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Tonträger des Monats März / Ö

Mira Lu Kovacs: “What Else Can Break”, Play Dead Records / Ink Music, VÖ 26. 3. 2021

Mira Lu Kovacs sollte man hier niemandem mehr vorstellen müssen, sie schrieb mit “Schmieds Puls” durchaus ein Kapitel Indie-Geschichte, ist bei den phantastischen 5K HD zu hören und hat zuletzt mit ihrer Band “My Ugly Clementine” sogar international gepunktet. Ende März kommt nun ein neues Album und zwar erstmals unter eigenem Namen. Stimme und Gitarre hat Kovacs selbst beigesteuert. Alec Kerbl, Beate Wiesinger und Mona Mathou Riahi sind mit an Bord. Und einen Großteil der 12 Songs hat Mira Lu Kovacs gemeinsam mit Sophie Lindinger auch gleich selbst produziert.

Das Resultat: Ein ruhiges, reduziertes, zuweilen melancholisch klingendes Album der Extraklasse. Allein schon wegen der Stimme muss man die Platte hören, immer wieder hören. Und dann sind die Songs wie “Hold Me Responsible” oder “I’m Human”, die das ganze Spektrum von MLK auf eindrucksvolle Weise zeigen. Die vielseitig Aktive sagt selbst: „Wäre Corona nicht gewesen, hätte ich 1000 Sachen gleichzeitig gemacht, aber nicht dieses Album geschrieben. Ich hätte nicht die Zeit gehabt, so viel emotional zu hinterfragen, so viele Stunden mit mir selbst zu verbringen und so detailliert an jedem einzelnen Sound zu arbeiten. Für den Entstehungsprozess war das eine Traumsituation.“

Und so viel darf verraten werden:
Für uns Hörer*innen ist das auch ein Traum.

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Son Of The Velvet Rat: “Solitary Company”, VÖ 19. 3. 2021

Die Geschichte der Grazer Partie darf man ebenfalls als bekannt voraussetzen. Die neue Platte setzt dort fort, wo das Vorgängeralbum “Dorado” aufhörte, an einer staubigen Landstraße draußen in der amerikanischen Provinz. Keiner der zehn Songs ist einfach nur so dahingeschrieben und dahermusiziert, da steckt viel Substanz drinnen, die entdeckt werden will. So gesehen zahlt es sich aus, auf die bunte Vinyl-Version zu warten, die bestimmt auf hilfreichen Infos daherkommt.

Da geht es zum Beispiel um die unmittelbare Nachbarschaft der Altzieblers, um den Hochzeitstag, um das Leben abseits der Metropolen, aber auch um einen Roman von Alfred Kubin. Und musikalisch? Wie immer feinstes Knarzen von Stimme, Gitarre, gerade zu magische Drums, dazu kommt die Melodica, die Violine. Son Of The Velvet Rat haben es fern der Heimat zu großem Ansehen gebracht, auf diesem Album hört man zum wiederholten Male, warum das mehr als berechtigt ist. Eigentlich haben die Rattenkinder eh noch nie eine mäßige Platte abgeliefert, aber aus irgendeinem Grund gefällt uns genau diese ganz besonders. Genauso wie es 2009 bei “Animals” der Fall war. Wie dem auch sei: Wir hoffen auf baldiges Wiedersehen in unseren Breiten und auf unseren Bühnen. Als kleines Trostpflaster für die vorerst noch konzertlose Zeit ein schönes Video zu einem schönen Song:

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Downers & Milk: “Songs Of Fear And Flight”, Closing Time, VÖ 26. 2. 2021

Haben wir versehentlich schon wieder Nick Cave eingelegt? Nein, Downers & Milk haben eine ähnliche Stimmungslage, vielleicht sogar ein wenig grimmiger. Und jedenfalls auch deutlich weniger religiös. “Fuck your prayers!” hört man da gleich beim ersten Song. Das österreichische Magazin The Gap sprach von „abgründigem Folk und schlecht gelauntem Chamber Pop“ und traf damit ins Schwarze.

Maxím Eczyk und Michael Varga treten seit 2018 als Duo in Erscheinung, im Jahr darauf wurden sie gleich mal zum “Blue Bird Festival” eingeladen und spielten in der Folge mit Größen wie Hugo Race oder Chris Eckman. Neben leicht zu erkennbaren Seelenverwandten wie Calexico oder den Australiern rund um Cave dürfte auch die eine oder andere Tindersticks-Platte, das eine oder andere Album von Leonard Cohen, im Downers-Haushalt stehen. Die erste komplette Platte haben die beiden ohne großen Support von außen zusammengestellt und man darf/kann/muss sagen: Premiere äußerst gelungen.

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Rosa Rendl: “Opportunity Lover”, Seayou Entertainment, VÖ 5. 2. 2021

Die Frau ist ähnlich gut beschäftigt wie Kollegin Mira Lu Kovacs. Rosa Rendl ist Künstlerin, Modedesignerin, Sängerin, Produzentin. Mit dem Duo “Lonely Boys” war sie zehn Jahre lang aktiv, seit 2020 arbeitet sie lieber unter eigenem Namen. Die Platte klingt erst mal nach einer Mischung von Pop, Piano und Autotune, hat aber wesentlich mehr Tiefe als man das im Mainstream finden würde. Die Texte spielen nicht nur mit dem Gedanken an Liebe, sondern deuten auch auf mögliche Abgründe. So wie bei ihr analog gleichberechtigt neben digital steht, so sind auch Privates und Politisches nicht mehr zu trennen. Eine außergewöhnliche Platte, die es voller Leichtigkeit niemandem allzu leicht machen will.

Foto: Anais Horn

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Gloriettenstürmer “808 Herzschmerz”, Futuresfuture, VÖ 5. 3. 2021

Zum Finale gibt es noch mal Autotune, aber sehr deutlich anders ausgerichtet als bei Rosa Rendl. Die (Schönbrunner) Gloriettenstürmer schreiben und arbeiten unter anderem für Jugo Ürdens oder Errdeka, der Sound wird von beiden dem “New Wave Chanson” zugeordnet, was immer man darunter auch verstehen mag. Kitsch ist da gar kein Problem, im Gegenteil: Klischees sind ein wichtiges Fundament für den Herzschmerz, der da besungen wird. Das alles ist durchaus seltsam, kommt aber gut an bei jungen Menschen mit goldenen Wienerherzerln, immerhin haben die Gloriettenstürmer am Donauinselfest genauso erfolgreich aufgespielt wie am FM4 Frequency. Ziemlich pieksüß und überdreht, ganz sicher nichts für dauerhaft düstere Gesellen.

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