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Tonträger des Monats Juni / INT

POM POM SQUAD:  “Death Of A Cheerleader”, City Slang VÖ 25. 6. 2021

Mein lieber Seppl, die Dame gibt aber ordentlich Stoff. Mia Berrin aus Brooklyn ist gerade mal 21 Jahre alt, aber schon seit geraumer Zeit in NY sehr aktiv. Als Inspirationsquellen nennt die PR-Abteilung die einst von uns so verehrten Hole, die genialen Babes in Toyland, Grunge an sich, Riot Girls sowieso, Filme von John Waters. Das Album tut nur auf den ersten Blick auf indiepoppig und/oder unschuldig, es ist in Wahrheit aber ein kräftiges gesellschaftspolitisches Statement. Es geht Mia Berrin ganz entschieden um Menschen, die sind wie sie sein wollen. Queer zum Beispiel. Die auch dann respektiert werden wollen, wenn sie weder weiß, alt oder männlich sind. Eine absolute Superscheibe, mit einem Gustostückerl in Form einer trashigen “Crimson & Glover” Covernummer. Und der Onkel Kurt aus Seattle würde sich über Songs wie “Drunk Voicemail” einen Haxen ausfreuen, wenn er noch da wär. Punk is not dead. Riot-Girl-Grunge auch nicht. Prädikat: Kaufen!

Kostprobe gefällig?

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CHRIS ECKMAN: “Where the Spirit Rests”, Glitterhouse Records VÖ 4. 6. 2021

Der große amerikanische Songwriter, der seit Jahren in Ljubljana lebt, legt hier sein fünftes Soloalbum vor. Eine tiefe, überraschend raue Stimme, und Gitarre. Das muss fürs erste reichen. Später gesellen sich der Kontrabass von Ziga Golob, Eckmans langjährigem Begleiter, Synthie und Piano von Alastair McNeill, Drums von Blaz Celarec, die Violine von Catherine Graindorge hinzu. Und einige andere mehr.

Eckman selbst sagt, er habe kaum die Klampfe gespielt in den vergangenen Jahren. Er habe auch gar nicht gezielt an der Platte gearbeitet, es sei noch nicht einmal ein Projekt gewesen. Irgendwann waren dann aber an die 20 Songs fertig, sieben haben es aufs Album geschafft. Und wer schon Eckmans alte Band, die Walkabouts, geliebt oder das Werk von Leonard Cohen verehrt, ist hier bestens bedient. Es ist eine große Platte, die sich das aber nicht anmerken lässt. Eine Platte, die zeigt, dass es kaum jemanden im aktuellen Musikgeschäft gibt, der einem so schön die Gänsehaut auf den Buckel spielt. Wir freuen uns auf die nächste Tour. See you in Hartberg again, Mr. Eckman!

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C. TANGANA: “El Madrileño”, Sony Februar 2021

Wir verlassen die amerikanischen Gefilde und zischen nach Madrid. Dort ist der streitbare und auch recht streitlustige Rapper C. Tangana zuhause und der ist dafür verantwortlich, dass wir seit circa drei Monaten ohne Unterbrechung diese Platte rauf und runter hören. Eigentlich heißt er Antón Álvarez Alfaro, aber seine ersten Karriereschritte machte er unter dem Label “Crema”. Später dann: C. Tangana. Er mischt Hip Hop mit Flamenco, Latin mit Pop. Und mag zwar hierzulande weitgehend unbekannt sein, in Spanien, liebe amig@s ist er eine große Nummer, war unter anderem Headline beim Primavera.

Die Platte ist orginellerweise eine der wenigen, die durch die Pandemie nicht später, sondern früher erschien. C. Tangana sagte dazu, er hätte eigentlich einen anderen Sound im Kopf gehabt, sich dann aber dazu entschieden, diese Hymne an das Leben, Lieben und Leiden in der spanischen Hauptstadt in vierzehn Liedern vorzuziehen. Und was sollen wir sagen: Es ist die Quintessenz, die man dort erlebt. Auch wenn man hoffentlich von keinem aufgeregten Mitbewerber bei einem Konzert eine Abreibung bekommt. 100% Gato.

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LAMBCHOP: “Showtunes”, City Slang, VÖ 21. 5. 2021

Mr. Wagner ist retour. Mit acht Songs und einer neuen Gang: Ryan Olson (Gayngs, Poliça), James McNew (Yo La Tengo), Andrew Broder, CJ Camerieri, Co-Produzent Jeremy Ferguson und die Hip Hop Producer Twit One aus Köln machen diese Platte zu etwas ganz Besonderem in einem ohnehin außergewöhnlichen Werk. Die “Showtunes” sind so ziemlich genau das Gegenteil, das man unter diesem Titel erwarten könnte, sie spielen aber durchaus mit der großen Broadway Show und dem verrauchten Jazzkeller, aber immer mit der vollen Ladung Experimentierfreude. Sobald man glaubt, einen Song erfasst zu haben, kann man sich sicher sein, dass die nächste Überraschung um die Ecke kommt. Kurt Wagner hat sich noch nie viele Gedanken um die Meinungen anderer Leute gemacht und so geht es munter drüber und drunter. Weltklasse allein schon der Songtitel: “Papa was a Rolling Stone Journalist”. Cool auch die Einflüsse der Gastmusiker*innen. Das ist keine Platte für Mainstream-Fans. Sondern so was wie ein Prädikat für ausgewählten Geschmack.

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SLEAFORD MODS: “Spare Ribs”, Rough Trade VÖ 01/ 2021

Auch ein bisschen “Tory-tired“? Dann mach es wie der Kakadu von Iggy Pop. Ja, es war ein kleiner lustiger Tweet, der uns auf die Spuren dieser britischen Post-Punk-Lawine brachte. Spricht nicht unbedingt für uns, schließlich sind die beiden Herren aus Nottingham seit 2007 aktiv und waren zu Jahresbeginn anscheinend mit dem Album sogar unter den heimischen Top 30 – aber wenigstens sind wir ehrlich. Falls ihr auch zu den Unwissenden gehört, euch aber an “The Streets” von Mike Skinner erinnern könnt, dann seid ihr richtig. Flott, weitgehend unverständlich für Ösis, mit der konservativen Politik heftig übers Kreuz. “Wanker like you” halt. 14 Songs für den perfekten Pogo. Oder Kakadu-Headbangen. Je nach Gusto.

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EVOLFO: “Site Out Of Mind”, Royal Potato Family/The Orchard/MRI, VÖ 18. 6. 2021

Um den musikalischen Reigen abzuschließen, begeben wir uns in die Zeitmaschine und cruisen mit Evolfo tief in die Ära Jimmy Carter (wenn nicht noch früher). Evolfo aus Brooklyn mischen nämlich psychedelischen Rock, Garage-Sounds, Punk-Elemente und Soul. Nicht weniger als sieben junge Menschen sind hier am Werk. 2017 kam das erste Album auf den Markt und seither ist die Band in den USA zumindest ein gut gehüteter Geheimtipp. Lust auf hemmungslose Retro-Feelings? Dann hier entlang zu einem zauberhaften Video von El Oms:

 

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