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Tonträger des Monats August / DACH

Normalerweise gehen sich im Monat locker drei bis fünf sehr gute Platten aus Österreich aus. Aber heuer ist nichts normal. Platten, die für April angesagt waren, kommen im September raus etc. Nur: Im August haben wir aus guten Gründen die Kategorie auf den deutschsprachigen Raum erweitert und mit Sofia Portanet eine exzellente Neuerscheinung aus Deutschland mit reingenommen. Übrigens fällt in beiden Musik-Rubriken  der hohe Frauenanteil auf, der zumindest diesen Monat prägt. Great!
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PIPPA: “Idiotenparadies”; Las Vegas Records, VÖ: 28. 8. 2020

“Alles egal”, schon lange hat niemand diese zwei Wörter so poppig-leicht-unbeeindruckt dahin geschmettert, aber lassen Sie sich nicht täuschen. Pippa ist Schauspielerin (Tatort, Soko Donau etc.) und spielt auch in ihrem musikalischen Auftritt – allerdings nicht mit Rollen, sondern mit Rollenbildern. Wenn sie auf Einhorn-Fan macht, ist die Feministin in Wahrheit nicht weit, die genau diesen Schmus auf die Schaufel nimmt. “In der Musik bin ich immer zu 100% ich selbst”, sagt sie: “allerdings hat dieses ‘Ich-Sein’ viele Facetten.”

Ihr zweites Album mit dem extralässigen Titel “Idiotenparadies” sollte eigentlich schon im Frühjahr das Licht der Welt erblicken, aber dann kam der Covidl. Und jetzt gibt es wieder Hoffnung auf den einen oder anderen Auftritt, so wird etwa gemunkelt, dass Pippa auf dem Reeperbahn Festival in Hamburg aufspielen könnte.Wir wissen jetzt schon, dass HB das mögen wird, denn die seltsamen Electro-Sounds aus dem abgedunkelten Kinderzimmer mit dem zauberhaften Gesang, dazu die Doppeldeutigkeit, das ist wie ein Treffen von Tocotronic und den Lassie Singers im Jetzt. Melancholisch kann Pippa auch sehr gut. Und sie feiert den mangelnden Perfektionismus, den man ihr einst in der Schule nachsagte: “Ich ziehe meine Kraft daraus, meine Schwäche zu zeigen. Perfektion ist für mich uninteressant und fad.“ Eine Platte, die wunderbar in diesen seltsamen Sommer passt. POP in Großbuchstaben.

Foto: Hilde van Mas

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SOFIA PORTANET: “Freier Geist”, Duchess Box Records, VÖ 3. 7. 2020

Die Berlinerin, die auf Englisch, Französisch und Deutsch singt, hat ein Hammeralbum abgeliefert. Das Label spricht von einer “Neuinterpretation der Neuen Deutschen Welle” und hat damit nicht völlig unrecht. Hauptsächlich aber schreibt die 1989 geborene Künsterlin große Pop-Songs, die sich im Radio ebenso gut machen wie auf dem Dancefloor (in der Open-air-Disco, eh klar).

Lauren Laverne von BBC6 bezeichnete sie als “Deutschlands nächsten internationalen Popstar” und auch da könnte was dran sein. Geschickt verknüpft sie Gegenwartssounds mit Bezügen zu Nina Hagen, Hildegard Knef, Annette Humpe von Ideal, vielleicht sogar zur überlebensgroßen Marlene Dietrich.

Kann man in so  jungen Jahren schon eine Diva sein? Sofia Portanet kann. Neun Songs, die den August heuer auf den Kopf stellen. Und hoffentlich auch den kommenden Frühling, denn Miss Portanet wäre enorm stark gebucht und hat nicht nur Termine in halb Deutschland, sondern auch in Colmar oder in London im Kalender stehen. Pflichtplatte!

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ELIS NOA: “What Do You Desire?”, Las Vegas Records,  VÖ 14. 8. 2020

“How does it feel to be afraid?” so startet die Platte von Elis Noa.

Das Duo aus Wien bietet elektronischen Pop, aber nicht nur. Das ganze kann ziemlich funky, soulig werden. Die Stimme ist so yeah!, der Sound so glitzernd, wir wären da jetzt nicht gleich auf Österreich gekommen bei der Blindverkostung.

Elisa Godino und Aaron Hader ist damit ein ganz feines, entspanntes Album gelungen, das durch die terminliche Verschiebung auf keinen Fall an Bedeutung eingebüßt hat. 11 Songs, die einen nicht mehr los lassen, sobald man die Platte aufgelegt bzw. eingelegt hat. Gibts nämlich ebenso wie Pippa erfreulicherweise auch auf Vinyl. Großes Kino!

Foto: © Vilma Pflaum

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