CAT POWER: “Wanderer”, Domino Records / Goodtogo, Oktober 2018
Die große Chan Marshall ist wieder da (sie war eh nie weit weg) und ihr neues Album tanzt Tango in unserem Gehörgang. Eine Stimme wie ein Kontinent, dazu mittlerweile eine Lässigkeit, die sagenhaft ist. Da stellt man sich dann auch einfach hin und haut eine Cover-Version eines Rihanna-Songs raus, dass es selbst dem Kommerzpublikum die Sprache verschlägt.
“Wanderer”, immerhin bereits ihr zehntes Studio-Album, ist Cat Power pur, aber doch anders. Nicht fröhlich, das wäre dann doch übertrieben, aber schon irgendwie hoffnungsvoll. Produziert hat sie das Teil auch selbst, gemixt hat Rob Schnapf. Bei “Woman” darf auch Lana del Rey mitmachen, generell hat Cat Power diesmal sehr vernetzt gearbeitet.
Das Ergebnis: 11 Songs für die Ewigkeit. Eine Platte, die man ganz fest liebhaben muss.
IAN FISHER: “Idle Hands”, 2018
Ian Fisher ist ein interessanter Kerl. Eigentlich Amerikaner (aus einem Kaff in Missouri), aber das würde man kaum vermuten. Musikalisch ein Kind der 1970er, aber dafür ist nicht die eigene Biographie verantwortlich, sondern des Vaters Plattenkiste. Und dann ist da eine sehr intensive Beziehung zu Wien, die Fisher über Jahre in der österreichischen Hauptstadt hielt.
“Idle Hands” ist ein poetisches Album, eingespielt mit einer Band, die Ian über Wochen auf Tour begleitet hat. Auf seiner Website sagt er, er habe bereits über 1000 Songs geschrieben und annähernd so viele Konzerte gespielt – und die so gewonnene Souveränität hört man auf diesem Album wesentlich deutlich als auf dem Vorgänger “Nero”.
“Learning patience”, so sing er in “Tables turn” und darum geht es wohl wirklich beim Erwachsenwerden. So gesehen ein klassisches reifes und dabei sehr vielfältiges Album mit dem einen oder anderen erstaunlichen Sound. Und wer Ian Fisher schon live gesehen hat (in Hartberg etwa vor ein paar Jahren!), der wird sich auch schon auf die anstehenden Konzerte freuen. Das erste davon in Österreich steigt am 19. Oktober im Haus der Musik in Wien.
SVAVAR KNUTUR: “Ahoy! Side A”, September 2018
Das ganze wird ein Doppelalbum, wir haben erst mal “nur” die A-Seite bekommen. Und die hat es in sich. Der Mann, der vielleicht ein bisschen sehr deutlich nach Island und verschroben aussieht, ist ein großartiger Musiker mit einer fantastischen Stimme. Lassen Sie sich also nicht täuschen und hören Sie mal rein.
Die nordischen Bezüge checkt man relativ schnell, ansonsten aber: Klassischer Pop mit Gänsehaut-Garantie. Hey und er singt wirklich isländisch. So schön wie der Name des Künstlers. So weit wie das Meer. Und so unverzichtbar wie die Zitrone auf dem Lachsbrötchen. Der Mann, der sich selbst “saftig” nennt und ungemein charmant über die Vorzüge der Österreicher und Deutschen sprechen kann, ist auch live ein Erlebnis. Am 2. 10. in Wien und am 3. in Innsbruck. Schwerstens empfohlen. Weil: Zauberhaft!
WHITE DENIM: “Performance”, City Slang August 2018
Klassische Rockband aus Austin, Texas. Soweit so erwartbar. Aber White Denim sind etwas ganz Besonderes. Sie werden als eine der besten Live-Bands der Gegenwart gehandelt und – so sagt man – füllen im angloamerikanischen Raum durchaus richtig richtig große Locations mühelos. Klesch, bumm! Diese Performance ist die eines Dampfzuges (Rock’n’Roll Train?), der gerade mit High Speed durch die Pampa brettert. Und auch wenn White Denim die Innovation nicht sucht und lieber durch die Rockgeschichte streunt, so ist die Platte doch zutiefst eigen und eigenständig. Und erinnert viel weniger an Retro als man vielleicht vermuten würde. Feinste Rockisten-Sache, “it might get dark”, wie es in einem ihrer Songs heißt. Klesch. Bumm.
MOOREA MASA & The Mood: “Shine a Light”, STEM/Self Release, Oktober 2018
Was für ein Debut! Was für eine Stimme, was für ein Soul. Moorea Masa kommt aus Portland / Oregon. Der Papa ist Italiener, die Mama Afroamerikanerin. Best of both worlds? Naja, sehr klischeehaft, aber vielleicht doch. Seit sie 15 Jahre alt ist, macht sie Musik und tritt mehr oder weniger incognito in Clubs der heimlichen US-Musikhauptstadt auf. Manchmal ist es mühsam, sich Monat für Monat durch unzählige Platten und Downloads zu wühlen. Aber wenn einem dann so ein Juwel unterkommt, weiß man: Es hat alles sein Sinn. Und jetzt seid ihr dran: Kauft, ladet runter und geht hin. Denn die wunderbare Moorea kommt auch in unsere Nähe. 24. 10. Frastanz (A), 26. 10. Bruneck (I), 1. 11. Bar Gabanyi in München, 2. 11. Spielraum in Innsbruck und dann Bern, Berlin und Hamburg. Wien und Graz müssen anscheinend noch warten. Zum Trost gibts hier noch was Feines zu sehen:
BIKINI BEACH: “Vol. 4” Undressed Records, September 2018
Bikini Beach? Nie gehört? Das sollte sich jetzt aber flott ändern. Die drei jungen Menschen aus Konstanz machen unbeirrt von allen Weltgeschehnissen geradlinigsten Lo-Fi Garagenrock. Entsprechend heißt ihr bevorzugter Aufenthaltsort auch “Garage Love Studio”.
Diesmal allerdings wurde ein Label aus Leipzig auf BB aufmerksam und das könnte noch mal einen Schub in Richtung überregionaler Bedeutung mit sich bringen. Fleißig sind Bikini Beach nämlich sowieso, trotz der kurzen Bandgeschichte (gegründet 2013) gibt es bereits vier Alben (ha, richtig erkannt!) und weit mehr als 100 Konzerte.
Wie das klingt? Nach “Straight in the face” und Pogo im Explosiv oder in der Arena. Nach Schweiß, Bier und Stagediving. Und genauso soll es sein! Demnächst auf Tour durch Germany. Hoffentlich bald auch bei uns…
YUSUF SAHILLI: “Atoms & The Void”, Musszo Records / Kontor New Media, September 2018
Noch einer, den man hierzulande vielleicht noch nicht kennt – aber dafür gibt es ja unser liebes Musikportal Haubentaucher. Yusuf Sahilli also? Ein Berliner. Die PR-Agentur sagt: “Multi-Instrumentalist / Metropolitan Indie Pop / Nu Folk / Global Pop Singer-Songwriter”.
Okay, das macht es jetzt nicht unbedingt einfacher. Yusuf Sahilli klingt nach einer fein austarierten Mischung aus Blues und Pop. Nach ein klitzeklein wenig World Music. Und vor allem nach Musik für alle Lebenslagen. Starke Stimme, solider Sound. Und immer wieder überraschend. Perfekt für alle, die endlich wieder neue Wege gehen wollen.
Foto: Tim Timoteus.