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Dramen, die das Leben schrieb Künstler/innen

Haubentauchers Theaterwochen: Kärcher in der Blutsuppe

MACBETH nach William Shakespeare von Heiner Müller
Schauspielhaus Graz

Es beginnt mit einem blutüberströmten Soldaten, der auf die Bühne kriecht. Und es endet mit viel Chaos und Blut. Dazwischen: Krieg, Gemetzel, Verrat, ein abgeschnittenes männliches Geschlechtsorgan etc. Ein Splatter-Movie ist dagegen Kinderkram.

Wer will, kann da jetzt Parallelen zur Gegenwart suchen (Ukraine, amerikanische Waffenlobby), man muss aber nicht zwingend. Das Stück ist ein Klassiker und die Handlung braucht man dem kultivierten Haubentaucher-Publikum wohl nicht im Detail zu beschreiben. Im Mittelpunkt stehen – wie könnte es anders sein – Macbeth (Florian Köhler) und seine charmante, allerdings nicht gerade friedliebende Gattin (Sarah Sophie Meyer). Nach gewonnener Schlacht, einer düsteren Prophezeiung für Macbeth und jeder Menge Blutvergießen macht König Duncan (Alexej Lochmann) Station bei den Macbethens und das hätte er lieber bleiben lassen. Die Nacht wird er nicht überleben und das ist nicht der letzte Meuchelmord. Zum Finale wird ein großer Apparat der Qualitätsmarke Kärcher auf die Bühne transportiert, der all dem Blut auch nichts mehr anhaben kann.

Dass sich der ostdeutsche Großmeister des Wortes, Heiner Müller, einst dieses Textes annahm (um nicht zu sagen: bemächtigte), macht die Sache so besonders. Denn Müller schätzte an Shakespeare vor allem den “blutsaufenden Humor”. Die Balance zwischen Mord & Totschlag und den einen oder anderen komischen Momenten zu halten, ist das eine. Dem Königsdrama nach all den Jahren neue Aspekte abzugewinnen, ist das andere.

Und hier kommt die gute Nachricht: Die Inszenierung am Grazer Schauspielhaus ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Wucht. Bevor wir auf die Akteur:innen eingehen, deshalb zuerst ein Lob an das Team hinter den Kulissen. Regisseur Stephan Rottkamp und Dramaturg Jan Stephan Schmieding schaffen es, das Stück kompakt, spannend und unterhaltsam zu vermitteln. Die stets in Bewegung befindliche und atemberaubende Bühne von Robert Schweer, die Kostüme von Esther Geremus, das Sounddesign von Nikolas Neecke und ganz besonders das Lichtdesign von Thomas Bernhardt hätten sich Standing Ovations verdient. Bravo!

Es ist natürlich untersagt und uncool zugleich, wenn die Dame in der 6. Reihe Parkett bei der Premiere ihr Handy zückt und Fotos macht. Aber ein bisschen verständlich ist es auch. Pro-Tipp: Bilder findet man auf der Website des Schauspielhauses – und sie sind sicher besser als die mit dem eigenen Smartphone fabrizierten.

Vielleicht fragte sich das fachkundige Grazer Premierenpublikum vorab das eine: Wird es Florian Köhler bei all seinem komischen Talent gelingen, zugleich Held und Zweifler, Täter und Opfer, Mörder und Entertainer darzustellen? Zweite gute Nachricht: Es gibt in dieser Stadt keinen besseren für eine solche Aufgabe. Köhler leidet und singt, schreit und vor allem: schleppt blutverschmiert den viel zu schweren Königsmantel durch die Gegend. Der Schlaf wurde ihm geraubt, das schlechte Gewissen drückt. Und er weiß: Sein Ende ist ob seiner Taten nah. Ihm zur Seite Sarah Sophie Meyer, die ihre Lady Macbeth zwischen Verführung und Wahnsinn anlegt und dem Kollegen Köhler dabei um nichts nachsteht. Sehr speziell auch die Performance von Nanette Waidmann und Frieder Langenberger als Auftragskiller:innen. Und Oliver Chomik als treuen Banquo darf man an dieser Stelle auch ruhig erwähnen. 

Wer immer nach der Aufführung das alles wieder sauber macht, hat auch einen Applaus verdient. Das Blutbad hat sich jedenfalls ausgezahlt, diesen Macbeth sollten alle sehen, die sich auch nur einen Hauch für das gute alte und doch für immer junge Theater interessieren.

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weitere Vorstellungen am 14., 15., 17., 18., 22., 23. und 29. Juni sowie am 1. Juli, jeweils 19:30 Uhr, 31. Mai und 30. Juni Schulvorstellung jeweils um 10:30 Uhr, HAUS EINS

Foto © Lex Karelly

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