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Haubentaucher des Monats

Haubentaucher des Monats: Siegfried Nagl

Siegfried Nagl: Dabeisein ist alles.

Der Grazer Langzeitbürgermeister kann zwei Sachen beneidenswert gut: 1. Wahlen gewinnen. Das ist für einen Politiker natürlich nicht ganz unwesentlich. Und 2. Absurde Ideen ventilieren. Geradezu legendär wurde sein Vorschlag, eine Gondel über die Mur spannen zu lassen. Auch in “guter Erinnerung”: Der von ihm einige Wochen lang inniglich begrüßte Plan einer Parkgarage am Eisernen Tor, die wohl kaum geeignet wäre, die Verkehrssituation in der Gegend zu entschärfen. Aber immerhin: Die PR-Wirkung stimmt. Wochenlang berichten die Kleinformate über Nagls innovative Vorschläge.

Was der gelernte Betriebswirt eher ungern macht: sich mit seinem Regierungsteam um die eigentlichen Herausforderungen der Stadt zu kümmern. Und noch viel weniger mag er die Meinung seiner Bürgerinnen und Bürger hören, für die er der Meister sein soll.

Jüngstes Beispiel: Graz soll sich nach den Wünschen Nagls um die Olympischen Winterspiele bewerben. Am besten gemeinsam mit Schladming und allenfalls auch anderen Orten. Selbst wenn man das Projekt bewussst nicht als Mega-Event anlegt, werden dafür dreistellige Millionenbeträge notwendig sein, die weder die Stadt hat noch Land, Bund oder das IOC Graz einfach so schenken werden. Die heimischen Medien verfügen offenbar über Informationen, dass die Mehrheit der Bevölkerung diese Pläne schon jetzt klar ablehnt. Seltsamerweise gibt es darüber aber in den Zeitungen bislang nichts zu lesen. Statt dessen wird Nagl zitiert, der sinngemäß meint, man sollte die Grazerinnen und Grazer dazu nicht befragen, weil – Weltklasse Begründung! – ja nicht allein sie betroffen sein würden.

Schon jetzt kann man davon ausgehen, dass Graz nie und nimmer Olympische Winterspiele veranstalten wird. Das weiß Nagl vermutlich auch. Aber mit der neuen “Idee” lenkt er geschickt ab von den eigentlichen Problemen. Als da wären? In erster Linie die maroden Finanzen der Stadt. Dann: Eine miserable Luftqualität, die den Olympioniken bei allfälligen Freiluftbewerben den Atem rauben würde. Ein Bauboom, der anscheinend keine Grenzen kennt, schon gar keine des guten Geschmacks. Und ein blauer Koalitionspartner, der einen früheren Neonazi mit bis heute starken Verbindungen zu den rechtsextremen Identitären zum Gemeinderat macht. Auch bei diesem gilt schließlich: Dabeisein ist alles.

Foto ©: Bürgermeister Siegfried Nagl / Stadt Graz / Foto Fischer

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