ZOLA JESUS: „Arkhon“, Sacred Bones VÖ 24. Juni 2022
Die US-Musikerin Nika Roza Danilova alias Zola Jesus ging bislang gern ihre eigenen Wege – und das auch noch möglichst solo. Diesmal aber hat sie mit dem Produzenten Randall Dunn und dem Schlagzeuger und Perkussionisten Matt Chamberlain zwei kongeniale Begleiter gefunden. Das neue Album von Zola Jesus schafft es daher auch, Pop mit temporärer Dancefloor-Kompatibilität und andauerndem Tiefgang zu verbinden (gänzlich anders als Superorganism weiter unten). Die Stimme! Der Cinema-Deluxe-Sound!
Das altgriechische „Arkhon“ steht für Macht oder Herrscher*in und mächtig muss diese Platte gar nicht vordergründig klingen, um ein Statement voller Power abzugeben. Es gibt Platten, bei denen alles solide läuft, wie es zu erwarten ist, und andere, die dich von der ersten Sekunde an in ihren Bann ziehen. Arkhon gehört eindeutig in die zweite Kategorie. Und auch wenn Zola Jesus vermutlich zum Lachen in den Keller geht, die Platte macht auch noch großen Spaß.
Foto: Shervin Lainez
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FOYER DES ARTS: „Die John-Peel-Session“, EP Tapete Records VÖ 15. Juli 2022
Apropos Spaß: Dafür war und ist Max Goldt auf eine sehr eigene Art bekannt geworden. Durch seine Bücher, seine Lesungen, seine Texte im Magazin Titanic, die Zusammenarbeit mit Zeichner Stephan Katz und damals in der NDW-Zeit auch durch das schräge Duo Foyer des Arts mit Gerd Pasemann. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde das kunstvoll ironische Foyer vor allem durch den Hit „Hubschraubereinsatz“ bekannt, der sogar von Ö3 wochen-, wenn nicht monatelang rauf und runter gespielt wurde.
Was aber auch wir als eingefleischte „Foyer“-Fans nicht wussten: Der große britische Radio-DJ John Peel war ebenfalls einer, der den poetischen Pop der beiden Deutschen über die Maßen schätzte. Er spielte die Songs immer wieder in seiner Sendung und irgendwann kam auch die Einladung zu einer seiner legendären Sessions. Im Oktober 1986 landeten Pasemann und Goldt in London, bekamen Verstärkung von vier lokalen Musikern von „The Highsons“ und spielten vier Lieder für Peel ein. Darunter die beiden Foyer-Hammersongs „Ein Haus aus den Knochen von Cary Grant“ und „Schimmliges Brot“. Interessant, dass die live eingespielten Tracks so frisch klingen, als wären sie gestern entstanden.
Doch was passierte eigentlich danach mit der Aufnahme? Vorerst mal sehr lange nichts. Im Jahr 2000 fragte Goldt schüchtern bei der BBC nach. Dort wusste niemand von nichts. Wobei das leider offenbar keine Ausnahme war, die britische Anstalt löschte gern mal komplette Sessions und Shows. Doch dann versuchte es der Kölner Tom Morgenstern 2020 nochmals, eine Kollegin der BBC unterstützte ihn und voila: Die EP tauchte im Archiv auf und nun ist sie wieder da. Verdienstvollerweise ist sie in bester Qualität neu erhältlich. Und was sollen wir sagen: Das solltet ihr gehört haben!
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VICTOR MUCHO: „Moonlight in Visby“ VÖ 13. 5. 2022
Wir reisen nun von England nach Skandinavien und machen erste Station in Schweden. Dort, im charmanten Küsten-Kaff Visby hat Victor Mucho, der eigentlich Brian MacDonald heißt, seine jüngsten Songs geschrieben. Sehr markant dabei die Mandoline und die Gitarre. Inhaltlich steht die Auseinandersetzung mit der Natur im Vordergrund, die den Amerikaner im schwedischen Götland in ihren Bann zog. Der Titel der Platte ist dann auch Programm, Mucho kam bei der Entstehung weitgehend ohne künstliches Licht aus und nutzte den Mond ebenso wie Lagerfeuer. Folk vom Feinsten!
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ASGER TECHAU: „Levels“ VÖ 15. Juli 2022
Unsere nächste Station: Kopenhagen, Dänemark. Asger Techau ist in seiner Heimat eine Legende, seit mehr als zwanzig Jahren aktiv und mit der Postrock-Band Kashmir eine Dauergröße. Kennen wir hier alles nicht, stimmt’s? Das sollte sich aber spätestens jetzt ändern. Denn die mittlerweile dritte Solo-Platte von Techau ist ein reifes und ausgereiftes Pop-Album, das sehr viel anzubieten hat. Von ruhigen Balladen und berührenden Texten bis hin zu Songs, die deine Beinchen in Windeseile zum Wippen bringen werden. Dänische Eleganz kombiniert mit dem magischen Wissen, wie man Pop-Songs schreibt. Großes Like!
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SUPERORGANISM: „World Wide Pop“, Domino/Good To Go VÖ 15. 6. 2022
Wir haben es bereits Anfang 2018 geahnt: Der Wahnsinn hat kein Ende. Damals (prä-pandemisch!) war die erste gemeinsame Platte der japanischen Musikerin Orono und ihres bunten Pop-Haufens noch naiv, crazy und völlig abgedreht und damit genau das Richtige, um mal ordentlich auf den Putz zu hauen. Mittlerweile klingt das neue Werk leider nur nach eiskaltem Kalkül, hohl und bestenfalls nach Autodrom-Soundtrack. Irgendwie sehr deplatziert, weil: Wir haben heute andere Sorgen als den Pop mit einer seichten Schaumparty zu feiern. Tiefgang geht in dem Konzept aber nicht, das können wir durchaus nachvollziehen. Wenn es wenigstens lustig wär, aber es wirkt wie Malcolm McLarens verzweifelste Versuche, mit Pop noch mal Kohle zu machen. Aber vielleicht seht ihr das anders und womöglich spielen sie live ja ihre Hits von der ersten Platte.Man wird es sehen: am 10. September im „Das Werk“, Wien. Foto: Jack Bridgland