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Musik

Tonträger des Monats Oktober / Ö

SCHMIEDS PULS: “Manic Acid Love”, CD/ digital /LP, Play Dead Records Oktober 2018

Kaum eine weibliche Stimme in Österreich hat in den vergangenen zwei Jahren mehr (indie-mediales) Echo bekommen als Mira Lu Kovacs, sei es mit 5K HD oder mit Schmieds Puls.

Ihr Gesang ist in der Tat einzigartig und Kovacs arbeitet gerade mit Schmieds Puls intensiv daran, eine zugleich intime und doch mitreißende Stimmung zu erzeugen, die man nicht wieder vergisst. Das funktioniert auf “Manic Acid Love” eindrucksvoll und am Ende ist es egal, ob man das jazzig nennen will oder Indie-Pop.

Die Texte sind Kovacs so wichtig, dass sie dem digitalen Package als PDF beiliegen – und das zurecht. Das sind nicht einfach “Lyrics”, das ist Lyrik, die man sich auch in Buchform gut vorstellen kann. Die ZuhörerInnen erwartet eine emotionale Achterbahnfahrt, die am stärksten wird, wenn das Trio sich aus der Deckung begibt und zornigere Töne anschlägt. Wer bisher gedacht hat, er käme an dieser Band vorbei, hat sich getäuscht.

Die Platte gehört in jeden heimischen Haushalt, der auf Kommerzradio verzichten will. Spezialtipp: Die Band aus Wien tourt mit ihrer neuen Platte ab sofort durch die Lande. Am 10. 10. sind die drei in Linz, danach in Bludenz, Salzburg, Graz (18. 10., Orpheum), Innsbruck, Krems und am 25. 10. im WUK in Wien. Fünfeinhalb von fünf Sternen!

DERO & KLUMZY: “For the Record”, Tiefparterre Records Oktober 2018

Das britisch-steirische Duo zeigt mit der neuen Platte auf dem hauseigenen Label gewaltig auf. Und zwar auf eine Art, die wir in Zeiten wie diesen gar nicht so erwartet hätten. Das ist nicht der vordergründig grummelig gelaunte Hiphop, sondern das sind Zeilen und soulig angelegte Rap-Sounds, die man nachwirken lassen darf und die man echt hundertmal hören kann und sie sind immer noch super.

Die Grundstimmung: Optimismus, wie man auch in unserem Exklusiv-Interview zum neuen Album nachlesen kann. “Still Spinning”, “Roadrunner”, “Money speaks”, da folgt eine Weltklasse-Nummer auf die andere. Diesmal haben die beiden nicht jeden Track zu einem Video gemacht, aber das Kopfkino funktioniert ohnehin noch immer am besten.

Vorsicht: Höchste Suchtgefahr. 
Am besten auch live infizieren. Zum Beispiel am 20. Oktober in der Postgarage in Graz.

NABIL: “Relocated”, September 2018

Hallo? Ist das jetzt der österreichische Tom Waits? Naja, net wirklich. Aber eine interessante Persönlichkeit ist es jedenfalls, die sich da dezent unter dem Namen “Nabil” versteckt. Alfred Goubran, Autor und Komponist mit österreichischen und ägyptischen Wurzeln, war unter anderem Gründer und Leiter des Verlags edition selene.

Seit 2010 musiziert er unter dem Label Nabil, in etwa alle zwei Jahre gibt es eine Platte. Und diese da ist besonders schön. Dabei kennt man eigentlich fast alle Nummern. Cover-Versions und Neuinterpretationen von Klassikern wie “The Port of Amsterdam” oder “Delia” stehen auf dem Programm. Dazu gibt es eine düstere Stimme, die wie oben erwähnt, an Mr. Waits ebenso erinnert wie an die gesammelte Geschichte des Blues. Und das alles sehr überzeugend, wenn nicht sogar ausgesprochen lässig.

Eine Platte wie eine durchzechte Nacht voller Anekdoten, schrägen Begegnungen und enttäuschter Liebe. Live gibt es das ganze demnächst mit Verstärkung der beiden hochgeschätzten Herren Hannes Wirth und Stephan Stanzel von A Life, A Song, A Cigarette. Prädikat: Yeah!

JUGO ÜRDENS: “Yugo”, Futuresfuture Oktober 2018

Den jungen Mann, der aus Mazedonien stammt, und in Wien groß geworden ist, haben wir hier bereits das eine oder andere Mal abgefeiert. Mittlerweile hat es Jugo sogar zum Cover-Model der Standard-Wochenend-Ausgabe gebracht. Wirklich wichtig aber: Endlich ist das erste Album da. Inklusive Dank an die Mama fürs gute Aussehen. Mit seinem Kumpel EINFACHSO ist Jugo der interessanteste heimische Beitrag zum Rap. Und man sollte nicht nur dem unwiderstehlichen Flow folgen, sondern auch die Texte checken. Denn Jugo ist nicht einfach fesch und talentiert, er hat auch richtig was in der Birne.

Passkontrollen. Die ersten strangen Konsequenzen seines kleines Austro-Hypes. Alltag in Wien. Die Arbeitslosigkeit eines Vaters. Dazu die wunderbare Hommage an den Yugo, dieses vierrädrige Klischee. Jugo ist nachdenklicher geworden, ernster, meinetwegen auch erwachsener. Ohne ständig auf dicke Hose machen zu müssen. Steht ihm außerordentlich gut. Und daher: Mann, ist das eine Hammer-Platte!

DOOMINA: “Orenda”, CD/ digital / 2LP, noise appeal records Oktober 2018

Stilwechsel. Das Quartett mit dem vielsagenden Namen (remember: Doom-Metal!?) stammt aus Klagenfurt, ist mittlerweile laut Selbstbeschreibung aber überall und nirgends zuhause. Eine Bühne mit reichlich Stromanschluss reicht auch zum Glücklichsein. Gegründet 2006, widmet man sich heute dem Post-Rock (was immer das auch konkret heißen mag). Es macht jedenfalls immer noch Doom, Doom – und das ist gut so! Solider Beuschl-Sound mit tonnenschweren Gitarren. Instrumental. Perfekt zum Mitgrölen. Waaaaaaaaaaaaaaaaaaah! Und da darf eine Nummer dann auch länger dauern als die format-radiotauglichen 3 Minuten. Doomina pfeift auf Mainstream, hat sich über die Jahre ohnehin eine treue Fangemeinde erarbeitet. Und tourt ab Ende Oktober durch Ö. 29. 10. Chelsea in Wien, 1. 11. im club wakuum in Graz und am 3. 11 beim Heimspiel im VolXhaus in Klafu. Da gibts ordentlich was auf die Ohrwascheln!


 

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