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Dramen, die das Leben schrieb Film

Film des Monats

„Pfau – bin ich echt?“ von Bernhard Wenger

Der erste lange Film von Bernhard Wenger reüssiert derzeit national wie international. Die Gründe dafür sind schnell erklärt: 1. Eine großartige Besetzung, allen voran Albrecht Schuch in der Hauptrolle als eitler, stets anpassungsfähiger und doch sich selbst zunehmend verlierender Miet-Mann, Julia Franz Richter als desillusionierte Freundin, die zur Ex wird, Anton Noori als letztlich doch nur geldgieriger Freund und Geschäftspartner, die Legenden Maria Hofstätter und Branko Samarovski als streitsüchtiges Ehepaar.

2. eine Art von Humor, die in vielen Ländern funktionieren wird, weil sie sich auch aus verschiedenen Kulturen und Filmsprachen nährt. Da ist der hohe Norden dabei (Wenger deklariert sich als Kaurismäki-Fan), aber auch britischer und französischer Witz. Eine an sich deprimierende Geschichte wird mit so viel Spannung und Schwung aufgeladen, dass es eine wahre Freude ist, diese 102 Minuten im Kino zu verbringen.

Matthias, der Mann für alle Fälle, verzweifelt zusehends. Die Freundin wirft ihm vor, nicht mehr echt zu sein, und verlässt das supercoole Haus sang- und klanglos. Die aufregende neue Bekanntschaft (Theresa Frostad Eggesbø) will auch nicht mehr als eine heiße Nacht mit ihm. Wurde sie womöglich nur gemietet, um seine Einsamkeit zu lindern? Der Mann einer Kundin lauert Matthias auf und hat vielleicht sogar den kleinen süßen Hund auf dem Gewissen. Und am Ende eskaliert der Sonnyboy und crasht als Mietsohn eine Riesenparty des wichtigsten Langzeit-Kunden.

Die Story mag absurd klingen, doch Regisseur Wenger hat jahrelang recherchiert. Agenturen, die Freundinnen und Freunde, stolze Söhne, attraktive und geistreiche Partnerinnen, erfolgreiche Väter und dergleichen vermieten, gibt es wirklich. Und zwar seit vielen Jahren in Japan, mittlerweile auch in Europa. Teilweise ist das ganze „in echt“ so skurril, dass Wenger in Graz im Rahmen eines diagonale-Specials erklärte, er habe die Geschichten, die er in Japan erfuhr, tendenziell heruntergeschraubt in Sachen Dramatik.

Besonders interessant am Gespräch mit dem Regisseur war seine Schilderung der peniblen Vorarbeiten, der vielen Details, die er plante und einiger schöner Zufälle, die einfach passierten. Prädikat: Pflichtfilm.

PS: Der Haubentaucher wird heuer erstmals ausführlicher von der Diagonale berichten. Aber zuerst gibt es noch das Elevate Festival. Graz lebt…

Foto: Polyfilm

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