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Fußballbuch des Monats

Campino: “Hope Street. Wie ich einmal englischer Meister wurde”, Piper 2020

Auf der Suche nach der fernen Heimat und der Hoffnung Meister zu werden…

Aus dem Hause der Toten Hosen gibt es eine literarische Neuerscheinung. Neben den Biografien „Bis zum bitteren Ende… Die Toten Hosen erzählen IHRE Geschichte“ und „Die Toten Hosen: Am Anfang war der Lärm“ ist nun Campino, im bürgerlichen Namen Andreas Frege, am Wort und berichtet über seine Liebe zu England, Fußball und Musik. Campinos Geschichte dreht sich um die Fußballsaison 2019/20 als der Liverpool FC zum 19. Mal englischer Meister wurde.

Liverpool!

Der Leser begleitet Andreas Frege in seinem Alltag als Sänger der deutschen Punk-Band Die Toten Hosen, als Familienvater und Fan des englischen Traditionsvereins Liverpool FC. Dabei erlangt man einen spannenden Einblick in das private Umfeld Campinos und wie es sich als vielbeschäftigte Person des öffentlichen Lebens anfühlt, eingefleischter Fußball-Fan zu sein. Campino besucht die Spiele des LFC regelmäßig sowohl in der Großstadt Liverpool als auch auswärts, kennt Jürgen Klopp und ist mit dem Sohn des Trainers gut befreundet. Auch an Tagen, an denen er mit seiner Band vor Publikum performt, probt oder an einem neuen Album arbeitet, lässt er kein Spiel aus: Vor, nach und sogar während der Konzerte findet Campino immer einen Weg, die Spiele seines Lieblingsvereins zu verfolgen.

Im Laufe des Buchs erzählt Campino über unterschiedliche Phasen seines Lebens. Andreas Frege wächst mit fünf Geschwistern auf, seine Mutter kommt aus England, sein Vater ist ein ehemaliger deutscher Soldat. Persönliche Geschichten über einen tyrannischen Vater, den Selbstmord seines Großvaters, die Gefühle seiner englischen Mutter in Deutschland dürfen dabei nicht fehlen.

England!

Bereits als Kind besuchte er die Familie seiner Mutter in England und spürte erstmals englisches Lebensgefühl. Mit seinem Kumpel Andi machte er eine Zugreise durch ganz England, während der sie seltene Platten kauften und einige Punk-Konzerte besuchten. Im Mai 1973 fand die erste Begegnung zwischen dem jungen Campino und LFC-Fans statt: Borussia Mönchengladbach spielte im Rückspiel des UEFA-Pokalfinales gegen Liverpool im Bökelbergstadion. Campino verfolgte das Spiel jedoch nur im Radio, aber die englischen Fans, die ihre Freizeit tagsüber in der Düsseldorfer Innenstadt verbracht hatten, begeisterten ihn sofort. Von dem Zeitpunkt an, war es für Campino klar, LFC-Fan zu sein.

Wer Campino kennt, weiß dass er auch Anhänger der deutschen Mannschaft Fortuna Düsseldorf ist. Die Liebe zum deutschen Fußball war jedoch nicht immer so stark wie sie heute ist – besonders als Jugendlicher hatte Frege Probleme damit, sich mit dem Verein zu identifizieren. Als sich Campino während der Pubertät immer mehr zur Subkultur Punk hingezogen fühlte, bekam er die Rivalität zwischen Hooligans und Punks hautnah zu spüren (LFC blieb trotzdem in seinem Herzen). Heutzutage sind die anfänglichen Schwierigkeiten längst vergessen: Die Toten Hosen halfen der Fortuna aus dem Konkurs und beteiligten sich an der Finanzierung neuer Fußballspieler.

Die dunklen Seiten des englischen Fußballs werden in dem Buch nicht vergessen. 1985 ereignete sich die Katastrophe von Heysel als der Liverpool FC gegen Juventus Turin spielte. 39 Fans starben. Vier Jahre später fand die nächste Tragödie während eines Liverpool-Spiels statt: Im Hillsborough-Stadion verloren 96 Fans ihr Leben. Die Sektoren waren überfüllt und die Fans konnten nicht ausweichen. Campino war zwar nicht dabei, räumt jedoch diesen traurigen Tatsachen einen würdigen Platz ein.

„Hope Street: Wie ich einmal englischer Meister wurde“ ist ein spannendes Buch, in dem Campino seine Vergangenheit, seine heutigen Gedanken und seine Leidenschaft für den Fußball spannend beschreibt. Es erinnert auf angenehme Weise an Nick Hornbys „Fever Pitch“ oder Tim Parks „Eine Saison mit Verona“. Durch die vielen alltäglichen und biografischen Geschichten bekommt das Werk eine sehr persönliche Note. Während des ganzen Buchs ist Campino auf der Suche nach seiner Heimat und endet immer wieder beim Liverpool FC und seiner Red Army. Weil: You’ll never walk alone!

Rezension und Fotocollage: Haubentaucher-Gastautorin Clarissa Berner

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