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Gedichte des Monats

Der November kann so schön trist sein. Da hilft ein wenig Lyrik vielleicht, um wahlweise endgültig in Melancholie zu versinken oder aber die Stimmung doch noch aufzuhellen. Dachten sich offenbar auch die Verlage und brachten jüngst vermehrt Gedichte auf den Buchmarkt. Hier drei Neuerscheinungen im Kurzüberblick.

Marcus Pöttler: noctarium. gedichte. edition keiper 2013
Pöttler ist gelernter Techniker und hat zweifellos ein Faible für die dunklen Seiten des Lebens. In seinem neuen Büchlein finden sich Auseinandersetzungen mit Liebe und Kummer, mit Sex und dem Verlassenwerden, mit dem Tod und tödlich langweiligem Fernsehprogramm. Streng, knapp, auf das Innerste reduziert, dabei sprachlich präzise. Geradezu idealtypisch das Gedicht “geheimnisse der geometrie”, das wir hier nicht zitieren, sondern nur empfehlen. Ein schönes, in sich geschlossenes, Buch, das geradezu ideal ist für Tage, an denen die Sonne nicht und nicht aufgehen will.

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Jimi Lend: Mundlandungen. edition kürbis 2013
Anderes Thema, anderer Stil, anderes Tempo, fast möchte man sagen: Andere Generation. Obwohl Marcus Pöttler und Jimi Lend aka Johann Wolfgang Lampl fast gleich alt sind, hat ihr Zugang zu Lyrik doch kaum Parallelen aufzuweisen. Jimi Lends Arbeiten sind im – seit Jahren auch hierzulande angesagten – Bereich “Spoken Word” respektive “Slam Poetry” verortet. Der Mann schreibt also nicht nur lyrisch, er kann seine Texte auch entsprechend dramatisieren, performen. “Mundlandungen” ist sein erstes Buch, wenn es wahr ist, was im Klappentext zu lesen ist. Die Gedichte sind auch in gedruckter Form kleine feine Meisterwerke voller Speed. Der Wortschatz ist das wahre Kapital des Dichters, liebe Gesellschaft. Für den Laien ist es nicht unbedingt immer leicht, den richtigen Rhythmus auf Anhieb zu treffen, aber auch diese Auseinandersetzung lohnt sich. Die Themen sind flotter, heiterer als üblicherweise in der Lyrik, zumal der österreichischen. Besonders schön bringt Jimi Lend das in einer seiner “Ansagen” zum Ausdruck:

Dumme Witze
Find ich spitze
Denn wenn ich in der Wiese schwitze
Kann ich einen dummen Witz eher ertragen
Als hochgescheites Wehklagen

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Friederike Schwab: gleich welches / gleich wie. gedichte und notizen. edition keiper 2013
Jetzt aber wirklich: Andere Generation, anderer Stil. Friederike Schwab ist Jahrgang 1941 und schreibt ganz klassisch über Monet, Picasso oder Dürer, über Venedig und über Kalligraphie. Ohne sprachliche Show-Effekte. Die Kunst der Wortwahl freilich beschäftigt auch die Dichterin, es geht ihr um ein besseres Verständnis  –  inklusive Selbstverständnis, wie Helwig Brunner in seinem Nachwort betont. So werden die Gedichte auch durch Notizen ergänzt, in denen Schwab sich mit dem eigenen Schreiben und der Lyrik an sich beschäftigt. Der vielleicht treffendste Satz in diesem Zusammenhang: “Der Text, der sich verselbstständigt hat, spielt mit dem Leser.” Was bei der sensiblen, nachdenklichen Poetin Schwab wie ein Vorwurf klingt, das würde der Slam Poetry Spezialist Jimi Lend wohl ebenfalls unterschreiben. Freudestrahlend.

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PS: Der Haubentaucher verlost jeweils eines der besprochenen Bücher an die ersten drei Leserleins, die uns ein mail an office@haubentaucher.at schreiben. Betreff: Lyrik.

1 Antwort auf „Gedichte des Monats“

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