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Buch des Monats

Erzählung des Monats Dezember: Ich mag, wie du denkst

Thorsten Pütz: „Ich mag, wie du denkst”, Text/Rahmen Verlag 2019

„Manchmal ist es uns so, als hätten wir auf einmal alles im Leben verstanden, als würde der Sinn des Lebens, also die Liebe und der Tod, eins werden. Dieser Zustand erzeugt in uns eine leichte Erregung, eine wabbernde Wärme, so als hätte unser Herz Saiten und sie wären zum ersten Mal zum Klingen gebracht worden. In diesem Moment war mir so. Mir wurde bewusst, dass der Tod die Liebe ist und nur – und ausschließlich nur – die Liebe so etwas wie eine Möglichkeit der Erträglichkeit bietet, einen Ausweg, kein Gott, bloß die Liebe zwischen zwei Menschen“, schreibt Thorsten Pütz in einer seiner Erzählungen, reiht eine Fülle an Gedanken aneinander und spinnt um diese seine Thesen in vielen weiteren Kurzgeschichten und Gedichten weiter. Verträumt und doch zielstrebig hantelt sich der Autor von Text zu Text und bewegt sich raffiniert zwischen Liebe und Lebenssinn.

Gleich vorweg: Ich bin seit seinem zweiten Buch „Flussseitwärts“ ein Bewunderer – ja sogar „Fan“ – seiner Erzählungen und habe Thorsten Pütz 2018 mit einer jungen Punkband, die neu, wild und interessant sei, verglichen. Aber dazu später mehr …
Der deutsche Autor schreibt seine Gedankenstränge nicht als ausufernde Stories; vielmehr balanciert der 38-jährige Vertreter der „Neuen Deutschen Lyrik“ in den vorliegenden Prosatexten solide und durchdacht, transportiert Beziehungen über die Charaktere Andi und seinen Kumpel Klaas. Er beschreibt facettenreich die Herausforderungen der Welt, formuliert gewitzt und gespickt mit seinen Lebenserfahrungen und überraschenden Ansichten.
Thorsten Pütz macht also in „Ich mag, wie du denkst“ das, was er in „Flussseitwärts” begonnen hat: Über seine Sprache bzw. die verschiedenen Örtlichkeiten (Florenz, Belgien, Buenos Aires,…) werden der Leserschaft seine Überlegungen und Ideen angeboten und durch seine Anschauungen, Erfahrungen und Theorien untermauert.
Der Autor spart nicht mit (berechtigter) Kritik an Paulo „puta madre“ Coelho, Comedian Mario Barth, der Band Element of Crime („Das Leben ist zu schön für Element Of Crime“), die die Erzählung auffrischt und den LeserInnen das eine oder andere Lächeln abringt.

Das knapp 180-seitige Werk bildet eine amüsante, kokette und zugleich nachdenkliche Lektüre, die die Lebenseinstellung der beiden jungen Männer Andi und Klaas beschreibt. Wenn Thorsten Pütz die Zusammenhänge zwischen Äxten, Baumärkten und der sinkenden Anzahl an Morden beleuchtet oder die Zusammenhänge von „Warsteiner Biertrinkern“ und „Weber-Grill Benutzern“ darstellt, dann ist er in seinem Element und schreibt richtig, richtig stark. Jedes Wort greift ohne Knirschen in das nächste; alle Handlungselemente zünden effektiv, lösen weitere Gedanken beim Leser aus und bleiben eindringlich. Großes Kino!

Insofern ist dieser neue, junge und interessante Thorsten Punk … äh … Pütz wie die Deutschpunkband „Turbostaat“ aus Flensburg: Beide liefern keine Veröffentlichung ab, die Stillstand vermittelt oder zukünftig irgendwann als misslungenes Experiment unter den Teppich gekehrt werden muss. Weiterentwicklung ist hier stets Bestandteil und wirkt nie entfremdend. „Ich mag, wie du denkst“ setzt die Reihe fort, ist unverkennbar Thorsten Pütz, der sich wieder einen Schritt weiter gewagt hat, textlich wie stilistisch. In diesem Sinne: „Come on, stay young, stay strong – repeat!“

 

Text und Foto: aL 2019

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