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Haubentaucher des Monats

Haubentaucher des Monats Dezember

Der Fachbeirat aus der Steiermark. Fördert nur, was er kennt. Neu mit Update!

Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, dass das Leben für Künstler*innen und Kulturschaffende generell nicht easy ist – von einigen Ausnahmen aus der Bestsellerecke der Populärkultur mal abgesehen. Der Covidl hat die Sache nicht besser gemacht. Kaum bis gar keine Auftritte heißt: Keine Kohle. Wenn die Buchhandlungen, Plattengeschäfte etc. zu sind, landet das bisschen Geld, das Herr und Frau Österreicher für Kunst und Kultur ausgeben, dann auch noch im Kaufhaus Österreich bei Amazon, bei Apple oder sonst wo. Jedenfalls nicht bei den Urheber*innen.

Aber damit es sich dann doch irgendwie ausgeht und unser Land eine Kulturnation bleibt, gibt es ja auch so was wie Förderungen. Das gefällt zwar Parteien wie der FPÖ traditionellerweise nicht (“Staatskünstler!”), aber die sind gerade eh recht weit weg von den Geldtöpfen. Also: Einreichen, speziell wenn man jung ist oder in einer künstlerischen Nische tätig ist. Und dann wenigstens ein bisschen Unterstützung erfahren.

Ha, aber ganz so einfach mag man es den Bittsteller*innen natürlich nicht machen. Vor allem nicht in der Steiermark, wo die Zeiten von Hanns Koren, Emil Breisach und co. echt schon lange vorbei sind. In der Gegenwart gibt es zum ersten eine “Förderungsrichtlinie für Publikationen (Druckkosten-, Tonträger- und Produktionskostenzuschüsse)” des Landes Steiermark, die ganz schön viele Punkte auflistet, die man zu erbringen hat. Und dann gibt es einen einigermaßen sagenumwobenen Fachbeirat. Von dem ist zwar in der “Richtlinie” vom August 2020 mehrfach die Rede, man findet aber sonst eigentlich nichts dazu auf der Seite des Landes.

Ein Hinweis aus dem Café Wolf und der geübte Umgang mit Google halfen dann aber doch. Wir haben den Beirat für Musik, Musiktheater und Klangkunst gefunden. Und möchten bei diesem zart nachfragen. Wie das zum Beispiel gemeint ist, wenn da zu lesen ist: “Ein besonderer Schwerpunkt der Förderung ist die Unterstützung des künstlerischen Nachwuchses für die erste umfassende Publikation (Debütförderung).”

Das klingt so, als könne man sich auch dann bzw. gerade dann Chancen ausrechnen, wenn man noch nicht reich und berühmt ist. Nur: Wie ist es dann zu erklären, wenn ein sinnvolles neuartiges und dem Netzwerkgedanken verpflichtetes Projekt wie der Sampler aus dem Café Wolf folgende Absage erhält (die Tippfehler des Originals haben wir belassen):

„Künstlerisch stellt sich der vorgelegte Sampler sehr divers da, die vertretenen Bands sind größtensteils unbekannt und dem semiprofessionellen Bereich zuzuordnen. Der Fachbeirat sieht für die vorgelegte Auswahl keinen sinnvollen Vermarktungs-und Vertriebsweg und empfiehlt daher keine Förderung.“

Ja klar, es ist natürlich besser, wenn eine Platte möglichst einheitlich klingt, die Bandmitglieder alle Vollprofis sind und sich das Ding auch verkauft wie warme Semmeln. Also in etwa wie eine Kombination von STS, Opus und Stefanie Werger – oder wie noch böserere Zungen auf Facebook meinten: Der VolksTollenLocker mit seiner neuen Weihnachtsplatte.

Nur zur Erinnerung: Es geht um die Förderung dessen, was eben nicht a priori super läuft am Markt, sonst bräuchte man es ja nicht zu unterstützen. Und wenn man beispielsweise verdiente Leute wie Lothar Lässer, Robert Lepenik, Anna Anderluh oder Bernhard Lang nicht kennt, dann stellt sich halt auch die Frage, wie weit es mit der Expertise außerhalb des eigenen Schaffensbereiches ist.

Wir reden übrigens nicht von Unsummen, sondern von ein paar hübsch gebügelten Hunderten (die Leute mit ihrem Sampler wollten gerade mal 1.500 EURO) in einer Zeit, in der die Regierung Millionen rausbläst für überteuert eingekaufte Tests, die Wirtschaftskammer ein völlig daneben gegangenes Internet-Kaufhaus hochzieht oder diverse Politiker*innen immer noch von Gondeln träumen.

Vielleicht liegt die einzige Chance ja nicht nur für Bergbauern, sondern auch für Künstler*innen wirklich darin, einen auf Wutbürger zu machen und dann auf Spendensuche zu gehen. Traurig eigentlich…

Update: Anfang Jänner sagte der Kulturlandesrat zu, das Projekt (dennoch) zu fördern. Ende gut, alles gut.

Symbolbild: Die vier weisen Affen. Von Bildforyou7 – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

4 Antworten auf „Haubentaucher des Monats Dezember“

danke lieber haubentaucher… uns vom café wolf tut es in diesem kontext leid für die künstler*innen, welche hier vom fachbeirat als unbekannt und semiprofessionell bezeichnet werden… dazu zählen neben den genannten und vielen anderen auch petra und der wolf, bernhard schnur oder der fredl von bulbul. wenn man schon selbst diese jeweiligen szenengrößen nicht kennt, hälfe zum beispiel googeln… apropos googeln: der fachbeirat lässt sich selbst auch ergoogeln … apropos unbekannt … das kann sich für den einen oder anderen liebenswerten dilettanten des samplers künftig noch zum besseren entwickeln… gestern etwa wurde der sampler-beitrag der babelkinder in heartbeat auf fm4 gespielt und heute hat die bereits von dir erwähnte anna anderluh ihr neuestes video publikumswirksam auf der seite einer größeren wochenzeitung online präsentiert… und der fritz ostermayer bekommt vielleicht sogar einmal eine eigene radiosendung in der er sich dann selbst promoten kann. wer weiß. bis dahin nutzen wir einfach den kostenlosen werbeeffekt dieser diskussion und freuen uns auf die kommenden konzerte und weitere sampler.

Der erwähnte Fachbeirat (Land STMK – Kultur) fällt auch durch absonderliche Aussagen bezüglich der gestellten Anträge auf (neben einem fast als unmöglich zu bezeichnenden bürokratischen Aufwand bei der Antragstellung). So wird die Existenz eines Vertriebsvertrages, den ein Grazer Label nach jahrelanger Eigenbrötlerei auf Schiene bringen konnte, vom Land Steiermark ‘kritisch’ gesehen. Wie wenn nicht mit einem Vertrieb soll man seine Musik denn sonst unter die Leute bringen? WTF!

zumal ja sogar in den Richtlinien gefordert wird, dass man sich um einen entsprechenden Vertrieb kümmern muss. Irgendwie etwas unausgewogen in seinem Urteil der strenge Beirat…

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