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Musik

Tonträger des Monats

Unglaublich, wie viele Platten, CDs und MP3-Sammlungen sich derzeit auf dem Redaktionsschreibtisch häufen. Aus der Menge haben wir sieben Werke herausgegriffen, die wir für die beginnende Spätherbststimmung besonders empfehlen möchten. Jedes auf seine Art hörenswert.

Christian Masser: “Cool Water”, Lindo Records 2013
Der Mann wohnt offiziell in Graz, ist aber im Geiste in den Weiten der US-Prärie zuhause. Er soll über 100 Platten von Johnny Cash besitzen, auch Willie Nelson oder Kris Kristofferson sind ihm keine Unbekannten. Auf “Cool Water” präsentiert er 15 Klassiker der Country-Szene, von “Banks of the Ohio” bis zu “I still miss someone”. Angenehm unaufgeregt werden da große Songs über die Liebe und das Verbrechen in einen Gesamtkontext gebracht. Und weil Masser sich Zeit lässt, in der Interpretation des Liedguts wie im restlichen Leben, stehen seine Tourtermine bereits bis März 2014 fest. Die nächsten Auftritte finden in Birkfeld (19. 10.), im Volkshaus Graz (20. 12.) und tags darauf in Frohnleiten statt.

Mann aus Marseille: “warum Elite”, Pumpkin records 2013
Von Graz nach Linz, vom Blues zum Pop/Rock, vom Einzelkünstler zur Band. “Mann aus Marseille” ist nicht nur ein erstklassiger Name, sondern auch ein Quartett, das man gehört haben sollte. “warum Elite” ist nicht nur ein grandioser Titel für eine CD, sondern auch eine Sammlung von Texten und Melodien, die eigensinnig daherkommen mit feinem und doch lakonischem Sinn für Humor. Chuck Norris weint in sein Bier. Das Jahr der Panik (ein Querverweis auf eine heimische Band ist nicht völlig auszuschließen) bricht aus. Wie die Affen kreischt die Menschheit und liest die falschen Bücher. Musikalisch geht es zumeist flott, aber nie hektisch zu, das kann man eigentlich in jeder herbstlichen Stimmungslage hören. Man wagt es kaum zu sagen, aber: Genauso würde Austropop klingen, wenn die Welt gerecht wäre.

Yip Deceiver: “Medallius”, Snowhite / Rough trade 2013
Uh yeah, da kommt Fröhlichkeit auf. Yip Deceiver aus Montreal machen in Electropop, zappelig, fiepsig, fröhlich. Wer noch einmal peinlich tanzen will wie in den 80ern oder den grauen Oktober da draußen ein für allemal verscheuchen, der sollte sich diese Platte besorgen. Da jodelt der Synthie, bis alle, aber auch wirklich alle Duran-Duran-Fans große Äuglein machen. Derzeit touren die beiden Herren gerade durch die amerikanische Provinz, vielleicht geht sich 2014 auch ein Besuch in unseren Breiten aus. Passen tät’s.

hidden by the grapes: “I’m sorry Tschem”, Pumpkin Rec. 2013
Wieder ein großer Sprung vom kanadischen Elektro zur heimischen Scheppergitarre und dem Bumm-Bumm-Bumm-Schlagzeug. Die Songtitel spielen mit Promi-Namen (“Don’t let me Robert Downey Jr.”, “Sean Penny Lane”), die Nummern selbst fetzen, dass es nur so eine Freude ist. Manche hören da Sonic Youth oder Dinosaur Jr. durch, wir täten einfach sagen: Geradliniger fetter Rock mit der richtigen Dosis an Schreigesang. Wie es sich gehört. Besonders schön ist natürlich die Vinyl-Ausgabe. Die Release-Show gibt es übrigens schon morgen, am 2. 10., abends in der Postgarage in Graz.

Fuckhead: “Avoid Nil”, Noise Appeal Records 2013
Die Herrschaften kennt man sicher, wenn man einen 6er oder 7er am Anfang des Geburtsjahrzehnts hat. Seit 15 Jahren, man glaubt es kaum, haben die Fuckheads keine reguläre Platte herausgebracht. Zeit is’ worden! “Avoid Nil”zeigt auch den Nachgeborenen sehr deutlich, wo der Bartholomäus seinen Vorschlaghammer versteckt hat. In der Disco nämlich – oder doch in der Industriehalle? Die Platte gibt es als edles Vinyl, 30 Stück sind sogar exklusiv mit Photoprint erhältlich, für Menschen, die das Besondere lieben. Für alle Käuferschichten gilt es freilich eine Warnung auszusprechen: Fuckhead. Nur für Leute mit soliden Geschmacksnerven.

Lady: “Lady”, Truth & Soul Records 2013
Zugegeben, das Album ist schon im Frühjahr erschienen, aber erst jetzt haben wir es entdeckt. Danke, FM4! Terri Walker und Nicole Wray sind beide begnadete Soul-Sängerinnen, die getrennt voneinander den einen oder anderen Hit, nie aber den endgültigen Durchbruch feiern konnten. Mit dem marketingtechnisch eher fragwürdigen Namen “Lady” könnte es jetzt klappen. Feinster Oldschool-Sound inklusive Bläser und allem, was dazu gehört. Wer noch langsamer ist als wir und die Scheibe noch nicht gehört hat: “Lady” kann man auch im Herbst genießen.

The Maybe Men: “Rocketship EP”, The Vinyl Heart Club Records, 2013
Last, but not least, kommen wir zu einer laut knirschenden Neuerscheinung, die ab Anfang Oktober zu haben sein wird. “The Maybe Men” sind Gregor Tischenberger (bekannt von Kreisky), Markus Reiter und Wolfram Leitner. Die EP mit fünf Songs ist kräftig gegen den Strich gebürstet und klingt wie österreichischer Underground aus den frühen 1980ern. Melodiöser, krachiger, schrammelnder Low-Budget-Sound als Grundstimmung. Die Männer mit dem großen Vielleicht besingen auf “Rocketship” die sagenumwobenen Chemtrails am Himmel, den Urlaub, schlechte Literatur und männliche Körperteile in all ihrer Pracht und Herrlichkeit. Gebrauchsanweisung: Muss man sehr laut hören, am besten in einschlägigen Kellerlokalen. Sicherlich keine Platte, die man auflegt, während man entspannt ins Kaminfeuer starrt. Aber das Ungemütliche hat bekanntlich auch seine Reize. Vielleicht auch für Sie.

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