Jan Novák & Jaromir 99: „Zátopek“, Voland & Quist 2016
Andere nehmen nach einer Prag-Reise einen Brummschädel vom tschechischen Bier mit. Unsereins bringt ein Faible für den großen Läufer Emil Zátopek nach Hause. 2016 war ein Gedenkjahr für diese einzigartige Figur im europäischen Laufsport, aus diesem Anlass wurde auch die Übersetzung dieser Graphic Novel ins Deutsche gefördert.
Für alle, die Zátopek nur dem Namen nach kennen: Der Mann arbeitete in einer Fabrik und musste erst mühsam überredet werden, zu laufen. Seine Eltern waren gegen jede sportliche Betätigung. Doch bereits bei den ersten Firmenwettkämpfen fielen sein großes Talent und sein starker Wille auf. Sein Körper hielt dem unbändigen Geist des Emil Zátopek kaum stand. Der Tscheche gilt als erster, der das Intervalltraining mit vielen Sprint-Einheiten perfektionierte. Bis zu hundert Stück seiner 400-Meter-Sprints soll er an einem Tag absolviert haben. Bald überflügelte er Spitzenathleten, sein großer Triumph fand bei den Olympischen Spielen in Helsinki 1952 statt, als die „Lokomotive“ gleich drei Goldmedaillen gewann.
Zátopek war aber nicht nur ein großer Sportler, sondern auch eine faszinierende – und sehr ambivalente – Persönlichkeit. Im Prager Frühling bezieht er klar Stellung gegen das Sowjet-Regime und fällt daraufhin in Ungnade. Die unzähligen Gelegenheiten zur Ausreise bzw. Flucht während seiner aktiven Karriere interessieren ihn offensichtlich nicht die Bohne. Am Ende wird Zátopek rehabilitiert und zählt heute zu den großen Persönlichkeiten seines Heimatlandes. Das Buch ist eine wunderbare Hommage, die seine Lebensgeschichte nachvollziehbar und eindrücklich schildert. Der klassische Zeichenstil mit harten Konturen passt perfekt in eine Zeit, die genauso hart war wie der eiserne Trainierer Zátopek. Auch die Schöpfer dieses Buches sind in Tschechien keine Unbekannten. Autor Jan Novák hat Drehbücher und Theaterstücke verfasst und mit Leuten wie Milos Forman oder Václav Havel zusammen gearbeitet. Zeichner Jaromir 99 ist Musiker, Texter und bereits mit zwei Graphic Novels über „Alois Nebel“ auch im deutschen Sprachraum aufgefallen.