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Musik

Tonträger des Monats März / Int.

Gefühlte 100 CDs und doppelt so viele Album-Downloads später ist der Musikmonat März endlich fertig – wir auch und zwar wie nie zuvor. Beginnen wir mit drei Herrschaften aus den USA, die gewaltig losbrausen…

THREE FOR SILVER: “The way we burn”. Foggy Night Records VÖ 1. 3. 2018

Willo Sertain, die mit ihrer Stimme Glas zum Schmelzen und Eis zum Zerspringen bringt, ist ebenso ein Geschöpf der düsteren Seite des Universums wie ihre Bandkollegen Lucas Warford und Greg Allison.

Mr. Warford klingt wie der Adoptivsohn von Tom Waits, den dieser nie mit Lemmy Kilmister hatte und der dann letztlich doch bei Onkel John Lurie aufwachsen musste. “The way we burn”: Ein manchmal fettes, manchmal leicht sprödes, immer kratzbürstiges und zugleich stets fragiles Meisterwerk, das nach gut abgestandenem Bourbon, angeschlatzten Zigarren und leichtem Schädelbrummen anmutet. Früher wäre so was ja auf “Red Eye Records” erschienen, aber Foggy Nights passt auch.

Nennt das Retro oder post-irgendwas oder Dark Folk, uns ist diese gruselig-schöne Platte schon nach wenigen Augenblicken ans Herz gewachsen. Seither läuft sie bei jeder Fahrt mit dem verfluchten Dieselauto über die Schlagloch-Straßen dieser Feinstaubmetropole. Hey, da vorne ist eine Mandoline! Die Band ist übrigens auch deswegen erwähnenswert, weil sie seit gut vier Jahren weitgehend ohne Management oder Booking Agentur durch die Lande tourt. Demnächst auch bei uns. Und schwerstens empfohlen. Nämlich da:

23.3. Bart | Timelkam
24.3. Sinnesrauschen Festival HdM | Wien
25.3. Gokul | Zabok (CRO)
26.3. Die Scherbe | Graz
27.3. Herr Vincent | Villach
28.3. Der Spielraum | Innsbruck
30.3. Röda | Steyr

SUPERORGANISM: “Superorganism”. Domino / Goodtogo records VÖ 2. 3. 2018

Das ist das Verrückteste, das wir seit langem gehört und gesehen haben – und natürlich kommt es aus dem Pop-Mutterland England. Oder auch nicht. Superorganism leben zwar mittlerweile in einem Haus in East London, stammen aber aus Japan, Neuseeland, Südkorea, Australien und UK. Dass aus diesem bunten Haufen so etwas wie die Hype-Band der letzten Wochen wurde, dafür ist das böse Internet verantwortlich.

Orono, Emily, Harry, Ruby, B, Robert, Tucan und Soul werden von der PR-Agentur frank und frei als Musik-Nerds beschrieben, die es lieben ohne Rücksicht auf Konventionen gleich mit der Musik an sich zu spielen statt nur mit Instrumenten. Nobody cares? Oho, dem ist nicht so. Ende 2017 brach das große Interesse von Fans und UK-Medien aus, die Shows sind bestens ausgelastet und die Platte wird sicher massenhaft runtergeladen. Knarzige loopige Electro-Sounds, unschuldige Mädchenstimmen, die sich einen Dreck um die Gefühle der armen Jünglinge da draußen scheren, Bild und Ton auf LSD-Niveau. Entschuldigung für den Ausdruck aber das ist wirklich: Geiler Sch…! Die Nummer “Everybody wants to be famous” läuft in einschlägigen Kanälen ohnehin schon seit Jahresbeginn auf heavy rotation (1,5 Mio Views auf Youtube, gell), aber jetzt ist auch der Rest des Albums bereit für eure ungeteilte Aufmerksamkeit.

Foto: Jordan Hughes

IMARHAN: “Temet”. City Slang VÖ 23. 2. 2018

Seit knapp zehn Jahren spielt die algerische Gruppe Imarhan zusammen. Heute gilt sie als einer der wichtigsten Repräsentanten der nordafrikanischen Musik, vereint sie doch traditionelle Musik der Tuareg mit Gitarrenriffs und Pop-Elementen.

Die Folge: viele Konzerte in Europa, den USA, ja selbst in China – und ein neuer Doku-Film vom französischen Regisseur Vincent Moon, der bereits mit Arcade Fire, REM und Beirut gedreht hat. Der Streifen „Children of Tam“ wurde im Februar in Frankreich präsentiert, mit etwas Glück (oder Nachdruck seitens des Publikums?) könnte er auch bald in den heimischen Programmkinos landen. Die Band selbst leider nicht, die ist ab Mitte März in Brüssel, Berlin, Düsseldorf und Paris, ehe sie wieder durch die USA tourt.

Was uns bleibt, ist die neue Platte, die einfach nur großartig ist. In den zehn Songs öffnet sich ein buntes Universum an Sounds, das man wieder und wieder hören will. Wenn Sie sich in diesem Monat nur ein Album leisten wollen und Sie keine Angst vor “World Music” haben, dann sollte es dieses sein!

  WILD BEASTS: “Last night all my dreams came true”. Domino Records VÖ 16. 2.

Nach 15 Jahren wollen es die vier Biester aus Kendal angeblich sein lassen, im Februar waren sie noch mit einer “Last show” in UK auf der Bühne zu erleben. Zum Abschied (er möge in welcher Form auch immer nicht für ewig sein) legen sie jedenfalls noch mal ein großes poppiges Quasi-Best-of-Album vor, das an zwei Tagen in den legendären RAK-Studios eingespielt wurde.

Wie immer bläst einem die Stimme von Bandleader Hayden die Nackenhaare in die Höhe. Und dass diese Band nicht sowieso viel größer wurde als die komischen Jungs von U2 gehört zu den großen Ungerechtigkeiten dieser Welt.

Das Album ist nicht geprägt von Untergangsstimmungen oder Abschiedsklagen, sondern vereint noch einmal die seltsame und originelle Mischung an Sounds, die dafür gesorgt hat, dass die Wild Beasts Zeit ihrer Karriere konsequent zwischen allen Stühlen Platz genommen haben. Danke!


HANNAH EPPERSON: “Slowdown”. Februar 2018

Die Kanadierin mit Wahlheimat USA ist in Wahrheit im Tourbus zuhause. Und trotzdem haben wir sie leider bisher immer verpasst. Wenn es Ihnen auch so geht: Keine Bange, im Mai kommt sie wieder in unsere Nähe. Und diesmal sind wir aber ganz sicher dort! Warum sich das auszahlt, zeigt das neue Album sehr eindrucksvoll. Die Frau hat eine Stimme, die innerhalb von Sekundenbruchteilen Herzen zerreißen kann, sich von zart in bestimmt wandelt, die unangenehme Wahrheiten auf wundersam poetische Art transportiert. Dazu kommen Streicher, viel mehr braucht es gar nicht, um für Glückseligkeit zu sorgen. Wie wir schon anhand der letzten Platte “Upsweep” feststellten: “Nichts für Härtlinge, aber ein Pflichtprogramm für Freunde der sanfteren Klänge.” Wer gerne mehr über die mysteriösen Charakter Amelia, Iris und Skyler erfahren will, die in Eppersons Musik auftauchen, liest am besten dort noch einmal nach. Und auch das darf man hier wiederholen: Man kann Mrs. Epperson sehr sehr gut auf Instagram folgen, wo sie uns hinter die Kulissen des Tourlebens schauen lässt.

Hinschauen:
28. Mai, Graz, die Scherbe
29. Mai, Wien, Rhiz
30. Mai, Feldkirch, Theater am Saumarkt

Foto: Elissa Crowe

BRETT: “Wutkitsch”. Chimperator Productions VÖ 23. 2. 2018

Wem Wanda schon gehörig auf den Keks geht, wer aber zugleich auf hinterfotzige deutschsprachige Texte in grellgrauem Gitarrensound nach wie vor Wert legt, der oder die ist hier goldrichtig. BRETT, das sind vier Jungs mit Wahlheimat Hamburg, die völlig unpeinlich über Liebe und Krieg, den Olymp, den Himalaya und sogar über Bono singen und spielen können, dass es nur so eine Freude ist.

Die vier haben mit der “Hebebbühne” sogar ihr eigenes Indie-Kulturzentrum in HH gebastelt – und noch wichtiger: es ist ihnen gelungen, mit Franz Plasa eine Legende des deutschen Produzentenwesens für sich zu gewinnen. Von ihm stammt angeblich auch der Bandname. Und der passt schon. Denn Brett klingen zumindest ansatzweise wirklich wie ein ungehobeltes Stück Hartholz.

Von Neo-Krautrock stammeln da manche, von  Lindenberg als Urahn und so. Ist doch Quatsch mit Soße. Bauch raus, Arschbacken locker machen und einfach rein mit dem Wutkitsch ins Hirn. Weil wir aber schon bei Bezügen zu österreichischen Indie-Kommerzbands waren, der Song “Autotune” darf schon als Hommage an Bilderbuch durchgehen oder? Jedenfalls ist dies die perfekte Platte für die Lederjackenfraktion, die auch gegen ein bisschen Intellekt nichts einzuwenden hat. Prädikat: Lässig statt lästig!

 

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