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Tonträger des Monats / Ö

GRANT: “Größenwahn”, Problembär Records VÖ 29. 1. 2021

Das Wiener Quintett rund um Dima Braune hat jetzt schon das eine oder andere vorzuweisen in Sachen Veröffentlichungen, gilt aber dennoch bislang als Geheimtipp. Grant, klar der Name ist Programm, und Wien. Dazu Stefan Redelsteiner, der bei einigen der besten und populärsten heimischen (Indie-)Bands der vergangenen Jahre die Finger im Spiel hatte. Aber wichtig: Hier handelt es nicht um einen Annäherungsversuch an die berühmten Kollegen von Wanda, Bilderbuch oder sonst was, sondern um eine sehr eigene Mischung aus Britpop und dem Wienerlied. Das gipfelt in einem Satz: “Mein Lebenszweck, ich hau mich weg”. Die Band ist auch politischer als andere, fast schon legendär die Aussage von Dima Braune über innere Geister: “Waldheim ist wie der Teufel persönlich, der aus mir spricht. Cohen so etwas wie mein Schutzengel. Beide wollen mich leiten. Auf beide höre ich.” Vierzehn Songs, die man einfach mal unaufgeregt hören sollte. Ein angenehm widerborstiges Album, das womöglich genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. Grant sollte man sich merken!

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PANDORAS KLEINE SCHWESTER: “Die Lieder” VÖ 1. 1. 2021

Die kleine Schwester der Pandora passt gut auf den rauen Grant aus der Großstadt. Die Band aus Graz ist mindestens eine Spur besser gelaunt als die Kollegen aus Wien. Deutschsprachig singt man dort wie da. Die bunte Partie rund um Bernd Hecke (ja, der aus dem Lokalteil der Kleinen Zeitung) hat sich im Frühjahr 2019 zusammengefunden und die ersten Songs dann bei einem Straßenfest aufgeführt. Sie selbst sehen sich als “Indie Pop”, aber das ist dann doch eine leichte Untertreibung, denn mit renommierten Gastmusikern wie Stefan Wedam (Cello), Marko Solman (Trompete) und  Oleksandr Ryndenko (Saxophon) und der Stammbesetzung Inge Zelinka-Roitner (Gesang, Violine), Bernd Hecke (Gesang, Gitarre), Erich Repe (Klavier, Akkordeon), Anton Hüttmayr (Bass) sowie David Knes (Drums) bietet man leichtfüßigen Pop bis hin zu Liedermacher-Anklängen (“Im Wolf”) und dem einen oder anderen erhebenden Ska-Moment. Der Erscheinungstermin 1. 1. ist vermutlich eine zart ironische Reaktion darauf, dass man gerade als vergleichsweise frisch formierte Band durch die Zwangspause ziemlich aus dem Konzept gerät, aber: Die Hoffnung lebt und in irgendeiner Form wird die kleine Schwester 2021 wohl in Graz zu erleben sein. Die erfreulich optimistische Platte ist einstweilen weit mehr als ein Trost.

PS: Kompliment, bestes Rezensionsexemplar ever. Der Download-Code in der Zuckerldose. Siehe Bildbeweis oben.

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MATTHIAS FORENBACHER: “dogs. 15 noirs”, Pumpkin Records VÖ 5. 2. 2021

Kommen wir damit zu experimentelleren Feldern der Popkultur. Matthias Forenbacher, hier wahrlich kein Unbekannter, hat sich ein Lied vorgenommen. Ja, genau eines. “Ein Hund kam in die Küche” modifiziert er satte fünfzehn Mal. Zwischen 0:41 bis 2:09 Minuten dauern diese Annäherungen an einen Klassiker des heimischen Liedguts, gesungen wird dabei übrigens nicht. Dafür spielen Gitarren, Banjos und vor allem Loops eine große Rolle. Ebenso wie das Kopfkino, heißen die Songs doch “trembling dog at midnight”, “techno dog” oder “with bud and terence in hong kong”. Das wird kein Massenprogramm, so viel ist klar. Aber bei allem zuweilen ganz schön seltsamen Geschrummel und Gesurre macht es sogar gehörig Spaß. Mut kann man sich nicht kaufen. Die CD schon.

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CLEMENS DENK: “Reserviert”, Cut Surface

Die Scheibe ist schon etwas länger erhältlich, aber jetzt passt es gerade so gut. Es geht nämlich immer noch ein bisschen abgedrehter und da haut Clemens Denk mit 44 (!) Songs ordentlich auf den Putz. Die Länge der Tracks liegt in etwa beim Material vom Kollegen Forenbacher, wenn man vom Start mit 4:01 absieht, gibt es lauter kurze Geschichten – im wahrsten Sinne des Wortes. “Dieser Ort ist ein Schlachthaus aus Zucker, überall tote Schokoladehasen”. In der Welt von Clemens Denk brodelt die Chemie, der Finger rührt die Suppe um und am Ende gibt es Ruhm und Ehre. Rauschende Gitarren, Feedbacks, Mundharmonika, alles mögliche andere zum Trommeln und Lärm machen. Kann man schwer so nebenbei hören. Und ist wahrscheinlich für die meisten auch zu viel, zu schräg, zu seltsam. Aber den Mainstream wollte Clemens Denk damit eh nicht anpeilen. Wir mögen es. Manchmal.

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PETER CORNELIUS: “Tageslicht”, Reif für die Insel, VÖ 29. 1. 2021

Am Tag der Veröffentlichung feierte Peter Cornelius seinen 70er. Die Älteren unter uns erinnern sich an den einen oder anderen Chart-Erfolg, der Cornelius nicht zuletzt auch in Deutschland zeitweise zur großen Nummer machte. “Reif, reif, reif, reif für die Insel…” Doch sonst spielte sich das Schaffen des Wieners eher außerhalb der “Hitparade” ab. Er wurde hierzulande gern in die “Liedermacher”-Ecke gesteckt, dabei blieben aber viele Facetten unterbelichtet, wie man etwa an der Zusammenarbeit mit Michel Cretu erkennt. Das Interessante an Peter Cornelius ist, dass er sich ziemlich wenig um das scherte, was die Kritik so hören und sehen wollte, dass er eine Zeitlang sehr erfolgreich war damit (Song Contest Teilnahme für Deutschland, Grammy Nominierung) und dann auch wieder nicht, dass er sich dabei aber nie verbiegen ließ. Und vor allem: dass diese Stimme immer noch einen ganz eigenen Reiz hat. Um die lange Geschichte Revue passieren zu lassen, gibt es nun ein Doppelalbum mit 24 Songs. Scheibe 1 flotter, Scheibe 2 ruhiger. Das eine oder andere wurde noch mal kräftig überarbeitet. Und die Reihenfolge ist keineswegs zufällig gewählt. Man muss das alles nicht cool finden, aber eigentlich ist es ganz unironisch eine schöne Platte ohne jedes Schielen auf Trends.

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