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Buch des Monats Sachbücher

Fußballbuch des Monats

Ulli Thomale mit Frank Willmann: „Ich bin Trainer, kein Diplomat!“ mitteldeutscher verlag 2021

Anlässlich der Feiern zum 120. Geburtstag des Grazer Athletiksport Klubs (GAK) war er Anfang September in Graz und stellte dabei auch sein Buch vor. Das lag aber ohnehin schon ein paar Wochen auf unserem Nachttisch und wartete darauf, gelesen zu werden. Denn Hans-Ulrich „Ulli“ Thomale ist eine spannende Fußballpersönlichkeit und nicht umsonst „Jahrhundert-Trainer des GAK. In der DDR machte er Karriere, zuerst mit Aue, dann mit Lok Leipzig. Nach der Wiedervereinigung arbeitete er bei Hessen Kassel und in Graz, wo ihm mit seiner Mannschaft der heiß ersehnte Aufstieg in die oberste Liga gelang. Der Mann, immerhin Jahrgang 1944, sieht seit mindestens zwei Jahrzehnten gleich aus und diese Disziplin, die er wohl im rigiden DDR-System gelernt hat, hat ja nicht nur fragwürdige Seiten.

Interessant an diesem Buch ist daher vor allem die sporthistorische Sicht auf die DDR. Wie der erfolgreiche Aue-Trainer Thomale gar nicht groß gefragt wird und einfach zu Lok wechseln muss, weil man sich von ihm Großes erwartet. Wie „Pressearbeit“ damals im Osten und später im Westen aussah. Wie prickelnd die Auseinandersetzung mit dem großen AC Milan im UEFA-Cup-Finale war und der damit verbundene erstmalige internationale Glanz. Und aus Grazer Sicht: Die Jahre beim GAK kommen leider ziemlich knapp daher. Schade, da wäre weit mehr drin gewesen. Schließlich waren die frühen 1990er Jahre entscheidend für den späteren Aufschwung beider Grazer Vereine.

Der Abgang aus Graz war dann auch ziemlich abrupt. Das Buch bleibt spannend, denn Thomale beschreibt Intrigen und das Trainerleben sehr plastisch. Im weiteren Verlauf verschlägt es den Ostdeutschen sogar für kurze Zeit nach China. Und auch da gibt es viel zu lernen für den Trainer wie für uns Leser:innen.

Wenn es ein Manko an all dem gibt, dann die Erzählform. Es wurden Interviews mit Ulli und seiner Frau Regine Thomale eingeflochten in einen zuweilen auch persönlich gefärbten Fließtext. Der Stil wirkt unentschlossen, wechselt zwischen Bio- und Autobiographie. Dennoch: Das Buch ist gerade für historisch interessierte Fans ein Gewinn.

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