Aber Hallo, werden jetzt einige da draußen denken: Hat der Haubentaucher nicht in letzter Zeit immer und immer wieder gesagt, dass er keine EPs bespricht, sondern nur komplette Alben? In diesem Monat nicht bzw. schon. Unser Haus, unsere Regeln.
ELIS NOA: „Ich Glaub Wir Müssen Drüber Reden“, EP, Listenrecords, VÖ 22. 11. 2024
Elisa Godino und Aaron Hader haben das Label gewechselt und stehen jetzt bei den Berliner Listenrecords unter Vertrag. Außerdem haben sie die Sprache gewechselt und singen jetzt auf Deutsch. In den vier Songs geht es um Beziehungen, um Rauschzustände, die Tonalität wechselt zwischen verträumt und schwungvoll. Es sind Tracks, die man schon nach dem ersten Abspielen auf Repeat stellt, so schön, so entspannt, so stilvoll indiepoppig.
Eine EP, die Lust macht auf eine neue LP, die eigentlich eh schön langsam fällig wäre. Aber wir wollen hier keinen Druck aufbauen. Eines allerdings sei klar gesagt: Wir freuen uns auf eine Fortsetzung der ziemlich kurzen Herbst-Tour. Ihr wisst, wo ihr uns findet…
Foto: Lukas Lorenz
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HERR MARTINEK: „Ramen im Rahmen“, EP 2024
„Feinster Indie-Fusion aus dem zarten Graz“, heißt es auf Spotify über die junge Band mit dem interessanten Namen. Viel mehr wissen wir ehrlich gesagt nicht. Denn die Release-Show im Oktober im gar nicht besonders zarten Music House in Graz ist sich leider nicht ausgegangen und bis auf einen dezenten Insta-Account haben wir im Netz auch noch keine Spuren gefunden. Macht nix, weil wir nämlich dem Sound und der Stimme der Sängerin bereits restlos verfallen sind. Gerade mal drei Songs sind draußen, aber es hat nur einen davon gebraucht und wir waren schon überzeugt: „Oiso Peda“ ist ein potenzieller Indie-Hit. Und da kommt doch ganz bestimmt noch einiges nach – oder?
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MIRA LU KOVACS: „Please, Save Yourself“, Play Dead Records / Ink Music, VÖ: 8. 11. 24
Die Frau hat sich um die Indie-Musik von Pop bis Punk in Österreich in den vergangenen Jahren verdient gemacht wie keine zweite. Schmieds Puls, 5K HD, diverse Kooperationen und Solo-Alben stehen unter anderem zu Buche. Insofern ist es besonders ärgerlich, wenn ein Kritiker, der nicht mehr mit der Realität zurecht kommt, wie Karl Fluch vom Standard, den Bihänder auspackt und Mira Lu Kovacs „stimmungsvolle Konfektionsware“ vorwirft. Mangelnde Originalität bekrittelt er dann auch gleich noch bei ihrer Band My Ugly Clementine. Da passt der zweite Song vom besprochenen Album wunderbar dazu: „Shut the fuck up and let go“. Fluchs Urteil ist nämlich nicht nur ungerecht, es ist kompletter Quargel.
„Please, Save Yourself“ ist eine runde und rundum gelungene Angelegenheit, die die Stimme von MLK perfekt zur Geltung bringt, die ein breites Spektrum an Emotionen in neun Songs packt und das alles sogar ausgesprochen eigenständig. Ja, Karli, alles war schon irgendwie ansatzweise da, aber das gilt doch wirklich für so ziemlich jede Band und jede Platte – ob es nun Pop ist oder Rock oder Jazz. Aufbauen auf dem Werk von anderen, seit wann soll das schlecht sein? Ist es besser, sich selbst dauernd zu kopieren?
Wir Einfaltspinsel empfehlen euch die Platte jedenfalls aus ganzem Herzen. Und glücklicherweise sind wir damit nicht allein. „Raue und wunderschöne Popsongs“ hat FM4 gehört, „samtig-weiche wie heilvolle Melodien“ vernahm der Kurier. Hört einfach selbst rein und geigt uns gern die Meinung in den Kommentaren.
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DREAMER DREAMER: „New Face“, Neverend Records, VÖ 15.11.2024
„Spacegrunge“ steht auf Soundcloud unter dem Album. Das haben wir so zwar noch nie gehört, aber es trifft die Sache auf den Punkt. Hannes Pröstler, der hinter Dreamer Dreamer steht, beginnt zart, haut dann ordentlich auf die Pauke, um sich dann wieder irgendwo zwischen alle Stühle zu setzen. Melodischer Rock trifft auf DIY-Punk. Das mit dem Selbertun stimmt hier ganz besonders. Denn Pröstler macht das alles alleine. Songs schreiben, mit verschiedenen Instrumenten einspielen und dann produzieren. Alle Achtung!
Ob das Ergebnis jetzt allen und immer gefällt, sei dahingestellt. Die Hartgesottenen werden über die sanften Passagen drüber müssen. Die Sanftmütigen werden sich zwischendurch ein bisschen schrecken. Unser Anspieltipp, um die eigene Haltung abzutesten, wäre der Song Nr. 3 „Echo“. Wenn euch das so gefällt wie uns, dann seid ihr hier richtig. Man wird am 5. 12. im Kramladen in Wien dann genauer sehen, welche Zielgruppe Dreamer Dreamer anzieht. Ach ja, falls ihr hingeht, schaut zum Merch-Stand. 200 Stück des Albums gibt es in rosa Vinyl.
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COUNT OUT CEILI BAND: „Eating People Is Wrong“, Vinyl / digital, VÖ Herbst 2024
Noch so ein Einzelkämpfer: Simon Usaty, in der Musikszene auch bekannt als Protestant Work Ethic hat das Pseudonym zumindest für dieses Album gewechselt und firmiert nun unter Count Out Ceili Band. Den Unterschied zu den bisherigen Veröffentlichungen erklärt er so: „Eating People Is Wrong fokussiert mehr auf instrumentale Nummern und elektronische Instrumente, Gesang wird öfter als Klangfarbe als für Text eingesetzt.“ Dazu kommen Roboter-, Keyboard-, Synthiesounds, die dich glauben lassen, du seiest in einem abstrusen Computerspiel gefangen.
Eine irgendwie arge, arg gute Platte, die man allerdings nur in gewissen Stimmungen hören will. Dann aber ist sie mitreißend und lässt uns an die guten alten DAF denken, gepaart mit Jimi Tenor und anderen Vertreter:innen der leicht durchgeknallten Spezies. Der perfekte Soundtrack zum nächsten österreichischen Weltraumabenteuer. Oder wie Usaty einen seiner Songs nennt: „Next Stop Rocket Science“. Was wir über sein Album „My Idea of Fun“ aus dem Jahr 2020 gesagt haben, gilt immer noch, dass nämlich „Mastermind Simon Usaty ein verdammtes Genie ist, das solche Banausen wie wir eh nie ganz verstehen werden. Aber bewundern hilft.“
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ANNA KATT: „Nature“, VÖ 21. 11. 2024
Das ist bereits das fünfte Album des austro-schwedischen Trios und wir müssen zugeben: Anna Katt? Bis vor kurzem noch nie gehört. Aber jetzt sehr oft. Denn dieser Longplayer mit neun Songs auf englisch und einem auf schwedisch verzaubert dich mit den ersten Takten. Die Stimme von Kristina Lindberg hat große Klasse. Stefan Lindberg (Gitarre) und Manu Mitterhuber (Gitarre, Vocals) tun das übrige, um „Nature“ zu einem musikalischen Naturereignis zu machen. Der Sound ist sphärisch und geht über Singer-Songwriter oder Folk hinaus. Dafür mitverantwortlich: Clemens Pichler aka Fump Facile, Producer aus Berlin mit Schwerpunkt auf Electronic. So wurden für das Album auch ältere Anna-Katt-Songs in neues Gewand gesteckt. Ein Album, das dich sanft und mit jeder Menge Gänsehaut-Faktor durch die eh nicht ganz unanstrengende Winterzeit bringen wird. Live gibt es Anna Katt am
6.12.2024, 20.00, in Ottensheim | Alter Bauhof
und am 8.2.2025, 19.30 in Sankt Florian | Gärtnerei Sandner
Und weil ihr so nett seid und bis ganz nach unten gelesen habt, gibt es hier noch ein kleines Weihnachtsgeschenk in Video-Form für euch. Bussi und bis zum nächsten Mal…