Claudia Jörg-Brosche: “20 beste Reiseziele. Traumhafte Geheimtipps – (noch) unentdeckte Hideaways”, ueberreuter 2018
Jetzt, wo alle wieder da sind, einen Reiseführer besprechen? Das kann auch nur der Haubentaucher. Aber ist antizyklisch verreisen nicht sowieso viel schlauer? Die erfahrene Reisejournalistin Claudia Jörg-Brosche hat ohnehin Destinationen gesammelt, die ganzjährig attraktiv sind. Was freilich zart übertrieben ist: Die Sache mit den Geheimtipps.
Portugal und Madeira (quasi Klassensieger der Autorin) stöhnen doch bereits unter den Massen. Das Soca-Tal in Slowenien ist zumindest in unseren Breiten auch jeden zweiten Tag im Facebook-Stream zu sehen. Aber gut, es geht tatsächlich auch etwas ausgefallener. Wer war schon in Lwiw in der Ukraine? Oder in Swanetien in Georgien? Wir jedenfalls nicht.
Warum die Autorin in Österreich sich mit dem Almtal in OÖ und mit Sölden (!) in Tirol begnügt, wissen wir nicht. Uns fielen jedenfalls andere “Geheimtipps” ein. Trotzdem hat das Buch seine Verdienste. Die Recherchen sind blitzsauber, das schrieb sich bestimmt nicht im Vorübergehen.
Einschränkungen sind auf Bilderebene zu sehen, die Fotos sind teilweise eher mäßig, der recht dunkle Druck hilft da auch nicht. Und der Schreibstil von Jörg-Brosche erscheint uns ein wenig altbacken nach dem altbekannten Schema: “Kunstvoll baut der Gemüsehändler eine Tomatenpyramide auf” (gelesen irgendwann im 20. Jahrhundert im Baedeker). Soll heißen: Wer eine Reise in eine der 20 besprochenen Destinationen plant (zum Beispiel in die Kulturhauptstädte Europas 2019), der ist mit dem Werk sehr gut bedient. Für weiter reichende Inspirationen und echte Geheimtipps ist womöglich sogar das böse Internet besser geeignet.
PS: Die Verlagswebsite würde sich auch über eine Überarbeitung freuen…
