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Musik

Tonträger im Juni / national

Ant Antic: “Wealth”. Seayou Records VÖ: 9. 6. 2017

Seit 2015 sind Tobias Koett und Marco Kleebauer zumindest Insidern unter dem Signet Ant Antic ein Begriff. Beide stammen aus OÖ, der eine lebt heute in Wien, der andere in Berlin. Unsere Hypothese: Aus beiden Städten wurden wichtige Elemente für das erste Album “Wealth” verwendet. Der R & B und Hip-Hop-Anteil könnte etwas stärker von Wien geprägt sein, der Dance-Part von Berlin. Oder auch umgekehrt, das werden Koett und Kleebauer sicher besser wissen. Die Platte ist jedenfalls zugleich Tanz-Stoff für die aufgeweckteren Clubs wie auch zurück genommener Chill-out-Sound für die Bar mit Geschmack. Oder für daheim oder für unterwegs. Also eigentlich immer. Außer man ist Heavy-Metal-Fan.

Der Haubentaucher in der deutschen Hauptstadt müsste eigentlich die perfekte Location dafür sein. Weil: Starke Stimme, coole Instrumentierung und keine Angst vor einem gelegentlichen Vollbad im Pop. Und dann piepst und fiepst es auch genau an der richtigen Stelle. Kann man hundertmal hintereinander hören, ohne sich auch nur eine Sekunde zu langweilen. Und den provinziellen Hinweis erlauben wir uns an dieser Stelle: Das Teil könnte ebenso gut aus dem noch Vereinten Königreich kommen. Die Platte gehört daher mit Sicherheit in jeden gut sortierten und an Ö-Musik interessierten Haushalt. Und die nächsten Shows gehören besucht.

21. 6.2017 Wien, B72
23. 6.2017 Vöcklabruck, OKH
24. 6.2017 Graz, Augartenfest
27. 6.2017 Berlin, Kantine am Berghain

Foto: AntAntic / Erli Gruenzweil

Die Buben im Pelz: “Katzenfestung”. CD/LP/digital Noise Appeal VÖ: 9. 6. 2017

“Die Katzen erobern die Scheißewohnung und die Therme ist hin”, wenn eine Platte so anfängt, dann weiß man: Das wird nichts mit Ö3. Obwohl: Wanda haben sie ja dann auch irgendwann gespielt. FM4 wird aber natürlich der logischere Kanal. Und womöglich springt auch die deutsche Qualitätspresse wieder auf den pelzigen Buben-Zug auf. Die werte Hörerschaft darf sich auf düsteren Austro-Rock und ausschließlich eigenes Buben-Liedgut freuen. Christian Fuchs und David Pfister stellen die Vocals deutlich ins Zentrum des Geschehens. Christof Baumgartner gibt den knochentrockenen Gitarrenrocker und Ralph Wakolbinger bearbeitet die Drums, dass sich viele US-Bands klassischer Prägung noch was abschauen könnten. Support kommt unter anderem von Leuten wie Sir Tralala, Robert Lepenik, Teresa Rotschopf und Voodoo Jürgens.

Man muss ein gewisses Faible für Ironie sowie ein bissl Geduld mitbringen, sonst wird man diese Platte rasch ins Eck stellen. Laut Pressetext geht es um Wien inmitten der Apokalyse. Wenn die Wohnung zum Bunker wird, dann regieren die Katzen. Der Sound aber ist nicht futuristisch, sondern ziemlich klar in die 80/90er gerichtet. “Und trotzdem ist es ein Erlebnis”. Ein gruselig-schönes sogar. Inklusive versteckter Indie-Hits wie “Endloser Sommer”. Release-Show am 16. 6. in der Roten Bar im Volkstheater – das könnte richtig groß werden!

Ernst Tiefenthaler: “Welt”. EMG VÖ: 21. 6. 2017

Mr. Ernesty hat es wieder getan. Sein sechstes Solo-Album (wenn wir richtig gezählt haben) fällt allerdings gesanglich/textlich aus der Reihe. Auf “Welt” singt er (endlich!), wie ihm der Schnabel einst in Oberösterreich und später in Wien gewachsen ist. Das liegt derzeit ja auch ziemlich im Trend, ist aber zugleich wohltuend und passend. Plötzlich wird vieles verständlich, was früher im typisch eingängigen Ernesty-Sound im Hintergrund blieb.

Was einen da erwartet: “Ka heile Wöd”. Natürlich. Und außerdem eine Mischung aus eher verqueren, sich manchmal selbst fast verlierenden, und dann wieder einfachen schönen Songs, die genau auf den Punkt kommen. Anhänger des Tiefenthaler-Universums werden das mit Sicherheit mögen, alle anderen sollten der Platte eine Chance geben – und dann vielleicht noch eine. Perfekte Nummer zum Eingewöhnen: “Hoibe Portion”. Auch nicht unwichtig für den Gesamteindruck: Das 1a Artwork von Benjamin Tomasi. Präsentiert wird die Platte am 21. Juni im Theater Drachengasse in 1010 Wien.

TRACKER: “Rule of Three”. CD/ LP Noise Appeal VÖ: 16. 6. 2017

Die drei Herren aus Innsbruck, die hier die Regeln vorgeben, haben in ihrer frühen Jugend mit großer Wahrscheinlichkeit recht viele Platten aus Seattle gehört. Die Melvins sind bestimmt nicht beleidigt, wenn man sie als mögliche Bezugspersonen nennt. Es könnten aber auch die einen oder anderen richtigen Härtlinge darunter sein. Selbst sind Tracker auch keine 18 mehr, sie spielen bereits seit 2005, das entnimmt man zumindest ihrer Facebook-Seite.

Im Jahr 2010 schrieb dann der Kurier: “Eine mittelschwere Sensation: Drei Tiroler schichten Stoner-, Kraut- und Spacerock übereinander und fräsen sich dann mit bösen Gitarren quer durch”. Und das passt immer noch so, wobei auch stimmlich alles genre-gerecht und durchaus von internationalem Format ist. Zuweilen kommt das ganze in wunderbarer Metal-Slow-Mo daher, als würden die Saiten 100 Kilo wiegen. Für Leute, die fette Gitarren und Wüstenstimmung auch dann mögen, wenn die Alpenrepublik und nicht der Mittlere Westen als Homebase zu sehen ist, eine erstklassige Wahl. Zu loben ist auch hier das Artwork: In diesem Fall von Armin List. Albumpräsi ist am 15. Juni im Wiener fluc. Rock, baby!

Muscle Tomcat Machine: “Furrow. CD/ Rock is hell Records 2017

Der Grazer Multi-Artist David Reumüller, der zuletzt auch bei Klanglicht Graz einen Part im Dom im Berg spielte, komponierte 2013 mit Manfred Engelmayr (Bulbul, Broken Heart Collector) und Bernd Heinrauch (Produzent von The Striggles, Hella Comet, Reflector, Bunny Lake u.a.) die Musik zum Film „Manfred Perl“. Aus dieser singulären Kooperation wurde eine Band. Muscle Tomcat Machine arbeiteten in der Folge drei Jahre an einem Album und:
Voila, hier ist es. 

Angesichts der handelnden Personen (und der genannten Bands) ist es nicht verwunderlich, dass der Noise eine gewisse Rolle spielt. Aber nicht nur – beziehungsweise eigentlich nur zu Beginn. Das Klavier tritt dann immer deutlicher in den Vordergrund. Das Schlagzeug und die Gitarre fein ziseliert, um verschiedenste Atmos zu erzeugen. Spooky bis cineastisch, im wahrsten Sinne vielseitig, klingt das Werk, das auch einem David Lynch oder einem Blixa Bargeld gefallen könnte. Auf die Präsentation am 9. Juni 2017 im Grazer Forum Stadtpark darf man gespannt sein. 

Foto: Muscle Tomcat Machine / Garfield Trummer

Der Nino aus Wien: “Wach”. CD/LP/digital Problembär Records 2017

Neben Ernst Tiefenthaler (siehe oben) ist der Nino wohl einer der fleißigsten Musiker der Bundeshauptstadt. So gut wie jedes Jahr eine Platte, immer wieder neue Kooperationen, zuletzt hier besprochen und über den gleichfärbigen Klee gelobt: das grüne Album für den steirischen herbst.

Diesmal “wach”. Man weiß nicht genau, ist es das Wienerische “waaaach” oder doch das Gegenteil, das muntere “wach”. Vielleicht auch eine Kombination aus beidem, wenn man den Song “Es lebe der Schlaf” heranzieht. Was man auch deutlich hört: Die Prägung durch die Zusammenarbeit mit Ernst Molden und ein gewisses Faible für Lieder aus den 80ern. Die Kinks werden da in einem Song genannt, wir aber denken eher an die beste Zeit des Wolfgang Ambros. Auf Dauer ist “Wach” aber leider etwas ermüdend, zu monoton der typische Nino-Gesang, zu wenig Schwung. Eine Platte mit angezogener Handbremse. Am besten nach 4 Uhr in der Früh. 

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