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Buch des Monats

Bot-Buch des Monats

Clemens J. Setz: “Bot. Gespräch ohne Autor.”
Herausgegeben von Angelika Klammer. Suhrkamp 2018

Über die Tatsache, dass der Grazer Autor Setz einen ausgeprägten Hang zu Naturwissenschaft, Technik, Literatur jeder Gewichtsklasse, aber auch zu Skurrilitäten und Alltagswahnsinn hat, wurden bestimmt schon zig Blogbeiträge, Seminararbeiten oder VWAs geschrieben. Auf seiner Instagram-Seite lebt er dieses in aller Ausführlichkeit aus. Er kann darüber großartig verschrobene Reden halten. Und nun gibt es auch endlich den passenden Text dazu.

Eigentlich war eines dieser ganz (außer-)gewöhnlichen Interview-Bücher geplant, wie Angelika Klammer sie schon mit mehreren prominenten Zeitgenossen publizierte. Doch es wäre nicht Setz, wenn das Vorhaben nicht sehr rasch in ein Experiment kippte. Statt Antworten des Autors gibt nämlich sein Archiv Auskunft über seine Meinungen und Werte, seine Ab- und Zuneigungen, seine Beobachtungen und Schlussfolgerungen.

Seit Jahren führt Setz gewissermaßen Buch und dieses gewaltige Word-Dokument wurde mit den Fragen von Klammer konfrontiert. Teilweise mit Schlagwortsuche, teilweise nach dem Zufallsprinzip. Dass Bots letztlich doch etwas anders funktionieren, spielt hier genau gar keine Rolle. Das Ergebnis ist nämlich: ein faszinierender Einblick in das Leben eines fast schon manischen Bücherwurms, der sich mit Sci-fi ebenso beschäftigt wie mit Handke oder den Gebrüder Grimm, mit körperlichen Gebrechen,  einsamen Elefanten und “Thomassons” (Alltagsgegenständen, die ihre Funktion verloren haben). Die Antworten sind fast nie komplett neben der Spur, sehr oft sind es komische Kleinode, manchmal auch Tiefsinniges. Und so ganz nebenbei erfährt man erstaunlich viel über den Autor, über Missverständnisse im Umgang mit seinen Werken, über die Charakterisierung als “Sadomodernist”, die Setz in Japan entgegen nehmen musste. Man darf an dieser Stelle auch die zumeist scharfsinnigen Fragen von Klammer lobend erwähnen.

Wer einen der spannendsten deutschsprachigen Literaten der Gegenwart ein wenig näher kennenlernen will, ohne sich gleich in seine umfangreichen Romane zu stürzen, ist hier genau richtig. Ein scheinbar absurdes Buch, das sich sehr rasch als großer Gewinn entpuppt. Bussi an den Bot!

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