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Musik

Tonträger des Monats November / intern.

TINDERSTICKS: “No Treasure But Hope”, City Slang, VÖ 15.11.

Glücklicherweise seid ihr alle da draußen so kultiviert, dass man euch die Tindersticks nicht mehr vorstellen muss. Oder?

Sie sind die stillen Helden jedes Indie-Kenners, die Poeten, die Geschichtenerzähler, die ohne hohles Pathos auskommen. Naturbelassen mag ein seltsames Etikett sein für Musik, aber genauso klingt die neue Platte, an der die Tindersticks zugleich lang und auch erstaunlich flott gearbeitet haben. Die Vorlaufzeit war beachtlich, die Aufnahme selbst ging relativ schnell. Und genau diese Kombi ist es womöglich, die dieses Album so tiefgehend machen, ihm so viel Nachhall geben.

Hoffnung gibt es noch, aber ein “Treasure” ist diese Sammlung von 10 Songs am Ende doch. Die Liebe schmerzt niemals so schön – I miss you sooo bad. Leuten, die so denken, kann geholfen werden: Im Mai 2020 kommen Stuart Staples und Freunde für zwei Abende ins Akzent Theater nach Wien. Sicher kein Fehler, sich bald um Karten zu bemühen. Und erst recht kein Fehler, sich diesen meisterhaften Tonträger ins Haus zu holen.
Für lange Winterabende…

WALLIS BIRD: “Woman”, Mount Silver Records / Caroline International, VÖ: Okt. 2019

Die Irin, die glücklicherweise auch immer wieder in unseren Breiten unterwegs ist (zuletzt Ende Oktober in Wien und Graz), lebt weitgehend außerhalb der Komfortzone. Ihre Auftritte sind energiegeladen, waren gelegentlich auch schon beeindruckend Whiskey-getränkt. Auch prominente Kolleginnen wie Amanda Palmer waren da schon komplett aus dem Häuschen.

Mit ihrer neuen Platte “Woman”, die Ende September erschien, liefert Wallis Bird einen Kraftakt ab, der in jeder Phase, jedem Track große Klasse hat. Sie bringt ihre Stimme perfekt zur Geltung, die Musik ist weniger folkig, sondern spielt mit Soul- und Rockmustern. Und textlich bezieht Wallis Bird klar Position, gegen eine Welt voller Rassismus, Oberflächlichkeit, Dummheit – für Liebe und Respekt (und Frieden!). Keine Angst, das ist nicht Joan Baez 2.0, sondern eine musikalisch abwechslungsreiche Platte, die auch Leute überraschen wird, die frühere Alben von Mrs. Bird kennen. “Keine Arschlochmusik”, so die Künstlerin über das, was sie da aufgenommen hat. Das Cover stammt von der spanischen Künstlerin Maria Torres. Kongeniale Kombination.

BONNIE PRINCE BILLY: “I made a place”, Domino Records, VÖ 15.11.

Und nach den Tindersticks ist gleich noch ein Klassiker endlich wieder da. Bonnie Prince Billy war in den vergangenen Jahren wahrlich nicht untätig, aber ein eigenes Album steht seit 2011 aus. Jetzt ist es als schwungvolle Country-Scheibe erschienen und besticht durch abgeklärte Lässigkeit. Der Meister selbst beschreibt es so: “The record is broken into sides, with the first side big and happy and dense and the second side open and questioning and happily sad. It targets the sprawl and bloat of Western Civilization by illuminating the intricate and wondrous of everything that is not celebrated by modern populist mindsets. It’s about the one-step-back rather than the two-steps-forward.”

Happily sad, so muss man das erst mal auf den Punkt bringen. Der Teufel schläft nicht, das zeigt sich im dritten Song. Die Mama wird später auch noch besungen und natürlich die Herausforderungen der Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Zugleich ist das alles sehr amerikanisch, aber genauso, dass sich die Trumpisten in den Allerwertesten beißen werden. Schön zu sehen im nachfolgenden Video, das der Prinz unter Regie des Highschool Absolventen Jacob Forman fabriziert hat.

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DEATH MACHINE: “Orbit”, Celebration Records / Believe Digital, VÖ 15. 11. 2019

Die Sache mit Death Machine begann mit einer richtig bösen Phase im Leben des dänischen Sängers Jesper Mortensen. Die Freundin haut ab, die Band mag auch nicht mehr und dann verliert er auch noch den Job. Aber lässt sich ein Mann wie Jesper Mortensen davon entmutigen? Ja, klar. Aber wenig später denkt er sich auf Dänisch: “Scheiß drauf” und beginnt eine Reihe von Songs zu basteln, die – so sein neues Dogma – jeweils in 8 Stunden fertig sein müssen. Klingt verrückt, aber auch verlockend genug, dass sich aus dem Solo-Projekt mit Deatch Machine eine neue Band formiert.

Die Maximierung der Lebenslust ist da nicht die maßgebliche Zielvorgabe, aber genau aus der dänischen Düsterkeit entstehen magische Songs zwischen Folk und sensiblem Pop, die man nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Eine spacige Platte? Weniger als es der Titel andeutet. Mehr als man sich das von einem verträumten dänischen Songwriter erwarten würde. Eine schöne runde Sache.

Schon mal vormerken: Ab 13. Jänner ist die Todesmaschine in Österreich auf Tour.

RED N BLACK: “Lost But Grounded”, Wenders Music VÖ 24.10.2019

Irgendwie ist 2019 anscheinend das Jahr, in dem der Blues wieder flächendeckend erobert werden will. Ob das mit der unsicheren Weltenlage zusammenhängt oder mit einer Ermüdung gegen zu viel Elektronik?

Red N Black jedenfalls sind vier Herren namens Till Hertling (Gitarre, Gesang), geboren in Berlin, Liam Morrison (Schlagzeug) aus L.A., Gordon Ashdown (Bass) und Richard Green (Gitarre), die beide in Maidstone, England das Licht der Welt erblickten.

Und richtig gelesen, das Label heißt Wenders, weil der nicht ganz unbekannte Regisseur gern ein bisschen Musik sammelt, Schwerpunkt Americana und Blues. Und da passt die Scheibe wirklich perfekt rein. Klassischer Sound, mit einer entspannten Grandezza dargeboten, dass die Landstraße nur so staubt und das Bier an der Bar vor Erregung schäumt. Das einzige, das unserer bescheidenen Meinung wirklich null zu all dem passt, ist das Plattencover. Aber der Wim wird sich schon was dabei gedacht haben…

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