Kategorien
Festivals Künstler/innen Musik

Lido 2023: Ein neues Festival in Linz

LIDO SOUNDS, 16.-18. Juni 2023 

Am Linzer Urfahrmarkt, wo sonst höchstens Jahrmarkt- und Zirkusstimmung herrscht, findet heuer das erste Mal ein richtig großes und lautstarkes Remmidemmi statt. Die Lido-Veranstalter*innen sind sich wohl bewusst, dass das nicht allen gefällt und haben zum Beispiel die Anrainer*innen intensiver eingebunden als das üblich ist.

Der Andrang am Tag 1 ist groß, aber irgendwie ist doch alles übersichtlich. Klar, es gibt zuweilen Staus und Warteschlangen, aber wer das nicht kennt, war noch nie auf einem gscheiten Festival. Der Tag beginnt mit Danger Dan, den wir anreisebedingt noch nicht schaffen. Aber My Ugly Clementine heizen uns dann ordentlich ein – und das im doppelten Sinne des Wortes. Die Bühne kocht, die große Freifläche vor der Main Stage brütet auch. Aber es sollte an diesem Tag noch die eine oder andere Abkühlung geben.

Jedenfalls machen Sophie Lindinger, Mira Lu Kovacs und Nastasja Ronck mitreißenden Noise-Indie-Rock und sind auch in den Ansagen zwischendurch von erfrischender Klarheit. Die Tour im Herbst, die am 29. 9. nach Graz führen wird, solltet ihr euch nicht entgehen lassen.

Danach hüpfen wir flott zur „Ahoi Pop Summer Stage“, die sich in einem großen Zelt befindet. Seltsam, denken wir uns. Ein Zelt bei einem Open-Air? In Wahrheit eine großartige Idee, wie sich auch noch später zeigen wird. Coach Party, Indie-Rock von der Isle of Wight, sorgen für einen fetten, etwas breiigen, aber auch richtig geilen Sound, der das Zelt zum Beben bringt. Ach ja, es regnet gerade ein wenig. Aber das ist uns da drinnen egal. Anna Calvi auf der Main Stage schaffen wir auch noch, bevor wir einen kurzen Break machen und ins Hotel fahren zum Check-in.

Ja, genau. Die Linzer Hotellerie ist irgendwie mit dem Wochenende etwas überfordert. Ein einziges Hotel war vier Monate vor dem Festival noch verfügbar und das ist leider recht unflexibel und unorganisiert. Egal, um 19.00 sind wir wieder da, stehen knapp vor dem Front-of-Stage-Bereich und sehen unsere großen Lieblinge, Alt-J.

Und dann kommt das nächste Gewitter und es kommt kräftig. Die Band muss stoppen. Manche flüchten noch rechtzeitig ins Zelt, andere – so wie wir – werden einfach heftigst angewaschelt. Egal, nach zwanzig Minuten ist der Spuk vorbei und Alt-J schaffen es, das Publikum innerhalb von Minuten wieder aufzuwärmen. Ein Hammer-Song jagt den nächsten und die Band, die man gemeinhin nicht zu den Live-Monstern zählt, macht wahnsinnig viel Freude.

Dann wieder flink rüber zum Zelt, wo die großen Interpol eine erstklassige Show bieten. Cooler kann man kaum sein als die New Yorker, die schon unglaubliche 25 Jahre als Band auf dem Buckel haben. Wer immer das Line-Up zusammengestellt hat: Good job!

Das Finale am ersten Tag zelebrieren wir auf der großen Bühne mit Florence + The Machine. Florence Leontine Mary Welch tanzt, springt, sucht den Kontakt zu den ersten Reihen im Publikum und vor allem singt sie mit ihrer unvergleichlichen Stimme, dass man fast den Verstand verlieren könnte. Die Jüngeren oder Nüchterneren schaffen dann noch die After Show Parties. Wir gehen pfeifen.

Es folgt Tag 2 mit Bands wie den Toten Hosen, den Beatsteaks oder Wanda. Und Tag 3 mit Cro, Apache 207 und Peter Fox sowie dem hier schon gelobten Lil Julez und den Sleaford Mods sowie Phoenix. Klingt auch enorm spannend, aber leider haben wir auch noch einen Brotberuf und müssen am Montag früh fit in Graz sein. Eines ist für uns aber schon jetzt keine Frage: Lido Sounds 2024, da sind wir dabei.

Fazit: Sehr cooles Line-Up und vor allem kluge Programmierung der einzelnen Tage. Der Sound am Nachmittag manchmal noch etwas verwaschen, am Abend sowohl im Zelt als auch auf der Main Stage ohne Fehl und Tadel. Zwischendurch Scheißwetter, wie es sich gehört. Das Publikum großteils sehr gut drauf, an dieser Stelle einen speziellen Gruß an den jungen Mann, der mir im größten Gedränge einfach sein halbes Bier geschenkt hat. Thanks a lot!

Ein Festival mitten in der Stadt, was zumindest für uns Besucher*innen einige Vorteile bietet. Direkt mit der Bim zur Show, das ist schon angenehm. Ein Veranstalter, der lernfähig ist, wie sich an der ursprünglich geplanten und dann erfreulicherweise aufgehobenen „One Way“ Strategie zeigt.

Auch zu loben: Das Leitsystem, das sich durch die halbe Innenstadt zieht. Weniger cool: Ein absurd großer Haufen teilweise ziemlich gereizter Polizei, viele Absperrungen und Umwege, nicht alle davon sind nachvollziehbar. Die Bierpreise sind schmerzhaft und ein bisschen schade ist es schon, dass Alt-J nicht die versäumte Zeit nachholen konnten, sondern pünktlich ihr Set beendeten.

Aber: Nicht jammern wie die armen Menschen auf Facebook. Lido Sounds ist definitiv eine Reise wert. Ganz besonders, wenn so viel los ist. Cheers, Linz!

Fotos: LIDO SOUNDS 2023 / Alt-J: © Andreas Graf /
Publikum im Regen: © Cherie Hansson

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert