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Bilderbuch des Monats (plus Ausstellung!)

Daniela Bartens und Martin Behr (HG.): “Gerhard Roth. Spuren. Aus den Fotografien von 2007 bis 2017”. Residenz Verlag.

Was auch nicht alle wissen: Der steirische Schriftsteller Gerhard Roth ist ein begeisterter Fotograf. Seine Bilder, die  von einem genauen Blick auf das Ungenaue zeugen, sind noch bis Anfang März im Grazer Literaturhaus zu sehen. Am 8. 3. gibt es ebendort eine literarische Finissage mit Klaus Dermutz. Das alles würden wir nicht erzählen, wenn es sich dabei nicht um eine hochinteressante Schau handeln würde.

Gerade weil Roth nicht nach dem Spektakulären, dem Witzigen oder dem Absurden sucht, sondern Alltäglichkeiten ins Zentrum seiner Bildwelten und Serien stellt, sind diese Fotografien so spannend. Durch den Fokus auf an sich Unbedeutendes entsteht eine neue spannende Perspektive. Erfreulicherweise ist die Ausstellung in der Folge ab 16. März im überaus besuchenswerten Greith-Haus in der Südsteiermark zu erleben. Oder eben in Buchform.

Der Residenz Verlag hat die Abbildungen von allerlei merk-würdigen Spuren mit einem Einführungstext von Martin Behr und einem Interview von Bartens mit Roth angereichert. Im Mittelpunkt stehen freilich die titellosen Bilder. Spuren in der Natur von Farben und Lacken, pflanzlichen und tierischen Überresten, allerlei verlassenen Gerätschaften, all das sammelt Roth akribisch und stellt es in einen neuen Kontext. Der Künstler dockt damit nicht nur an die fotografische Tradition von Großmeistern wie Walker Evans an, sondern auch an das eigene Medizinstudium.

Roth stellte seine Fotografie rund um das Jahr 2007 auf digital um, was für Puristen manche Einschränkungen mit sich bringen mag, für ihn selbst allerdings einen großen Vorteil hat: Die Kamera ist oft dabei und schnell gezückt, die Bilder bearbeitet Roth mit einfachen Instrumenten selbst am Computer und braucht dafür keine Dunkelkammer mehr. Das Display zeigt bereits bei der Aufnahme, was am Ende zu sehen sein wird. Ein Jahr lang erforschte er einen nahe gelegenen Teich, umrundete ihn ein ums andere Mal und fotografierte, was er entdeckte. Auch ein Steinbruch wurde so zu einem vielseitigen Fund-Ort. Zu viel Interpretationslust und Erklärwut möchte der Autor freilich nicht aufkommen lassen. “Am besten wäre es, die Bilder nur zu zeigen”, sagt er im Gespräch mit Daniela Bartens. Als Betrachter würde man sich dennoch manchmal eine nähere Erklärung der Hintergründe wünschen, so muss die eigene Phantasie beim Ent-Rätseln zuweilen kräftig mithelfen.

Und nur für den Fall, dass Sie mit den Büchern Gerhard Roths bislang wenig anzufangen wussten: Nach dem Betrachten dieser Bilder werden Sie auch seine Gedanken und Texte besser verstehen…

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