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La Strada 2021: Der Auftakt

Leo Bassi: “Me! Mussolini.”

Dieser Leo Bassi ist schon ein komischer Vogel – das werden Sie an diesem Abend aber erst ganz am Ende deutlich erkennen können. Er stammt aus einer Zirkusfamilie, wurde in New York geboren, lebt zumeist in Spanien. Bei La Strada hatte er vor vielen Jahren mit einer zertrümmerten Melone für einige Aufregung gesorgt, auch jetzt interagiert er besonders stark mit den ersten Reihen im Publikum. Georg Schramm sagte über ihn: “Er ist eine komische Naturgewalt, ein rasender Derwisch im Auftrag der Revolution” – und auch das werden Sie an diesem Abend noch sehr deutlich merken.

Bassis Stück ist eine englischsprachige Auseinandersetzung mit dem “Duce”, aber auch mit seiner Gefolgschaft, seinen mächtigen Freunden und Unterstützern aus der Bankenwelt, der Medien- und Unterhaltungsindustrie. Codewort: Topolino. Mussolini, der heute auf Filmaufnahmen so absurd, so lächerlich wirkt, galt in den 1930ern als möglicher “Retter Europas vor dem Kommunismus” und das arbeitet Bassi akribisch heraus. Dabei setzt er seine Pointen millimetergenau, sein Timing, seine Nachdenkpausen, die Mixtur aus Film, Ton und brachialer Aktion auf der Bühne sind große Kunst. Der alte Mann mit dem beachtlichen Körperumfang grübelt und tanzt, agitiert und polarisiert, dass es nur so eine Freude ist.

Aber was hat der italienische Faschismus mit uns hier und heute zu tun? Gar nicht so wenig. Bassis Mussolini landet völlig überraschend und äußerst lebendig in der Gegenwart, genauer vor dem Kapitol in Washington, wo sich gerade Trump-Anhänger zusammenschließen. Mit dem ehemaligen US-Präsidenten, so merkt der Ex-Diktator rasch, verbindet ihn so einiges – außer die Liebe zum Golf. Bassis Aufarbeitung der Geschichte geht immer mehr ins Detail, wer möchte, kann hier auch Parallelen zur Historie und der Gegenwart von Graz respektive Österreich sehen. Ob der anwesende Vizekanzler sowie der Bürgermeister sich lediglich gut unterhalten fühlten oder bei diesem politischen Streifzug auch ein wenig nachdenklich wurden?

Das Publikum jedenfalls widmet dem großen Clown Bassi zum Finale Standing Ovations. Er hat es mehr als verdient.

Noch zu sehen am 31. 7. und am 1. 8. um 20 Uhr im Orpheum Graz.
Foto: © La Strada Graz / Nikola Milatovic

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