WET LEG: „Wet Leg”, Domino Records VÖ 8.4. 2022
Rhian Teasdale und Hester Chambers haben sich auf der Isle of Wight kennengelernt, wo sie zur Schule gingen. Irgendwann begannen sie gemeinsam und mit anderen Musik zu machen. Und dann formierte sich ein Duo, das einen fast schon unglaublichen Start hingelegt hat. Die flotte Nummer „Chaise Longue“, erschienen vor knapp einem Jahr, war dafür verantwortlich. Und so ist sie auch gleich der zweite Track auf dem Album, das hohe Stimmen mit viel Schwung verbindet. Das sich unbeschwert anhört, aber immer auch eine zweite Seite in sich trägt. So schildert es auch Rhian Teasdale: „I wanted to write stuff that’s fun to listen to and fun to play”. Aber: „the sad seeps through, as well.“ Und so kann man natürlich Bands wie die Ramones heranziehen, nur: Es bringt einen halt nicht weiter. Wet Leg ist Wet Leg ist Wet Leg. Und das nicht nur auf Instagram, Youtube und auf TikTok, wo sie fantastische Reichweiten verzeichnen – sondern sogar in echt: So tragen beide ein Schmuckstück, das Hester designed hat. Auf dem einen steht „Wet“, auf dem anderen „Leg“. Das ist mehr als Branding, das ist Verbundenheit. Eine zauberhafte Scheibe und ein Duo von dem wir noch sehr viel Schönes hören werden.
GET WELL SOON: “Amen”, Virgin Music VÖ 25.3.
Über dieses Album ist schon recht viel gesagt und gelobt worden und so haben wir kurz überlegt, ob wir uns einfach nobel zurückhalten sollen. Aber dann haben wir reingehört und es war klar: Das neue Werk von Konstantin Gropper muss auch hier rein. Zumal es anders klingt als alles, was früher war. „Ich habe mitten im Lockdown, als ich viel allein arbeitete und dabei immer wieder Nachrichten las, mit Erschrecken festgestellt: Ich bin Optimist! Nach all den Jahren, in denen ich die großen Schwarzmaler
bewundert habe, von Bernhard bis Cobain, musste ich mir eingestehen, dass ich nicht anders kann, als an ein ‚gutes Ende‘ zu glauben“, sagt der Musiker dazu. Es ist ein großes Stück Pop geworden, das in der Tat Zuversicht ausstrahlt – wobei keine Angst, es ist niemals platt oder banal. Es ist humorvoll und voll zarter Ironie, wie etwa die Hymne an Richard, Jeff und Elon, die drei munteren Eroberer des Weltalls beweist. Vor allem ist es musikalisch dermaßen ausgereift, dass wir Mister Gropper spätestens jetzt den großen internationalen Durchbruch zutrauen. Das Major Label könnte dabei eventuell auch noch hilfreich sein. Glaubt den Mainstream-Medien und uns: Akzeptiert die Cookies und kauft euch diese Platte!
Am 22. 4. ist er live in Dornbirn. Am 23. 4. in Wien. Graz lässt er leider aus.
PS: Spannende Website hat der Mann. Und ein tolles Video
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TINDERSTICKS: “Past imperfect, the best of tindersticks ’92 – 21’” , City Slang VÖ 25.3. 2022
Konkurrenz belebt das Geschäft. So spielen die Tindersticks zeitgleich mit Get Well Soon in Wien. Aber immerhin am 22. und 23. 4. gleich dreimal im Theater Akzent. Ansonsten weigern wir uns, hier noch etwas über diese einmalige und wunderbare Band zu erzählen. Wer sie bisher nicht kennt, ist entweder sehr jung oder sehr blöd. Die Jungen mögen sich auf der Stelle diese Sammlung kaufen. Die Blöden mögen weiter ihre Musik hören. Die 20 Songs dieses Albums führen uns Klügeren oder Sensibleren wieder vor Augen und Ohren wie wahr das Motto „leise ist das neue Laut“ immer noch ist. Nur für den Fall, dass ihr noch nicht alles von den Tindersticks zu Hause habt: Das ist eure Gelegenheit!
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DIE AERONAUTEN „Hits! Vol. 1“, Tapete Records VÖ 22. April 2022
Wir dürfen ausnahmsweise den Pressetext ausführlich zitieren: „Mitte der 90er tauchte in Hamburg eine kleine CD auf und jeder wollte sie haben: ‘Ich wollt ich wäre tot, Bettina‘ von den Aearonauten – erschienen auf dem kleinen Label Tom Produkt. „Wie heißen die? Woher kommen die? Aus Schaffhausen?“ Die CD war im Plattenladen schwer zu bekommen und so wanderte sie von Hand zu Hand, von Tapedeck zu Tapedeck…“
Gleich 24 Songs hat diese prachtvolle Sammlung aus nicht weniger als 27 Jahren zu bieten. Und eines wird klar: Die Aeronauten waren wesentlich mehr als „Ottos kleine Hardcore Band“, sie wären eigentlich in einer Liga mit den Hosen oder den Ärzten zu sehen, wenn sie sich mehr um ihr Marketing gekümmert hätten als einfach nur um die Musik. Sie konnten Punk, sie konnten Rock, aber auch Soul und das alles mit einem Sound, der zwischen ranziger Garage und großem Studio wechselte. Sehr sehr geil!
Foto: Bandarchiv 1994
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CALEXICO: “El Mirador” , City Slang VÖ 8. 4. 2022
Eine Weltklasse-Band haben wir noch in diesem prallvollen Musikmonat April. Auch Calexico muss man hier nicht weiter vorstellen. Ihre neue Platte ist an der Grenze zwischen Nord- und Mittelamerika angesiedelt, hat zwei Songs, die sich Cumbia nennen und fast so etwas ähnliches sind. „El Mirador“ ist geheimnisvoll und düster wie eine Kneipe am Rande der Wüste. Schwungvoll wie eine mexikanische Hochzeitsband. Und ansonsten gibt es für Calexico ohnehin nur mehr einen Vergleich: Das eigene Werk. Auf City Slang ist das immerhin schon das achte Album. Und mit Sicherheit eines der allerbesten. Gratulation!
PS: Auch Calexico sind demnächst in Wien. Am 30. 4. im Museumsquartier.
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BART DAVENPORT: „Episodes“, Tapete Records VÖ 25. 3. 2022
Wir wussten gar nicht, dass wir so was so sehr mögen. Die Episoden des wandlungsfähigen Herrn Davenport sind jazzig, bauen auf die Akustikgitarre, aber auch auf Bratschen. Und alle zwölf Songs haben so viel Stil, dass es für eine Platte schon fast too much ist. Wenn er die „Billionaires“ voller Ironie anschmachtet, ist spätestens klar: Diese Platte muss man haben, wenn man 2022 irgendwie entspannt angehen will. Der frühere Mod hat seine Rolle und seine Position gefunden. Seine Stimme verzaubert dir den Tag, liebes Leserlein. Gib dir diese „Episodes“, du wirst es nicht bereuen! Zum Reinhören und Reinschauen hier einer der feinsten Songs des Albums…
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FRITZ HUTCHISON: „Movie Night, VÖ 14. 4.2022
Der Mann aus Kansas City bietet auf seinem Album alle Stile, die bei „Let’s Go!“ nicht aus dem Studio geflüchtet sind. Von Rock über Americana bis zu Ska und Jazz spielt er sich durch die Musikgeschichte. Es ist eine wahre Freude ihm und seinem Dutzend an Kolleg*innen dabei zu lauschen, wie sie diese musikalischen Kinoabend in voller Zügen zelebrieren. Wer „alte“ Sounds in neuem Gewand hören will, ist hier genau richtig. Im Pressetext ist von „Entschleunigung“ die Rede. Stimmt glücklicherweise nicht. Oder doch, weil: Hektisch geht es beim jungen Fritz niemals zu.
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SIMON LOVE:„Love, Sex and Death etc“, Tapete Records VÖ 8. 4. 2022
Wie es heutzutage üblich ist, kommt Simons Website mit jeder Menge Links zu Download-Portalen und mit vielen Videos daher. Dafür fehlt eine Bio. Der Pressetext ist diesbezüglich auch sehr zurückhaltend. Aber egal: Der Mann sieht aus wie ein Indie-Pop-Star und klingt auch so. Das Album ist auf eine sehr sympathische Art hymnisch, elegisch und auf eine auch sehr okaye Art „amerikanisch“. Das dritte Solo-Album von Mr. Love handelt von den großen Themen des menschlichen Daseins. Der Musiker selbst beschreibt seinen Zugang so: „In jedem Song kommt Liebe, Sex und/oder Tod vor, aber ein Konzeptalbum, so mit durchgängiger Erzählung, ist es nicht. Am besten hört man das Album, wenn man schon zu geizig ist die LP oder die CD zu kaufen, bei Spotify auf shuffle. Ich habe Spotify sogar eine E-Mail geschrieben und gebeten, die Shuffle- Funktion wieder zu aktivieren. Sie haben geantwortet, dass Ihnen meine E-Mail eine Menge bedeutet und sie sich innerhalb von 5-7 Werktagen melden werden!“ Und weil der Mann nicht nur tolle Musik macht, sondern auch originelle Wege beschreitet, seht ihr hier, wie man mit beschränkten Video-Budgets umgehen kann: