„Feste“
Vor bald dreißig Jahren gegründet, verzaubert die Familie Flöz jedes Mal aufs Neue. Schon 2010 finden sich die ersten Beiträge in unserem Archiv. Seit damals ist viel passiert, das Grundkonzept der Flözens ist dasselbe geblieben: Körpertheater.
„Feste“ ist ein Stück ohne Sprache, ja sogar ohne die sonst im Schauspiel so wichtige Mimik. Die Masken, die Familie Flöz trägt, sind vielsagend und bleiben doch unbeweglich. Was zu uns spricht, sind die Körper der Darsteller, die in verschiedenste Rollen und Kostüme schlüpfen.
„Feste“ ist vordergründig ein Stück über eine Hochzeitsfeier, doch bald entgleitet das Geschehen dem Plan. Die Braut scheint ziemlich unglücklich, der Bräutigam flippt mit seinen Freunden aus, die Belegschaft schwankt zwischen Chaos und Mitgefühl. Die Feierlichkeiten geraten zudem zu einer Auseinandersetzung mit Themen wie Flucht und Obdachlosigkeit. Die Geschlechterrollen geraten ins Wanken, das Fest wird zur Festung. Der Hausdiener als Torwächter spielt lässig mit seinem Schlüssel. Er entscheidet, wer rein darf und wer draußen bleiben muss. Und überall türmen sich die schwarzen Müllsäcke.
Klingt nach tiefgründiger Thematik. Ist es auch, freilich bis zum Schluss mit heiterem Unterton. Mit vielen kleinen Gesten wird Liebe, Gehorsam, aber auch Missfallen gegenüber der Obrigkeit ausgedrückt. Kleine Hoppalas tun das ihre. Spaßig etwa die Szene als einer der Akteure in die Hundesch… tappt.
Einmal Mäuschen sein und sehen, wie es hinter den Kulissen zugeht, das wäre sicher spannend. In atemberaubender Geschwindigkeit werden die Kostüme, Masken und damit auch Rollen gewechselt. Das und die ungemein beeindruckende mal minimalistische, mal raumgreifende und tänzerisch anspruchsvolle Körpersprache sind etwas, was man ein Meisterwerk nennen kann.
„Feste“ ist ein Weihnachtsstück der eindrücklichsten Art, das auch die Frage stellt, wie wir feiern wollen und mit wem. Großer Applaus am Ende, wohlverdient.
Selbiger gilt im Übrigen auch dem Team des Cirque Noël, das sich trotz aller Widrigkeiten mit zwei Produktionen im Orpheum zurückmeldet. Hinweis an das p. t. Publikum: Kommen Sie frühzeitig. Mit 2G-Check, Garderobe etc. werden Sie ein paar Minütchen länger zu Ihrem Platz brauchen…
„Feste“. Mit Andres Angulo, Johannes Stubenvoll und Thomas van Ouwerkerk. Regie: Michael Vogel und Björn Leese. Masken: Hajo Schüler
zu sehen im ORPHEUM Graz bis 29. 12. 2021 um 19 Uhr
(am 26. 12. Nachmittagsvorstellung um 15.00)
Foto: Cirque Noël 2021 / Martin Hauer