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Musik

Tonträger des Monats Februar / Intern.

Franz Ferdinand: “Always Ascending”, Domino Records VÖ: 9. 2. 2018

Fast hätten die Herrschaften vor etlichen Jahren als weitgehend unbekannte Truppe im Kunstverein in Graz gespielt, aber leider kam dann doch noch der große internationale Durchbruch dazwischen. Ab 9. Feber liegt das fünfte Album vor, das in London und Paris produziert wurde, und den typischen FF-Sound in Pop-Sphären hochjazzt.

Das neue Bandmitglied namens Julian Corrie, der Nick McCarthy ersetzt, ist dafür sicherlich nicht allein verantwortlich. Die erstmalige Zusammenarbeit mit dem eigenwilligen Super-Producer Philippe Zdar schon eher. Die Sounds auf dem Album sind wirklich sehr sehr ungewöhnlich für Franz Ferdinand. Bandleader Alex Kapranos hat sich angeblich von kretischer Musik und dem Komponisten Yiannis Markopoulos inspirieren lassen, was laut Pressetext den repetitiven Charakter mancher Songs mit erklärt.

Das Resultat: 10 Tracks, die zwischen Erstaunen und massivem Coolness-Faktor zu liegen kommen. Und eine Platte/Kassette/CD, die man 2018 einfach haben muss. “The Academy Awards for good times goes to you!” Das Kompliment kann man nur an die Fränze weitergeben… PS: Ab dem 1. März touren die Thronfolger durch Europa.  Die Bevölkerung in München und Wien (13. 3. Gasometer) darf sich schon mal auf was gefasst machen…

Bart Budwig: “Sabai”, Vivre Arts VÖ: 1. 2. 2018

Zuletzt war er im vergangenen April in unseren Breiten unterwegs und hat dabei offensichtlich so viele neue Freunde gefunden, dass er mit seinem pressfrischen Album demnächst wieder kommt: Der Bart mit dem beachtlichen Bart is back again on the road. Was erwartet das interessierte Publikum? Eine leicht nasale Americana-Stimme, eine nicht immer hundertprozentig akkurat gestimmte Klampfe und ein Mann, der sich einen Dreck um Moden und Konventionen schert. Bart Budwig ruht in sich. Und lebt die US-Singer-Songwriter-Tradition damit wie derzeit kaum ein zweiter. Einen Weltklasse-Song hat er auch auf der Platte versteckt: “Bonnie & Clyde”.

Besser als der Pressetextautor können wir es auch nicht sagen: In Oregons weit nordöstlichen Regionen, tief in den Wäldern der Eagle Cap Wilderness versteckt, befindet sich eine Hütte namens Sabai. Es war hier in dieser parochialen Stille, mit einem Feuer, das sanft zu seiner Seite knackte, wo der in Idaho geborene Pflücker BART BUDWIG seine Solo-Melodien verewigte.”

Sehr schöne Platte auch ohne Hütte und Lagerfeuer, wie man sich am 5. März in der Grazer Scherbe, am 6. 3. im Rhiz, am 7. 3. in Frastanz und am 9. 3. im Club Glam in Feldbach überzeugen kann. Saalfelden, Villach, Innsbruck bespielt er dann auch noch. Wer immer den Tourplan zusammengestellt hat, hatte eventuell gerade keinen Atlas zur Hand. Oder es ist dem Bart nur recht, wenn er möglichst viel auf der Straße ist.

Son Lux: “Brighter Wounds”, City Slang VÖ: 9. 2. 2018

Son Lux wurde vor genau 10 Jahren von Ryan Lott ins Leben gerufen und war eigentlich als Solo-Ding geplant. Da hatte einer aus L.A. Klassik studiert und wollte sich damit nicht zufrieden geben. Die Soundtracks zu “Das Verschwinden der Eleanor Rigby” und “Margos Spuren” waren wichtige Zwischenschritte für Lott. Heute aber ist Son Lux größer, bunter, mehr Electro und mehr Pop, aber auch abgründiger als sich das der Bandgründer wohl jemals erträumt hätte. Dafür verantwortlich: Gitarrist Rafiq Bhatia und Drummer Ian Chang, beide aus NY.

Wie bei Franz Ferdinand ist auch dieses hier das fünfte Album und es ist soundtechnisch gar nicht so weit weg von den schottischen Kollegen. Man sollte sich von den hymnischen Gesängen und dem mitreißenden Rhythmus nicht täuschen lassen: Das ist keine rundum heitere Platte, sondern ein vielschichtiges Meisterwerk der Gegenwart. Es geht um Verluste und Niederlagen, da ist bei Ryan Lott in den vergangenen Monaten auch so einiges drunter und drüber gegangen. “Brighter wounds” als Titel trifft es daher perfekt. Und ganz ehrlich: das ist jetzt schon eine der Platten des Jahres! Live am 1. 3. in der Wiener Arena. Sagen wir es, wie es ist: Pflichttermin.

Wollen wir mal reinhören ins neue Album? Ja wollen wir:

Balto: “Strangers”. Total Reality Meltdown VÖ: 16. 2. 2018

Kenner unseres kleinen Kulturportals fragen sich jetzt bestimmt schon: “Nix Portland, Oregon, diesmal?” Doch, doch, eh klar, kommt schon…

Balto, das war mal so ein Solo-Projekt von Dan Sheron und als solches kommt es auch demnächst in unsere düsteren Kellerräumlichkeiten. Großartige Stimme, cooler Typ. Mittlerweile ist Balto aber eigentlich ein Quartett, das sich deutlich an den späten 1960ern und 1970ern orientiert. Namentlich an Motown-Sounds, der Plastic Ono Band und frühem Brit-Pop. Eine spannende Nahebeziehung pflegt Dan Sheron auch zu Russland, wo er gerne unterwegs ist. Hoffentlich hat der US-Geheimdienst nichts dagegen.

Jetzt geht es aber erst mal nach Österreich und zwar solo nach Innsbruck (22. 2., Hard Rock Café), Feldbach (23. 2., Glam), Timelkam (24. 2., Bart), Haag (18. 3. Böllerbauer) und Wien (19. 3., Haus der Musik). Auch für Blues- und Folk-Fans eine feine Gelegenheit, den Cadillac auszuführen. Und nicht schrecken: Die Platte hat ein atemberaubendes Cover, das uns irgendwie an Scientiology erinnert und nur ansatzweise zur Musik passt. Ist aber auch wurscht…

Hookworms: “Microshift”. Domino Records VÖ: 2. 2. 2018

Das nennt man Pech: Die fünf Hookworms aus Leeds arbeiteten 2015 nicht einfach an ihrem dritten Album – nein, sie wollten es auch endlich im eigenen neuen Home-Studio produzieren. Doch dann kam die Flut. Und in Leeds war Hochwasseralarm. Studio hinüber, Platte zum Vergessen. Wäre da nicht die nette Crowd da draußen. Mit einer GoFundMe-Kampagne und freiwilligen Helfern gelang es der Band, das Studio zu renovieren und die Platte Microshift doch noch fertig zu bekommen.

Es war viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt. Synthies dominieren auch hier, dazu Samples, Drum-Machine-Sound plus das, was man schon bisher an Gitarren-Rock von der Band gewohnt war. Und ein bisschen Jazz gibt es obendrauf. Aber aus dem Rock der frühen Hookworms ist nun so etwas wie reifer Electro mit deutlichem Bezugsrahmen zu den späten 1980er Jahren geworden. Die Tiefe kommt aus den Texten und von Themen wie Verlust und Widerstand. Die Platte ist so englisch wie der 5-Uhr-Tee mit einem Gin Tonic und eine äußerst erfreuliche Angelegenheit für alle, die gerne ohne Vorschlaghammer Musik hören. Live erst mal in Berlin und dann in UK unterwegs.

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