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Musik Romane

Punkrockbuch des Monats 1

Thomas Mulitzer: “Pop ist tot”, Kremayr & Scheriau 2021

„Punk ist der Radierer, der in diese Skizze grätscht, der dem Lebenslauf einen Strich durch die Rechnung macht. Punk löscht aus, zerlegt, setzt den Steg in Brand und kappt die letzten Taue. Klaut aus Liebe, randaliert.“
So schreibt Schriftsteller und Musiker Thomas Mulitzer in seinem nostalgischen Roadtrip „Pop ist tot“ und lässt durchblicken, wohin diese musikalisch-literarische Reise führen wird.

Vielleicht kennt man Thomas Mulitzer als Singer und Songwriter der österreichischen Mundart-Punkband „Glue Crew“ oder von seinem Debütroman „Tau“ (2017). Im Gegensatz zu seinen musikalischen Veröffentlichungen vermeidet Mulitzer (bis auf ein paar „Oida!“) hier Mundartformulierungen. Dadurch gelingt ihm ein Musikroman voller Bier, Punk und Tränen.

„Pop ist tot“ ist keine Autobiografie oder langatmige Enzyklopädie über Musikepochen. Es ist vielmehr eine Zeitreise zurück in die 1990er-Jahre, in die glorreiche Epoche der heimischen Punkbands. Und damit noch nicht genug, formieren sich die damaligen Provinzrocker rund um Franz-Xaver (FX), Branco, Johann (Hänsi) und Günther noch einmal für eine Reunion-Tour. Zwischen beruflichem Alltag heute und wehmütigen Rückblicken in die glorreichen Jugendjahre packen sie ihre Instrumente wieder in den Tourbus und machen sich als Support der erfolgreichen Band „Superschnaps“ auf die Reise nach Graz, Linz, Wien usw.

Die goldene Regel vieler reisender MusikerInnen „What happens on tour – stays on tour!“ wird zum Glück vom Autor über Bord geworfen. So nimmt er die LeserInnen direkt mit auf die Konzertreise – Pleiten, Pech und Schrammen inklusive.

In der Folge führt uns Thomas Mulitzer in die Facetten der Subkulturen Punk, Ska und Emo ein. Verweise auf Veröffentlichungen, Bands und Textpassagen sind im Roman zu Hauf versammelt. Wer Jens Rachut (Oma Hans, Dackelblut, Maulgruppe usw.) zitiert, ist ein Kenner und meint es grundsätzlich gut mit seiner Leserschaft. Vielleicht sogar etwas zu gut…

Wäre dieses Buch eine Punkrockband, würden wir sie dann nämlich doch mit Green Day oder The Offspring vergleichen: etwas brav, geplant und kommerziell. Da fehlt an manchen Stellen einfach der Dreck, der Rotz und der provokative Aufschrei von Punk, um hier wieder zurück zu Jens Rachut zu kommen.

Die Geschichte fühlt sich an wie ein Circle Pit ohne Körperkontakt: unterhaltsam und eh irgendwie aufregend, nur halt ohne blaue Flecken und Abschürfungen. Aber: Punk ist eben bunt und vielschichtig. Deshalb ist „Pop ist tot“ literarischer Funpunk mit großem Unterhaltungswert und trotziger Mittelfingereinstellung.  Ein Schlag in die Fresse, aber mit Samthandschuhen. Solides Album … äh Buch!

Und als Zugabe jetzt alle im Chor: „Nie wieder Glitzer, nie wieder Glimmer, Pop ist tot, Punk für immer!“

P.S.: Support your local Punkrock writer!

Text und Bild: aL

 

 

 

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