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Sachbuch des Monats: Vom Einfachen das Beste

Franz Keller: “Vom Einfachen das Beste”, Westend Verlag April 2018

Der Untertitel: “Essen ist Politik oder warum ich Bauer werden musste, um den perfekten Genuss zu fnden” verrät bereits die Richtung. Der frühere deutsche Sterne-Koch Keller, der sein Handwerk unter anderem bei Bocuse lernte und mit Stars der Szene wie Eckart Witzigmann eng verbunden ist, geht zum Angriff über.

Die Nahrungsmittelindustrie, die “Haubengastronomie”, aber auch die “Geiz-ist-geil-“Konsumenten bekommen ihr Fett ab. Keller stellt dem gegenüber eine Besinnung auf alte Tugenden, fast schon ausgestorbene Obst- und Gemüsesorten, nur mehr selten gezüchtete Tierrassen. Dieses Plädoyer, das den ersten Teil des Buches ausmacht, mag treffend sein, wirklich spannend aber wird es danach. Seine Lehr- und Wanderjahre in der deutschen, französischen und italienischen Gastronomie schildert der Autor schonungslos, offen, direkt. Auch den Drang nach immer mehr Wachstum, der fast zum Ruin geführt hätte, schildert Keller am eigenen Leibe. Und selbst den beinharten Konflikt mit dem eigenen Vater um das elterliche Wirtshaus, um Ruhm, Geld und Ehre, spart er ebenfalls nicht aus. Selbst wie es ist, wenn man für die Queen kocht und in letzter Minute der Zeitplan geändert wird, erfährt man so ganz nebenbei.

Wer sich ernsthaft dafür interessiert, wie heute Nahrungsmittel hergestellt und verarbeitet werden, sollte sich dieses Buch gönnen, auch wenn manches in Überlänge daherkommt. Es tut gut, Sätze zu lesen wie den folgenden: “Ich habe jedenfalls keine Lust darauf, meinen Gästen etwas vorzumachen, bei den Grundprodukten wegzuschauen, zu sparen, langsam zum Zyniker zu werden und schlechtere Grundprodukte zu kochen, nur um mehr Profit zu machen.” Zugleich fordert Keller mehr Ruhe und Menschlichkeit in den Betrieben, auch wenn die Rahmenbedingungen immer härter werden, wie wohl jede Wirtin und jeder Wirt bestätigen kann. Ein wichtiges und erfreulich offenherziges Buch, das genau zur richtigen Zeit serviert wird.

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