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Lehrbuch des Monats

Sabine Schiffer: “Medienanalyse. Ein kritisches Lehrbuch”, Westend Wissenschaft, 2021

Sinnerfassendes Lesen ist eine Disziplin, die im Rahmen von diversen Schulstudien häufig bemängelt wird. Das kritische Lehrbuch (Achtung Frame!) von Sabine Schiffer hat sinnerfassendes Lesen auf ein wissenschaftliches Niveau gehoben.

Es geht hier nicht mehr primär um die korrekte Wiedergabe von Texten. Vielmehr um die Fähigkeit, Medienbeiträge zu lesen und als Konstrukt zu verstehen, das aus einer bewussten Zusammensetzung von Fakten besteht. Wer hier allerdings die reißerische Entlarvung alternativer Fakten oder gar von Fake News vermutet, wird ein wenig enttäuscht sein.

Das Buch „Medienanalyse“ beschäftigt sich auf sehr übersichtliche, dichte und dennoch leicht lesbare Weise mit den vielen Facetten unserer Informationskultur und zeigt auch verschiedene Manipulationsstrategien auf. Dieses Fachbuch versteht sich als ein Leitfaden für sachliche und multiperspektivische Medienbeobachtung, als Grundlage seriöser Medienkritik. Sabine Schiffer erklärt Begriffe, die uns in unserem medialen Konsum als Werkzeuge dienen sollten. Und führt gleichzeitig eine allgemeine Wertungsebene ein, die wir so aus dem Psychologieunterricht nicht kennen: das Vorgewusste.

Gemeint ist unsere Voreingenommenheit, die die Rezeption von Medienkonsument*innen und Journalist*innen gleichermaßen prägt. Sorgfältig beschreibt sie, wie Berichterstattung in zweifelhafte Richtungen schwenken kann, und das allein durch die Zusammensetzung der einzelnen (wahren) Fakten. Ziel des Buches ist jedoch nicht die Verurteilung der angewandten Methoden, sondern vielmehr ein Rundumblick über die Mechanismen, die unsere Medienlandschaft und unsere Lesart prägen.

PR-Taktiken kommen hier genauso zur Sprache, wie gute Quellenarbeit der Berichterstatter*innen, Einflussnahme durch den gezielten Einsatz von Sprache und Berichterstattung, Analyse von Text und Bild durch das Herausarbeiten von Sinn-Induktion, Exkurse in die digitale Welt zu Wikipedia und Google und last but not least die Funktionsweise von Mediensystemen.

Auch die Gegenüberstellung von analogen und digitalen Medien bewertet Sabine Schiffer nicht, im Gegenteil, sie stellt durchaus namhafte Studien auf den Prüfstand. So hinterfragt sie „gute Medien“ versus „schlechte Medien“ und räumt mit dem Vorurteil auf, digitale Berichterstattung sei per se qualitativ unzuverlässig. Will heißen: Nicht das Medium bestimmt die Qualität einer Botschaft , sondern die korrekte Wiedergabe von Zusammenhängen.

Medienanalyse, Medienkompetenz oder Media Literacy, wie Sabine Schiffer diese Disziplin nennt, sind Teil des lebenslangen Lernens. Das Buch dient hierbei als Anstoß. Und schließt mit der dringenden Empfehlung, dieses Wissen bereits in die Schulbildung einfließen zu lassen.

2 Antworten auf „Lehrbuch des Monats“

Danke für den Hinweis! Ich habe mir nach dieser Besprechung das Buch gekauft und es nicht bereut. Das kann man gut in der Schule brauchen.
Erika

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