TOPSY TURVY: „Butt Sore“, Siluh Records VÖ 14. 6.
Topsy Turvy, das sind Theresa Strohmer (Gitarre), Lena Pöttinger (Schlagzeug) und Victoria Aron (Bass). Die drei Indie-Musikerinnen aus Wien versammeln auf ihrem Debüt so viele Einflüsse, dass der Pressetext gar nicht mehr nachkommt. Surf, Punk, Psych-Rock, Pop? Oder doch früher 70er Punkrock? All das und noch viel mehr. Peaches, aber auch Moldy Peaches, Black Lips, Kim Gordon, David Byrne. Vielleicht, so finden wir, hören wir da sogar die Attitüde von Shonen Knife aus Japan? Geht bei Topsy Turvy alles zusammen. Deutlich vom Punk beeinflusst auch die Länge der Tracks, 3 Minuten schafft da kaum einer. Und so ist das Album auch „nur“ gute 30 Minuten lang. Aber keine Sorge: Ihr werdet dann eh wieder von vorne anfangen. Denn diese drei werden euer Herz erobern. Sofern ihr keine bösen Formatradio-Fans seid. Und hey, Wien: Am 14. 6. gibt es die Release-Show im Rhiz!
Pressefoto: Anja Pöttinger
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OLIVER MALLY & PETER SCHNEIDER: „Almost There“, Blind Rope Records / monkey 2024
Der Gigant John Lee Hooker stand Pate bei diesem Album, das sowohl auf Vinyl als auch auf CD schon fast ausverkauft ist – jedenfalls die erste Auflage. Es ist eine entspannte Platte, man ist ja auch schon fast da. Auf dem restlichen Weg muss man nicht Gas geben, man kann sich Zeit lassen, man kann auf die Straße schauen, auf die Umgebung, auf den Regen, dem gleich zwei Songs gewidmet sind. Es ist Blues vom Allerfeinsten, den die beiden Routiniers da bieten. Verstärkt wurde das bestens eingespielte Duo bei den Aufnahmen durch Alex Meik am Bass und Peter Lenz an den Drums, das sollte man auch nicht verschweigen. Der Sir aus der Steiermark gilt als der beste Blues-Sänger von Good Old Austria und beweist das hier wieder sehr eindrucksvoll. Dabei ist die Platte aber weit mehr als „nur“ eine Hommage an die großen Momente des Blues. Mally und Schneider machen ihr eigenes Ding und das mit Grandezza. „Impressively beautiful“ meinte der Kollege Tom Wouters aus den Niederlanden und wer möchte ihm da widersprechen? Eigentlich schon jetzt ein Klassiker!
Termine und weitere Infos unter: sir-oliver.com
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ERWIN & EDWIN: „Des Is Jo Des“, VÖ 14. 6.
Wir wechseln die Tonlage. Ausnahmsweise sei hier der Pressetext ausführlich zitiert: „Mit einer einzigartigen Mischung aus Hoffnung und Kapitulation melden sich die nach jahrelangem Andichten endlich zu einem waschechten Volksmusikquintett avancierten ERWIN & EDWIN mit einem neuen Tonträger zurück. Der deutsche Frontmann ist Geschichte, Mundart von fünf reinrassigen Ösis dominiert nun das Hörvergnügen. Da gehört natürlich das eine oder andere Gstanzl dazu, auch wenn dazwischen immer wieder ordentlich Tschimmbumm aus den Boxen dröhnt.“
Damit ist fast alles gesagt, außer das: „Reinrassige Ösis“ gibt es nicht. Und: Die Platte macht enorm viel Spaß. Speed und Style treffen sich da auf eine einzigartige Art zum Date. Und sobald man glaubt, man hätte das Album verstanden, kommt garantiert der nächste Plot Twist. Griechische Klänge, Subwoofer-Sound, Blechbläser, Volkslieder, Techno-Hymnen. Fragt uns jemand nach unserem Lieblingssong auf „Des is jo des“ würden wir sagen: „Jeder!“ Gebrauchsanweisung: L.A.U.T aufdrehen!
Dazu gibt es eine fette Tour. Der nächste Steiermark-Termin ist der 28. 6. beim Stadtfest Liezen. Generell treten die fünf Erwins & Edwins dort auf, wo was los ist. Wurscht, ob beim Volksfest oder im WUK. Das ganze geht bis Ende November. Graz ist am 26. Oktober dran.
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DESOLAT: „Get Sick And Let Me Watch You Die“, Reptilian Records VÖ 14. 6.
Wow, ein klassisches Noise-Punk-Label aus den USA und eine Wiener Band. Das Ganze übrigens bitte nicht verwechseln mit der gleichnamigen Gelsenkirchner Deutschgrunge-Partie und ihrem Album „ückendorfication“, das absurderweise ebenfalls im Juni erscheint. Die Wiener Desolaten sind härter, dunkler und uns halt einfach auch näher in jeder Hinsicht. Und der Albumtitel erinnert an die gute alte Seattle-Ära („fuck me, I’m sick!“). Der Sound übrigens auch. Oder noch besser an die Hochblüte des Wiener Noise & Death & Metal (Pungent Stench u.a.). Die Gitarre wird zur kreischenden Nerven- und Knochen-Säge, das Schlagzeug hämmert unser Hirn zu Brei. Die Stimme kommt direkt aus der Vorhölle. Seit den frühen 1990ern haben wir so etwas aus Wien nicht mehr in dieser Dichte und Brachialität gehört. „This Band Is Your Yoga“, haha! Also, es ist „Time For Darkness“. Lasst uns endlich wieder headbangen, wenn schon das Kopfschütteln nichts mehr hilft. 10 von 10 Sternen auf der Austropunk-Skala!
Live am 20.6.2024, im Wiener Ekh mit der Albumreleaseparty
und am 28.6.2024 irgendwo in Bregenz.
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COMA SYSTEM: „Wired Machines“, Grazil Records VÖ 7. 6. 2024
Mit einer gesunden Portion Härte geht es weiter. Coma System ist eine Grazer Band, die es im Vergleich zu den Wiener Desolat-Kollegen etwas getragener angeht. 2018 haben sich Ferdinand Fuhrmann (Git., voc), Daniel Furian (Bass) und Michael Königshofer (Drums) zusammen getan. 2021 gab es mit „Blurred“ eine erste LP. Wie wollen wir uns den Sound vorstellen? Am besten so: Die drei dürften in ihrer Jugend die eine oder andere Doom- und Grunge-Scheibe genossen haben. Und treiben das Genre auf – räusper – traditionsbewusste Art weiter. Dabei ist eines bemerkenswert: Man hört eine starke eigenständige Note. Und die kommt nicht allein vom markanten Gesang.
Inhaltlich geht es um die Maschinen, die uns zunehmend beherrschen. Um die ganz Kleinen in unseren Händen und die Großen, die in irgendwelchen Serverfarmen für ein paar Milliardäre arbeiten. Dass wir die Band vorher nicht wahrgenommen haben, geniert uns jetzt ein bisschen. Aber das werden wir am 15. Juni ändern, wenn Coma System, Hidden by the Grapes und Opium Masala im PPC auftreten. Pflichttermin für Fans der härteren Töne.
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LES MACHINES MOLLES: „Je Ne Suis Pas Ton Toutou“, Pumpkin Records VÖ 31. 5. 2024
Die Pollanz–Festspiele auf dem Haubentaucher sind noch nicht gänzlich vorüber. Denn quasi als Vorgeschmack auf den neuen 1-Minuten-Sampler aus dem Hause Pumpkin, der Ende des Monats erscheinen wird, gibt es einen Song in dutzendfacher Ausführung. Die Platte kommt mit einem hinreißenden Hundefoto, das wir hiermit zum Cover des Monats ernennen möchten. Und so musik-dilettantisch, wie sich Pollanz jüngst im Kleine-Zeitung-Interview darstellte, ist er natürlich nicht. Er spielt mit gekonnt Klischees, mit französischen genauso wie mit elektronischen. Da klingt der Fred vom Jupiter ebenso durch wie der singende Charmeur. Und die diversen fiependen, trommelnden und sonstigen strombetriebenen Kastln beherrscht der vielseitige Pop-Poet ohne Fehl und Tadel. Für Fans des Jimi Tenor und nicht nur für diese…