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Musikbuch des Monats

P.J. Harrison: Gallagher – Fall und Aufstieg von OASIS, PIPER Verlag 2025 

„Oasis lösten sich aus zwei Gründen auf, und zwar nur aus diesen beiden Gründen: Liam Gallagher und Noel Gallagher.“

Die Perspektive bestimmt, wie eine Geschichte bzw. in diesem Fall eine Biografie rüberkommt. Wie die Welt in einer Band aussieht, wer gut dasteht oder dubios erscheint. Paradebeispiel dafür sind zwei unverwechselbar verschiedene Brüder aus einer Sozialbausiedlung in Manchester, die mit Abstand die erfolgreichsten und faszinierendsten Geschwister in der Geschichte der britischen Musik sind. Um es in Liams Worten auszudrücken: „Ich bin nicht arrogant, wir glauben einfach, dass wir die beste Band der Welt sind.“ Die Gallagher-Brüder beeinflussten die britische Kulturlandschaft nachhaltig und brachten die internationale Musikwelt zum Beben …

 … bis ein Tropfen am 28. August 2009 in Paris das Fass zum Überlaufen brachte: Ein Streit zwischen Liam und Noel eskalierte zur ausgewachsenen Konfrontation und das Unvermeidliche stand bevor. Ein Moment, der für immer in die Annalen des Rock´n´Roll eingehen würde. Tausende Fans warteten vor der Bühne auf Oasis, als der Veranstalter die Absage des Konzertes und in weiterer Folge auch der gesamten Europa-Tour verkündete. Oasis gab es nicht mehr. Noel und Liam hatten offenbar endgültig die Schnauze voll voneinander …

 … bis zum 27. August 2024, als das Unmögliche und doch Unvermeidliche passierte: „This is it. This is happening.“ Das Gallagher-Paradoxon war um ein weiteres Kapitel reicher geworden: Oasis waren zurück. Die Wiedervereinigung der beiden Brüder (sie waren letztendlich die letzten verbliebenen Gründungsmitglieder der Band), die trotz jahrelanger in aller Öffentlichkeit ausgetragener Streitigkeiten und unterschiedlich erfolgreicher Solokarrieren zu der Band zurückfanden, die sie groß gemacht hatte.

„Gallagher“ von P.J. Harrison beschreibt diese Reise, die anscheinend noch nicht zu Ende ist, in allen Facetten und Epochen. Harrison tourte mit Oasis, entwickelte enge Beziehungen zu den Brüdern und erlebte ihre Karriere aus nächster Nähe. Der britische Kreativschaffende arbeitete selbst in der Musikbranche, gründete ein Label und wechselte später in die Bereiche Management und Produktion. Ursprünglich hatte Harrison dieses Buch als Doppelbiografie konzipiert, die die unglaublich erfolgreichen Solokarrieren von Liam (Beady Eye bzw. solo) und Noel (High Flying Birds) beleuchten sollte. Doch die angekündigte Reunion machte diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Und so holt der Autor weiter aus und schreibt sehr fundiert über die Geschichte der Band: Manchester, 70er Jahre, Gewalt in der Familie (Mutter Peggy, 3. Bruder Paul, Vater Tommy), 17 turbulente Oasis-Jahre (mit allen Nebenschauplätzen wie Songwriting, Studio, Drogen/Alkohol, Touren/Absagen …) und ebenso detailreich über die bemerkenswerten Solokarrieren der Brüder.

Gerade deswegen verdienen sich Oasis und die Gallaghers auch eine neue Betrachtung. Harrison gelingt dieser Perspektivenwechsel in glaubwürdiger und aufschlussreicher Weise. Er hat ein wunderbares Buch über Familie und was es bedeutet, den Namen Gallagher zu tragen, geschrieben.

So dürfen wir die Tage bis zum ersten Reunion-Konzert von Oasis (am 4. Juli 2025 in Cardiff) mit großer Freude herunterzählen und hoffen, dass die Welttour ohne die bekannten Gallagher-Fehden über die Bühne geht. Schließlich hat der Autor dieser Zeilen Tickets für Dublin am 16. August. In diesem Sinne: Live Forever!  

Text und Foto: aL  

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