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Dramen, die das Leben schrieb Künstler/innen Romane

Haubentauchers Theaterwochen / Teil 1: Im schaurigen Fohorst

Forst der Finsternis. Ein Stück vom Wald.” Schauspielhaus Graz

Sehr frei nach Anton Tschechows “Der Waldschrat” geben Jan Koslowski und Nele Stuhler (Regie & Text) ihrer Liebe zur Natur und zu familiären Turbulenzen jede Menge Raum. Auf einer Waldlichtung treffen “das Kind” Herzeleid (in zweifacher Gestalt!), dessen Vater Johann Hölzel, Hänsel und Gretel, die schräge Stieftante und die Hexe aufeinander. Dabei bleibt kaum ein Auge trocken und definitiv kein einzig möglicher Wortwitz ungenutzt. Im Wald (ka)lauert die Hex, quasi.

Die Sprachspielereien, die Lust am Herumtoben und Schreien, auch das Über-den-Haufen-Werfen von Gender-Stereotypen ist dem Team deutlich wichtiger als die Auseinandersetzung mit dem Originalstoff oder mit dem nach wie vor aktuellen Thema Umweltzerstörung. Das Stück ist daher nicht vordergründig politisch, sondern spielerisch und scheinbar heiter, nicht ohne Szenen jedoch, die zum Nach- und Weiterdenken einladen. Was von Tschechow blieb: Die Geschichte vom Waldschrat und vor allem die amourös-familiären Verwicklungen. So flirtet die Tante mit der Gretel, der feminine Hänsel hat ein Verhältnis mit der Hexe. Da muss es natürlich auch ein Märchen geben vom finstren Wald. Das alles unterstützt von Video-Projektionen, wo unter anderem Material von Greenpeace zu sehen ist. Da wird es dann also doch ein wenig politisch.

Die schauspielerischen Leistungen lassen das Premieren-Publikum jubeln und das zurecht. Seien es Artur Becksteiner und Felicia Sobotka als doppeltes Herzeleid, seien es Katrija Lehmann als hektisch-laszive und trinkfeste Tante, sei es das queere Geschwisterpaar “Hens Elle” (Lisa Birke Balzer) und “Gret Elle” (Florian Köhler), sei es die Schöckelhexe Roxy (Raphael Muff in einer Paraderolle) oder sei es der stets aufgeregte Kindsvater Johann Hölzel (Frieder Langenberger). Genial das Bühnenbild von Lukas Kesler mit einem großen künstlichen Baum und einem Hochsitzklo. Hinreißend und raffiniert die Kostüme von Marilena Büld.

Was erwartet das Publikum nun? Etwas mehr als 1 1/2 Stunden kurzweiliges Durcheinander auf der Bühne. Eine temporeiche seltsame kleine Theaterwelt, die uns ablenkt von dem momentanen Wahnsinn da draußen. Und eine sehr unmittelbare Begegnung mit einer jungen Generation von Schauspieler:innen, die uns hoffentlich in Graz noch viel Freude machen werden. Heißt? Klare Empfehlung für einen Abend im Fohorst…

Vom 15. März bis 13. April 2022 im HAUS ZWEI.
Termine & Karten hier.
Foto: Schauspielhaus Graz / Lex Karelly

Hinweis: Bitte verfolgt allfällige Terminabsagen vor dem Weg ins Theater. Der Covidl lässt immer wieder Vorstellungen ausfallen….

 

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