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Musik

Tonträger des Monats September / Ö

pumpkin records: No. 100. 2 LP/digital 2018

Ein Plattenlabel, das seit zwanzig Jahren (!) gute bis sehr gute, rare bis sehr rare und vorwiegend heimische Musik veröffentlicht. Ein Label, das auch den Haubentaucher nicht unwesentlich geprägt hat. pumpkin records also feiert seine 100. Platte.

Und wie! Mit einer schicken Doppel-Vinyl und so etwas wie einem Best-of. Son of the Velvet Rat. Bell Etage. Tiger Family. Elsa Tootsie… to name a few. Dazu einiges Neues eher Unbekanntes wie Die Riesen oder Neuschnee. Eine dicke fette Geburtstagstorte, die dringend in den musikalisch aufgeräumten Haushalt gehört.

Eine Party gibt es natürlich auch. Am Mittwoch, 12. 9., wird das Forum Stadtpark in Graz auch interessierten (Kultur-)Politikern zeigen, wie offen es sein kann. Wenn es mag.

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Sir Tralala: “Echt gute böse Lieder”, Schallter/monkey, Sept. 2018

David Hebenstreit ist Sir Tralala. Eine vordergründig skurrile Musikerpersönlichkeit. In Wahrheit aber ein grandioser Künstler, der seit deutlich mehr als zehn Jahren seine Spuren vorrangig in der Wiener Szenerie hinterlässt. Die charakteristische, einigermaßen aufgeriebene Stimme, die abgedrehte Instrumentierung, dazu Texte, die schaurig-schön sind.

Diese bösen Lieder sind eine phantastische Reise in die wienerische Halb- und Unterwelt in bester literarischer Tradition. Fangen wir mit unserem Lieblingslied an: “Zombie”. Erinnert fast ein bisschen an die frühen Viech und an allerlei düster gestimmte Großmeister aus den 1970ern. Dann “Stirb langsam”, ein perfides Kinderlied wie aus dem Ostermayer’schen Sumpf. Die Orgel ertönt und es erklingt “Du liebe Sau”.

Das muss alle Fans des Ernst Molden, des Nino aus Wien, von Georg Danzer und Sigi Maron vereinen. Wir fordern es laut und mit grantigem Unterton: Diese Platte soll in die Charts. Und in eure Musikaliensammlung, ihr Zombies! Noch was: Das Cover ist von Jörg Vogeltanz. Echt gut.

The Ghost and the Machine: “Red Rain Tires”, Noise Appeal Records, Sept. 2018

Das Trio aus Wien mit einem Drittel Dresden legt Wert auf erdigen Sound, der sehr deutlich den Bass (Heidi Fial) heraushängen lässt. Dazu kommt ein bekannt starkes Gitarrespiel (Andi Lechner) und die Drums (Matthias Macht). Auf Noise Appeal (immerhin das Label von Unruhestiftern wie Fuckhead) ging es selten so konzentriert und ruhig zu, fast schon Kammermusik. Man darf das Blues nennen, auch wenn es immer wieder Anklänge an den (Indie-)Rock nimmt. Alles jedenfalls sehr echt, sehr un-virtuell. Ausgesprochen wohltuend, wenn man in diesem Sommer eindeutig zuviel Kommerzradio abbekommen hat.

Like Elephants: “Kaleidoscope”, LasVegas Records, Sept. 2018

Stilwechsel. Die fünf oberösterreichischen Elefantenliebhaber sorgten (auch bei uns hier) mit dem ersten Album und den nachfolgenden Singles für positive Gefühle. Luftig, poppig. Aber nicht mehr (wirklich ausschließlich). Das Kaleidoskop beinhaltet nun auch Melancholie und Ängste. Trotzdem kommen die 12 Nummern mit großer Leichtigkeit daher geschwebt. Sehr ausführlich sind die Presse-Unterlagen nicht, aber wir gehen davon aus, dass auch bei der Platte wieder Christofer Frank als Produzent seine Finger im Spiel hatte. Und was sicher ist: Like Elephants gibt es am Waves in Wien am 29. 9. – das wird übrigens sowieso ein guter Termin, da spielen nämlich auch VIVIN – und die sind ebenfalls sehr super. Zurück zu “Kaleidoscope”: Wer hören will, wie heimischer Pop klingt, wenn er richtig gut gemacht ist, ohne jede Peinsamkeit, der sollte der jungen Band einfach mal eine Platte abkaufen. Hier kommt eine Kostprobe:

Der Traurige Gärtner: “Hitzewelle”, DTG Records, EP Sept. 2018

Es sollte sich schon herumgesprochen haben, dass wir zwei junge Leute derzeit für grenzgenial halten. Und beide leben in Wien. Das wars dann aber vorerst mit den Gemeinsamkeiten. Jugo Uerdens, der Adidas-Fan mit Balkan-Background, kommt im Oktober wieder dran. Jetzt ist erst mal Der Traurige Gärtner dran. Den haben wir hier bereits vorgestellt. Und jetzt sind seine Wahnsinnsnummern “Mag sie Buben oder Mädchen”, “Hitzewelle” oder “blau, rot, grün” endlich auf einer CD zu finden.

Mit Wahnsinn meinen wir übrigens auch gepflegten Irrsinn. Denn der Traurige Gärtner (DTG) ist nicht nur schön anzusehen (wenn er will), äußerst versiert in seltsamen Electro-Sounds, sondern hat auch einen ordentlichen Klescher. Was super ist, ehrlich! Er liebt Verkleidungen, Ananas-Outfits, Fundstücke aus der Pop-Kultur. Seine Welt ist so bunt wie Hollywood in den 80ern. Seine Songs fahren ins Ohr und lassen einen nicht mehr los. Auch wenn es manchmal echt hart ist, sich beim lautstarken Absingen in der Öffentlichkeit zu erwischen (“Maggg sie Buuuuuben oder Määäädchen…”). Manche finden das sicher voll bescheuert. Wir lieben es! Und ganz ehrlich: Ist eh auch Ironie dabei, für die Intellektuelleren unter euch…

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