Wolfgang Seidel: „Krautrock Eruption. An Alternative History of German Underground in the 60s and 70s“, Ventil Verlag 2025
Der Autor bringt jede Menge Expertise mit. Wolfgang Seidel war einer der Gründer der legendären „Ton Steine Scherben“. Bevor er in seinem nun auf Englisch übersetzten Buch auf die Musik zu sprechen kommt, gilt es erst einmal die deutsche Nachkriegsgeschichte bis hin zu den wilden 1970ern aufzurollen. Das ist ein bisschen langwierig, aber wahrscheinlich für nicht-deutschsprachiges Publikum dann doch relevant. Wir nähern uns dem Krautrock endlich von der „Beatmusik“ aus, von Fassbinders zweiteiligem Film „Welt am Draht“ und dann fallen das erste Mal die magischen Bandnamen: Guru Guru und Can. Seidel schildert die Entstehungs- und die Rezeptionsgeschichte, geht auf die Verbindungen zu Stockhausen ein und beschreibt dann detailliert die Rolle deutscher Städte und Regionen wie dem Ruhrgebiet für die Entwicklung der Kraut-Welle.
In diesem Bereich ähnelt das Buch fast einem Lexikon oder einer sehr ausführlich geratenen (semi-)wissenschaftlichen Arbeit. Pop kann man sicherlich poppiger beschreiben, aber das war hier nicht das Programm. Für Auflockerung sorgen immerhin die vielen Schwarzweiß-Fotos und wirklich interessant wird es ab Seite 164. Da unternimmt Holger Adam nämlich eine kommentierte Discographie (man könnte auch sagen: ein Best-of) von zahlreichen Krautrock-Platten. Von A.R. & The Machines über Amon Düül, Kluster, Moebius & Plank bis hin zu Neu!, Popol Vuh und schließlich Zweistein gibt es hier viel (wieder) zu entdecken. Fazit: Ein interessantes Buch, vielleicht ein bisschen gar akademisch, wenn es nach unserem Gusto geht.
Unzweifelhaft schön ist die Playlist in Album-Form: „Krautrock Eruption – An Introduction To German Electronic Music 1970-1980“ erschien bei Buerau B, das Projekt ist eine Kooperation mit Tapete Records.