Willkommen im schönen Mai, liebe musikinteressierte Leserschaft. Die heimische Szene war diesmal unglaublich produktiv. Damit Ihr auch alle den Überblick behaltet, hat sich der Haubentaucher umgehört. Hier sind die spannendsten Platten, die demnächst in den Handel kommen…
SLAV: „PLUSVIERACHT“, Futuresfuture VÖ 3. 5. 2019
SLAV wurde hier mehrmals wegen seiner eingängigen, lakonischen und doch verspielten Variante des Hip Hops abgefeiert. Er selbst wiederum feiert vor allem Wien, sein Grätzel und seine Community, verweist dabei gerne auf seinen „Migrationshintergrund“.
So steht „Plusvieracht“, der Titel seines Debut-Albums, für die Telefonvorwahl seines Heimatlands Polen. Die Hymne an die Tennissocken von FILA läuft unterdessen eh schon auf FM4 heiß, aber das Album hat auch noch viele andere Facetten zu bieten. Ein erstklassig cheesy Synthie etwa in der Intro „19“. Geschmeidige Reime, die immer gern ein bisschen an der Grenze zwischen legal und egal angesiedelt sind. Lieblingssong der verschachtelte „Film“. SLAV, das ist immer, in jeder Songzeile, in jedem Track, eine feine Mischung aus Coolness und Emotion. Und man darf nie vergessen, der Kerl ist noch sehr jung, da kommt noch einiges.
Mit diesem Album hat er jedenfalls einen Grundstein gelegt, der auch in Deutschland bereits wahrgenommen wird. Nach dem Album-Release am 3. 5. im Fluc begibt sich Herr SLAV daher mal nach Germany, nach Salzburg und nach Lustenau, ehe im Herbst die große Tour mit Jugo Ürdens ansteht. Mit seinem Haberer hat der SLAV natürlich auch eine Nummer gemacht. Das verträumte „Was wenn“ ist der krönende Abschluss des Albums.
Foto: SLAV by Masa Stanic
VIVIN: „KAOS“, Seayou Records VÖ 10. 5. 2019
Gleich noch ein Debut-Album. VIVIN ist ein Trio mit Homebase Wien, bestehend aus Ada Joachimsthaler, Franziska Kleinschmidt und dem in Musik-PR-Kreisen nicht ganz unbekannten Hele Maurer. VIVIN, das ist Pop, durchaus in Großbuchstaben. Also POP. Und sonst?
Erstaunlich viel Sozialkritik bis hin zu einer Mauer aus Düsternis. Lassen Sie sich nicht täuschen: Das Album tut auf lieb und nett, hat aber seine Schattenseiten, die nicht nur in Songs wie „Kaos“ oder „Memento“ sichtbar werden. Erstaunlich ist vor allem auch die Arbeitsweise. Denn die Songs werden nach dem Rotationsprinzip erarbeitet, jede/r übernimmt reihum das Instrument des/der anderen und so entstehen neue Strukturen, neue Ideen. „KAOS“ hat erfreulich viele davon anzubieten, wie man sich am 8. Mai im Wiener B72 bei der Präsentation überzeugen kann.
FUZZMAN: „Hände weg von Allem“, Lotterlabel VÖ 3. 5. 2019
Grundgütiger, wie schnell vergeht die Zeit. Die coole Fuzzman-Platte, die uns erstmals in sein Pop-Dada-Universum holte, ist schon wieder drei Jahre her.
Schon damals haben wir von Kitsch und subtil geschrieben, jetzt ist der Fuzzman noch einen Schritt weiter gegangen und hat ein richtiges Schlager-Album gemacht, man möchte es kaum glauben. Zeilen wie „Irgendwann wird der Schmerz wieder gehen“ werden die Indie-Kritiker wohl noch länger beschäftigen.
Denn nichts davon ist zynisch, ironisch aber dann doch wohl. „Gerne Schokolade“, „ich tachinier“ und „Hände weg von allem“, da baut einer aus Textfragmenten und Sound-Splittern eine kleine Welt, die auch Leuten wie den Flaming Lips oder aber den Pet Shop Boys gefallen könnte.
Fuzzman, der in den vergangenen Jahren einen Haufen junger Künstler beim Wachsen unterstützt hat, ist damit an einem Punkt angelangt, wo man sich erst einmal zufrieden auf den Zebrastreifen legen kann statt einfach nur drüber zu marschieren. Danke für diese große Portion Pferdeäpfel, Liebe und Schmalz. Muss man hören – und sehen: 16. 5. Graz, PPC, 17. 5. Linz, Stadtwerkstatt, 18. 5. Wien, WUK, 24. 5. Dornbirn, Spielboden und 25. 5. Salzburg, Arge.
QUEEN LEER: „Dreams Pyres“, Superior Street Records VÖ 10. 5. 2019
Die fünf Herren aus Wien, Graz und Völkermarkt waren früher auch unter anderem Namen unterwegs, „Superior Street“ falls sich wer erinnern mag. Jetzt haben sie ihr eigenes Label so genannt und sich selbst zu Königinnen erhoben. Auf „Dreams Pyres“ bringen David Samitsch, Daniel Kaiser, Mario Grilz, Simon Trap und Stefan Slamanig eine spannende Mischung aus Indie-Pop (vgl. Beirut) bis hin zu Folk, Gitarren-Rock und Psychedelic.
„So schön!“ schreibt die PR-Lady dazu und sie hat recht. Das Album, das man unmöglich einfach so nebenher hören kann, packt einen und beutelt einen dezent durch die Musikgeschichte. Angeblich gibt es sogar irgendwo einen Hinweis auf den alten Ovid versteckt, aber wir sind keine Literaturwissenschafter, sondern einfach gestrickte Blogger. Und als solche sagen wir: Diese Platte muss man haben. Erstaunlich genug, dass bisher in den klassischen Medien noch nichts darüber zu finden war (oder haben wir es übersehen?). Für alle, die Pop ohne Electro mögen. Live am 26. Juni im Fluc im Gefolge von Wayne Graham.
ROSI SPEZIAL: „Alles isch alles“, Füdla Records VÖ 10. 5. 2019
Okay, das ist jetzt die schräge Abteilung. Vier Vorarlberger machen irgendwie so etwas wie Freejazz gekreuzt mit Pop. Gewisse (Rock-)Kabarettansätze lassen sich auch nicht bestreiten. Und der Jazz, das kann man beruhigt feststellen, nervt kaum bis gar nicht. „Alles isch alles“, das stimmt zwar heute auch nicht immer. Aber „limitiert ist bei mir leider nur der Verstand“, das kennen wir. 13 Songs, 12 davon aus der eigenen Feder, bilden eine vielfältige Platte, die wohl live besonders gut funktioniert. Ein großer Spaß, das ist garantiert. Wer sich davon überzeugen will: 15. 5. Chelsea in Wien, 16. 5. Graslerei in Graz, 17. 5. Jellyfish Innsbruck, 18. 5. mit dem Nino in Bludenz, am 19. 5. in Rankweil und am 21. 5. in Linz. Wer sich vorab einen Eindruck verschaffen will, sollte sich das da anschauen:
FRED SCHREIBER & DAS GROSSE KOMPLOTT: „More than Swing“, Problembär RecordsVÖ 10. 5. 2019
Die Welt ist ungerecht. Manche können irgendwie alles und unsereiner? Aber lassen wir das. Fred Schreiber ist nämlich trotz unbestreitbarer Verdienste ein hochsympathischer Kerl. Er kann Radio und TV (hat die „Sendung ohne Namen“ erfunden und mischt bei Grisse-Stermann kräftig mit), er ist Sprecher und irgendwie sieht er dabei auch noch verdammt schneidig aus. Und jetzt Musik auch noch?
Nein, die Geschichte ist umgekehrt. Singer-Songwriter war der gebürtige Münchner nämlich schon die längste Zeit. Mit den „Falschen Freunden“ hat er musiziert und mit Nicola Conte wohl auch so etwas wie einen internationalen Hit gehabt. Erfreulicherweise beweist der Mann mit seiner Swing-Platte rundum Geschmack. Da schillert der Bossa Nova, da funkelt der mediterrane Pop mit Italo-Charme, da gibt es ein dezentes Sax im Latin-Style. Und Wien liegt plötzlich am Meer. Eine Platte, die das Leben versüßt, die Freude macht, die Swing in den Frühling bringt.
Schreiber hat sich mit dem „großen Komplott“ ein Dutzend Jazzer ins Haus geholt und transferiert Songs von Franz Ferdinand, den White Stripes, Strokes, Dandy Warhols, Raconteurs oder Oasis ins Wiener Calypso-Universe. Wenn es gerecht zugeht, darf er die Platte dann auch bei „Willkommen Österreich“ präsentieren oder noch besser im ironiefreien Frühstücksfernsehen. Und vielleicht sogar im Café Acapulco in Graz, das wärs! Große Empfehlung für Menschen mit Stil.
ELIS NOA: „Love Letters“, Las Vegas Records EP VÖ 3. 5. 2019
Das Schöne am Blogger-Dasein: Neben guten alten Bekannten gibt es jeden Monat etwas Neues zu entdecken, diesmal ein Trio aus Wien, das bislang eine EP und ein paar Singles vorweisen kann. Zarter Electro-Sound wird mit Soul gemischt, dazu hat Sängerin Elisa Godino eine wunderbare Stimme zu bieten. Vier hübsche Pop-Songs warten da auf alle, die jetzt schon eine Band hören wollen, die nach unserer Einschätzung 2020 größer herauskommen wird. Live-Termine: Am 3. Mai in der Kulturfabrik Kufstein und am 10. Mai im B72 zu Wien.
LA FONS: „II“, Lindo Records VÖ 26. 4. 2019
La Fons sind schon länger dabei, seit ihrem Debut-Album sind mittlerweile 7 Jahre vergangen. Schon damals hielten wir fest, dass dieses Duo eher an P. J. Harvey erinnert als an Austro-Pop. Daran hat sich dann aber doch ein bisschen was geändert, denn zu den englischen Texten gesellen sich nun auch eine Hommage an den „Käseleberkäse“, die Liebe, das Wort und der Ozean.
Geblieben ist der verträumte Pop, der mit elektronischen Mitteln aufgearbeitet wird. La Fons hauen nie auf die große Trommel und segeln daher wohl auch ein wenig unter der massiveren medialen Aufmerksamkeit durch. Ein bisschen FM4 ist schon und auch der alte Haudegen Eberhard Forcher hat Gefallen am Sound des Ehepaars Bauernfeind gefunden.
Die mit Unterstützung von CrowdfunderInnen realisierte Platte ist aber ein echtes Distinktions-Tool, denn nur wirkliche Kenner werden sich dieses sanfte Pflänzchen in den Haushalt holen. Jetzt kommt die gute Nachricht: Es zahlt sich aus. „II“ ist eine feine Sache.
AGNES MILEWSKI & A Mile of Sky: „Test Case Songs“, Innuendo VÖ 3. 5. 2019
EPs machen wir hier ja eigentlich nicht mehr wirklich oft, dazu gibt es zu viele Alben. Aber bei Agnès Milewski sollte man ebenso wie bei Elis Noa ganz dringend eine Ausnahme machen. Die vier Songs sind wunderschön, herrlich klassisch. Heißt auch: analog. Mit richtigen Instrumenten und jeder Menge Talent eingespielt.
Irgendwo zwischen Jazz, Folk und Pop angesiedelt, die nächste Ballade stets griffbereit. Am 3. Mai präsentiert Milewski ihre EP am Biohof Teix in Asperhofen.
1 Antwort auf „Tonträger des Monats Mai / AT“
Danke dir für die schönen Worte!