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Christian Burger: „Sch(m)utz im Netz. Warum wir digitale Masken brauchen, Leykam Streitschriften Nummer 9, 2021

Der Mann hat recht. Und zwar sowas von. Denn erstens weiß er als langjähriger Leiter des Community Management beim STANDARD ganz genau, worüber er schreibt. Er erlebt Tag für Tag, wozu Menschen sprachlich fähig sind, und zwar sowohl mit Nickname, anonym oder mit ganzem Namen. Die aktiven Nutzerinnen und Nutzer der Foren auf der Website des STANDARD legen sich wahrlich keinen Zwang auf. Zweitens tritt Christian Burger vehement für den freien Diskurs im Netz ein, auch unter Zuhilfenahme von Pseudonymen. Digitale Masken, so sein zentrales Argument, seien „kein Mittel zur Täuschung, sondern eine offene, legitime und beständige Verhüllung für reale Identitäten“ (p 47). Seine Antwort auf Empörungswellen und Hate Speech widerspricht dem Mainstream und ist gleichzeitig zutiefst humanistisch. Seine Argumente für das Pseudonym geben dem Menschen als Nutzer und gleichzeitig oft Benutzter im Internet die Freiheiten zurück, die in der mittlerweile weit zurückliegenden Euphorie des Anfangs des Internets für selbstverständlich gehalten worden waren.

„Digitale Masken“, wie es im Untertitel heißt, sind kein Freibrief für die Anonymität im Netz. Sie erlauben es jeder und jedem, im Netzdiskurs Rollen einzunehmen, so wie in der realen, gegenständlichen Welt auch. Zukunftsweisendes Usermanagement müsse nicht mit allen (rechtlichen) Mitteln Anonymität vermeiden, sondern solle Rollenidentitäten fördern: „Beständigkeit, Rückverfolgbarkeit und Vernetzung“ als Rahmenbedingungen für Userprofile auf Plattformen im Netz seien wirksamer als Verbote, zitiert er eine groß angelegte Studie der Huffpost aus dem Jahr 2020 (p 61).

Burger widerlegt in seinem Buch gekonnt die immer stärker auftretenden Forderungen nach Reglementierung des Netzes und Klarnamenpflicht in Foren und auf Social Media Kanälen. Seiner Meinung nach müsse man schon die Channelarchitektur und natürlich auch die Moderation dazu nützen, Plattformen für die aktive Gestaltung eines Sinn stiftenden Diskurses aufzubauen. Sowohl der Aufbau einer Plattform bzw. das Usermanagement und die Moderation sollten mit Nachdruck darauf hinwirken, dass virtuelle Räume „zum Fundament für konstruktive Debatten werden und wenig Platz für destruktives Verhalten lassen“ (p 11). Der Schutz der Opfer sei wichtig und die bestehende Rechtslage bedürfe dringend Anpassungen, stimmt er in die aktuelle Diskussion ein. Gerade in der legistischen Einschränkung der Möglichkeiten des Online-Diskurses sei es jedoch immens wichtig, die Besinnung auf die Vernunft und das Empowerment der Einzelnen im Auge zu behalten.

Gekonnt fasst Burger für seine Argumentation internationale Studien zusammen, immer hinterlegt mit der Schilderung eigener Erfahrungen aus dem Communitymanagement des STANDARD, des ältesten österreichischen Userforums. Die Argumente und Beispiele in dem kleinen Bändchen eröffnen eine optimistische Perspektive auf Online-Diskussionen und unseren Umgang damit. Wir, die Userinnen und User, und wir als Gesellschaft hätten es in der Hand, denn es sind unsere Gespräche, die wir unter Wahrung der Eigenverantwortung führen. Das Internet als „besseres Werkzeug für freie Meinungsäußerung“ (p 47) – wir hätten es in der Hand. Und man muss dafür ja nicht gleich Maskenpflicht verordnen.

Haubentaucher-Gastautorin: GR

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