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Musik

Tonträger des Monats

The Jeffrey Lee Pierce Sessions Project: “Axels and Sockets”, Glitterhouse Mai 2014

JLP war, falls das irgendwer hier nicht (mehr) weiß, der Kopf hinter der unglaublich geschmeidigen Band Gun Club und ein wirklich Großer seiner Zunft. Das ist auch an dieser Compilation ablesbar, die Leute wie Nick Cave, einmal im Duo mit Debbie Harry und einmal mit Iggy Pop, des weiteren Thurston Moore, die deutsche Senkrechtstarterin Andrea Schroeder, Lydia Lunch oder Mark Lanegan vereint. Der 1996 verstorbene Pierce hinterließ eine Reihe von Demo-Aufnahmen und Song-Skizzen, die hier vollendet werden – und zwar als insgesamt bereits dritte Veröffentlichung dieser Reihe. Musikalisch höchst spannend und vor allem: Ein echtes Sammlerstück, das gilt nicht zuletzt für die Doppel-LP auf Vinyl.

Mile Me Deaf: “Holography”, Siluh 2014

Als “Grungy chillwave band” bezeichnet sich die Wiener Kapelle selbst. An anderer Stelle findet man auch die Selbstzuschreibung “noisy pop band”. Passt beides. Bandleader (darf man das so sagen?) Wolfgang Möstl ist einer, dem die Wirklichkeit gestohlen bleiben kann, und so widmet er dieses neue Album einer Reihe von mehr oder weniger fiktionalen Figuren der Pop-Kultur von Syd Barrett über ET bis zu Katey Sagal, die als Ehefrau von Al Bundy TV-Geschichte schrieb. Nachzulesen ist diese kommentierte Zusammenstellung auf der Website der Band. Wichtiger als dieser eher post-theoretische Zugang ist aber die praktische Frage: Was kann die Platte? In erster Linie scheppert sie höchst erfreulich von links nach rechts aus den Boxen. Sehr geräuschvoller Pop von internationalem Format, aber schon eher aus der abgedrehten Ecke, das muss man dem Ö3-Publikum hier gleich warnend entgegen halten. Und zwischendurch röhren die Gitarren, das selbst die Herren von QOTSA ihre Freude hätten. In Summe eine herzerfrischende Scheiß-drauf-Platte. Live am 8. Mai im Grazer Kunsthaus und am 9. im Wiener EKH. Es folgen Leipzig, Berlin und Hamburg. Das kann ausgesprochen heiter werden! www.milemedeaf.com

Scurdia: “Globalive”, Lotus Records 2014

Die Band von mehr als einem Dutzend Welt(-klasse)musikern rund um den Grazer Pianisten Markus Schirmer ist noch bunter, noch spannender geworden. Mit dem italienischen Percussionisten Toti Denaro ist ein zusätzlicher Spaßvogel an Bord, der für neue flotte Akzente sorgt, aber auch die bewährten Kräfte wie etwa der Wiener Gitarrist Mario Berger oder die niederländische Cellistin Sophie Abraham können ihre Stärken bei dieser Produktion voll ausspielen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Reisen bildet und das merkt man auch bei Scurdia. Durch einen Trip nach Kurdistan wurde die Band noch erfahrener im Umgang mit den jeweils anderen Kulturen, noch gereifter und dabei auch noch lockerer. “Globalive” schafft so taktvoll, schwungvoll und humorvoll den Bogen von der Klassik über Jacques Brel zu den kurdischen Einflüssen des kongenialen Oud-Spielers Risgar Koshnaw bis hin zu einem Klezmer-Song in der Bearbeitung von Richie Winkler. Die erwähnte Kurdistan-Reise, dokumentiert von Regisseur Günter Schilhan, ist übrigens auch für das Publikum inklusive: Als DVD im Kombipack mit der CD.

Lucy Schwartz: Timekeeper, 2014

Miss Schwartz ist erst Mitte 20, hat aber schon einige wichtige Karriereschritte im Musik-, Film- und TV-Geschäft hinter sich gebracht. Dennoch (oder vielleicht gerade deswegen?) geht sie in Sachen Vermarktung immer wieder den direkten Weg und verschenkt ihre Musik gegen Publicity. So war (oder ist?) ihr Album Timekeeper eine Zeitlang kostenlos zum Download erhältlich. Was die werte Hörschaft erwartet? Eine markante Stimme, zeitlose Pop-Songs. Irgendwo zwischen sanft und rebellisch, zwischen Kate Bush und Polly Jean Harvey. Und doch ganz eigen. Ein Track ist der traurigen Monarchin Marie Antoinette gewidmet, ein anderer (und zwar außergewöhnlich starker) besingt den Geist im gepflegten Eigenheim. Schön. Und cool. www.lucyschwartzmusic.com


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