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Roman des Monats November: Sophia, der Tod und ich

Thees Uhlmann: “Sophia, der Tod und ich”, KIWI Verlag 2015

 

„Ich hing nicht am Leben, ich wollte nur nicht für Trauer sorgen. Wie ein Fußballspieler, dem der Verein egal ist, der aber die Fans glücklich und jubelnd sehen möchte. Abtreten wie ein Mann. Dem anderen Tod ins Gesicht spucken“, schreibt Autor und („Tomte“- und bzw. Solo-)Sänger Thees Uhlmann in seinem Debütroman „Sophia, der Tod und ich“. Grundsätzlich macht Uhlmann Musik und begeistert durch seine persönlichen Texte in seinen Liedern und Live-Konzerten. Das kann der blonde Wahlberliner mit norddeutschen Wurzeln in Perfektion. „Wir haben einen exzellenten Ruf zu verlieren in schlechten Kreisen“, singt der deutsche „Boss“ in einem seiner Songs („Kaffee & Wein“).  Nun liegt sein erster gebundener „Longplayer“ vor (Achtung: Hörspiel gelesen von T. Uhlmann erscheint auf 8! Langspielplatten beim Label Grand Hotel van Cleef) – und eines sei verraten: Das Romanformat steht Herrn Uhlmann ausgezeichnet zu Gesicht.

Es ist Freitag, die Türklingel läutet, und vor der Tür des Erzählers steht ein Mann, der behauptet, er sei der Tod und wolle ihn mitnehmen. Er habe noch ungefähr drei Minuten für (s)einen letzten Wunsch. Zwischen dem namenlosen Erzähler und dem soeben kennengelernten Tod entsteht ein unerwartet witziger Dialog, gemixt aus Fußballjargon, Kalenderblattspruch und Lebensweisheiten. Vor dem plötzlichen Ableben bewahrt von Exfreundin Sophia, beginnt ein Roadtrip zwischen Himmel und Hölle. Gemeinsam mit der Ex und dem Sensenmann macht sich der Erzähler auf den Weg zu seiner Mutter und weiter zu seinem sieben Jahre alten Sohn Johnny, den er seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hat, dem er aber täglich eine Postkarte schreibt bzw. zeichnet. Diese Höllentour wird durch unzählige herzzerreißende Dialoge und Handlungen mit Leben und Liebe gefüllt und behandelt gleichzeitig die sogenannten wichtigen Fragen des Lebens.

Zwischen Melancholie und schwarzem Humor, irgendwo neben plattem Fußballspruch und Lebensphilosophie, begleitet von berührenden Charakteren, erzählt der Autor eine kraftvolle und witzige Geschichte. Zum Beispiel mit folgenden Zeilen: „Eine Autofahrt, nur wenige Zentimeter von der Frau entfernt, die mich anfasste, wie ein Schreiner das gelieferte Holz begutachtete, um den schönsten Tisch daraus zu bauen. Ich würde in dem Bewusstsein atmen, dass ich die Moleküle aus ihrer Lunge einatmete“ klingen anfangs vielleicht plump, gehen dann aber doch direkt ins Herz und beeindrucken nicht nur den eingefleischten Uhlmann-Fan.
„Sophia, der Tod und ich“ orientiert sich folglich an den Stärken von Thees Uhlmann. Er ist ein wortreicher Erzähler und kann auf unzählige persönliche Anekdoten seines (Musiker-)Lebens zurückgreifen. Wie in seinen Liedern kann Uhlmann durch starke Wörter und glaubhafte Sätze Bilder in den Köpfen der HörerInnen bzw. LeserInnen erzeugen wie fast kein anderer. Bei seinem Debütroman erschafft er so „großes Kino“ für den Kopf. Einzig die Ausflüge in das Fantasy-Genre (z.B. blaues Flammenmeer inkl. Kampfszene) – speziell am Ende des Buches – könnten als kleine Schwachstelle empfunden werden.
In Summe überzeugt er jedoch durch sympathischen Erzählstil und skurrile Dialoge. Die Beschreibungen aus der Kindheit und die Jugenderlebnisse erinnern an den Stil von Arno Geiger („Es geht uns gut“), sein „Roadtrip“ oft an Wolfgang Herrndorf („Tschick“) und die absurd-witzigen Dialoge an Wolf Haas („Der Knochenmann“, „Das ewige Leben“). Eine Anmerkung im Fußballjargon erscheint als angebracht: „Mit „Sophia, der Tod und ich“ ist dem St. Pauli-Fan Uhlmann ein wunderbarer Treffer gelungen.

P.S. Verpassen Sie nicht die Lesereise des Autors, er kommt bereits am 11. 11. nach Linz und dann am 23. Jänner nach Graz und am 24. Jänner nach Salzburg.

aL


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