ist ohne einen Hinweis auf Element of Crime ausgekommen…. Die Texte von Bandleader Daniel Weissenbach sind halt wirklich hintergründig und zugleich unaufdringlich. Die Instrumentierung ist bunt und reicht von Gambe (Irene Brantner) bis zu Posaune (Micha Gabriel Plößnig) und Kinderchor (Lina und Marie Steiner). Das ganze kommt so dezent daher und ist doch so schön. Hört mal:

 

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LUEK: “Lazy Sunday Swim” (Mixtape in Albumlänge), Futuresfuture VÖ 22.4.2022

Lukas Maletzky, bekannt von Naked Cameo, hat in den vergangenen Jahren unter anderem mit Marco Kleebauer, Joe Traxler oder Edwin zusammengespielt. Sie und etliche andere haben auch zu diesem Mixtape Beiträge geliefert – und wenn dieses Tape auch ganz am Ende unserer Monatsliste an die Reihe kommt: Es gehört sehr weit nach oben. LUEK schafft es, einen verschachtelten Sound zu kreieren, der einen von der ersten Sekunde an mitreißt. So ein geiles Projekt! Irgendwo Indie, irgendwo tanzbar, nicht wirklich euphorisch, in jedem Moment cool. Auch das solltet ihr unbedingt mal probehören.

 

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