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Tonträger des Monats Juni / Ö

JUNE IN OCTOBER: “My Feet on Solid Ground“ Session Work Records, VÖ 4. 6. 2021

June in October ist die vielleicht spannendste Platte aus Österreich zu verdanken, die ihr in diesem Juni hören werdet – und die ihr im Oktober immer noch lieben werdet. Das liegt daran, dass hier Pop mit Klassik (und ein bisserl Jazz) verschmilzt und so etwas wie Kammermusik vom Feinsten entsteht. Wird man nicht im überfüllten Stadtpark mit Bluetooth-Boxen abspielen, aber schön wärs eigentlich. June in October, das ist ein Quartett rund um Kontrabassistin und Komponistin Judith Ferstl, die ihr “Handwerk” nicht nur gelernt, sondern auch studiert hat. Dazu gesellt sich Lucia Leena (Lucia Karning) mit Stimme und Analog-Synthesizer, Florian Sighartner mit der Violine und Carles Muñoz Camarero mit seinem Cello.

Die vier präsentieren auf ihrem Debutalbum 11 Songs, die dich verzaubern werden, die aber auch Aufmerksamkeit einfordern. Also definitiv nichts für den Stadtpark, aber zum Beispiel fürs Porgy & Bess, wo die vier am 13. Juni auftreten werden. Wiener*innen und andere: Das ist eure Chance auf ein frühes Highlight des Jahres.

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LAMILA: „Withered Dream“, Seayou Records, VÖ 28.5.

Gleich noch ein Debut. Und was für eines. Camilla Thurner, das sei vorweg gesagt, hat eine wunderbare Stimme. Gemeinsam mit dem Gitarristen Alexander Hoffmann und der Kontrabassistin Ines Fuchs macht sie dann auch hinreißenden Indie-Folk-Pop, der auch den alten Haudegen von Simon und Garfunkel die Tränen der Rührung über die faltigen Backerln jagen würde. Auch da ist eine Dosis Jazz an Bord. Das Ergebnis ist aber anders als bei June in October deutlich mehr POP. Die Freunde von Backwood aus Hartberg könnten sich Lamila mal auf den Wunschzettel schreiben, würde hervorragend ins Programm passen. Ach ja, was gibt es eigentlich auf “Withered Dream” zu hören? Erinnerungen an die Kindheit, an die erste Liebe, an die Natur, an alte Filme und an Träume, die noch alle Optionen offenlassen. Es ist ein Retro-Folk-Album, aber: Schon lange war es nicht mehr so cool, ein Hippie zu sein… 

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EUGENE DELTA: “Calm Down, It’s Over”, Werk Music, VÖ 28. 5.

Wir sind hier wirklich immer auf der Suche nach Neuem, bester Beweis: Das ist das dritte Debüt in Langform. Eugene Delta heißt bürgerlich Emanuel Donner und könnte Eingeweihten spätestens bei Gin Ga aufgefallen sein. Seit 2017 arbeitet er als Eugene Delta und hat sich für das erste große Album mit etlichen spannenden Leuten umgeben, als da wären die perfekt platzierten Bläser von Federspiel, Florian Nemeth an den Drums sowie die Vocals von Patricia Ziegler (Bitten By) und Anna-Laura Schreilechner. Stilistisch reicht die Platte von Singersongwriter-Sounds bis zu hymnischem Pop. Inhaltlich geht es ums Ende. Eine kleine Affäre, aber auch der Planet, ein Traum, alles hat bekanntlich ein Ende. Nach dreizehn Songs hat auch die Platte ein Ende, aber ganz ehrlich: wir haben sofort wieder von vorne begonnen. Eine superschöne Sache!

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PATIRI PATAU: „Für immer Swoboda“, Seidenpapier, VÖ: 18. 6. 21

Noch ein Debut. Und zwar eines, das unheimlich viel Spaß macht. Weil es auf eine sehr entspannte Art Wiener Charme mit leicht angeschimmelter Poesie verbindet, weil es beglückend spontan ist und gar nicht den Anspruch hat, da jetzt neue Qualitätsmaßstäbe zu schaffen. So hat man in den frühen 80ern geklungen, weil man nicht besser konnte. Heute kann man natürlich ganz anders und gerade deswegen: Ah, yes!

Der Youtube-Algorithmus spielt danach Helge Schneider und da liegt er gar nicht schlecht. Voodoo Jürgens wäre auch passend gewesen. Punkig, rockig, aber auf Wienerisch. Weinbrand statt Gin Tonic. Donaukanal statt Riviera. Herzerfrischend.

Anspieltipp: “Eine Bauchtasche voller Schnaps”.

19. 6. 2021 Kramladen / Wien – Albumpräsentation
3. 7. 2021 Shakespeare / Salzburg
7. 8. 2021 Chelsea / Wien

WILLI LANDL & MICHAEL HORNEK: “Abstruse Gestalten” Wohnzimmer Records, VÖ 18. 6. 21.

Trotz einer gewissen dadaistisch-poetischen Verwandtschaft zu Patiri Patau gibt es jetzt musikalisch einen Stilwechsel um 180 Grad. Willi Landl ist Sänger, Songwriter, man könnte aber auch sagen: Chansonnier. Er hat Witz und er hat Stil. Mit Michael Hornek geht es in eine Richtung, die nicht mehr oft bespielt wird. Stimme und Klavier. Sonst nichts. Käseigel werden angeschmachtet, die Selbstironie ist nie weit weg. Aber immer ist da auch Grandezza. Immerhin ist Landl eine fixe Größe und Hornek spielt z. B. bei Klaus Doldingers Passport.

Eine Platte, die völlig aus dem Rahmen fällt, die auf eine sehr eigensinnige Art Poesie atmet. Mit deutschsprachigen Texten, die an die große Schule des Herrn Kreisler erinnern. Was etwa das “Rachelied für den allgemeinen Gebrauch” sehr nachdrücklich beweist.

Live sollte es das Werk auch bald geben. Nämlich am 18. 6. im Wiener Türkenschanzpark, am 25. 6. in Gallneukirchen, im September in Steyr und in Graz.

 

 

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