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Buch des Monats

Reisebuch des Monats April

Martin Amanshauser: “Die Amerikafalle. Oder: Wie ich lernte, die Weltmacht zu lieben”, Kremayr & Scheriau, März 2018

Amanshauser ist sicherlich der interessanteste Reisejournalist Österreichs und hat bislang ein paar durchwegs erfreuliche Werke veröffentlicht. Dass er selbst aus einem viermonatigen US-Aufenthalt ein komplettes Buch machen kann, beweist er mit der “Amerikafalle”. In seiner Zeit als Gastlektor in Ohio sammelt er Urteile, hinterfragt Vorurteile und macht eine Unmenge an Beobachtungen, die in Summe ein Panoptikum des Staunens ermöglichen. “Oh my gaaaad!”

Der Autor ist dabei weniger Journalist als vielmehr Soziologe und als solcher streng der Subjektivität und der Skurrilität verpflichtet. Das schlechte Image von Mineralwasser, die Schwierigkeiten beim Erwerb von Leichtbier, die erstaunliche Disziplin von Kindern im öffentlichen Raum und die Verteidigungshaltung gegenüber Entscheidungen der Obrigkeit verwundern den Berichterstatter wie den Leser. Und so nimmt Amanshauser uns mit auf eine turbulente Reise in ein Land, das gar nicht so gespalten scheint, wie es hierzulande oft vermutet wird. Wobei er zugibt, zuweilen das Gespräch bewusst von politischen Diskussionen frei zu halten, um nicht enttäuscht zu werden.

Auch wenn es viele absurde Erlebnisse gibt, so ist die Grundhaltung des Buches erfreulich ernsthaft. Es geht Amanshauser wirklich darum, festzustellen, wie unterschiedlich Europäer/innen und US-Amerikaner/innen ticken und was daran gut und was daran weniger gut ist. Nach seinen vier Monaten bemerkt er an sich massive Sympathie für die Offenheit, den respektvollen Umgang, den Optimismus der Einheimischen – und das trotz wässrigen Kaffees und teilweise richtig üblem Essen. Bei Trips etwa nach New York, San Francisco und Las Vegas kann er zudem feststellen, wie unterschiedlich das Leben in verschiedenen Teilen des großen Landes aussieht.

Auf etwas über 200 Seiten wird Amanshauser zum Guide einer Tour, die voller Humor und Tempo ist. Zuweilen sind die Übergänge zwischen den Beobachtungen und Gedankengängen fast schon zu flott, das Erzählstakkato passt aber vermutlich gut zum Speed in manchen Teilen der USA. Selbst ausgewiesene Amerika-Kenner werden ihre Freude haben, wenn der Autor sprachliche Nuancen beschreibt oder schildert, wie unfähig seine Studierenden sind, sich auf ihren beiden Beinen fortzubewegen. Berührend sind die Schulerlebnisse seiner Kinder, gnadenlos komisch die Saunaszene, die Amanshauser von seinem Kollegen Clemens Berger erzählt. Menschen, die gerne reisen, werden mit diesem Buch eine ebenso große Freude haben, wie solche, die die USA bewusst nicht ansteuern. Great job, Martin!

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